Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Zoologischen Garten und wenn es noch so voll ist, für Stühle zu sorgen weiß! Wie gefällt Dir Ada? fragte der Graf. Sie kann sehr grob sein! antwortete Ottomar und berichtete einige von Adas verletzenden Aeußerungen. In den Motiven gehst Du irr! entgegnete Graf Udo. Sie hat an Dir ein Talent gefunden, das die Frauen über Alles schätzen! Den Shawl zu tragen - Bewahre! Dem Kellner unter Umständen ein Trinkgeld oder eine Ohrfeige zu geben - Je mehr Sicherheitsgefühl, desto größer der Zauber -! Renommage! Das ist das Wort der neuen Zeit! antwortete Ottomar und fühlte seinen ganzen Menschen empört. Ja, er war in der That entschlossen, handelte rasch, im Kriege war er in hundert Fällen darauf angewiesen. Aber er fing doch jetzt diese allgemeine Sucht, die nur auf das eigene Wohl bedacht war, zu hassen an. Sein Vater, Helene hatten ihm so oft Vorwürfe gemacht über die kalte Aeußerlichkeit seines Auftretens. Der idealistische Vater verlangte Seele, Vertiefung des Charakters, Gemüth, selbst wenn man im Leben zuweilen gegen Andre zu kurz käme. Vom Grafen nach den Ergebnissen der gehaltenen Sitzung gefragt, rühmte er zerstreut den im Ganzen Zoologischen Garten und wenn es noch so voll ist, für Stühle zu sorgen weiß! Wie gefällt Dir Ada? fragte der Graf. Sie kann sehr grob sein! antwortete Ottomar und berichtete einige von Adas verletzenden Aeußerungen. In den Motiven gehst Du irr! entgegnete Graf Udo. Sie hat an Dir ein Talent gefunden, das die Frauen über Alles schätzen! Den Shawl zu tragen – Bewahre! Dem Kellner unter Umständen ein Trinkgeld oder eine Ohrfeige zu geben – Je mehr Sicherheitsgefühl, desto größer der Zauber –! Renommage! Das ist das Wort der neuen Zeit! antwortete Ottomar und fühlte seinen ganzen Menschen empört. Ja, er war in der That entschlossen, handelte rasch, im Kriege war er in hundert Fällen darauf angewiesen. Aber er fing doch jetzt diese allgemeine Sucht, die nur auf das eigene Wohl bedacht war, zu hassen an. Sein Vater, Helene hatten ihm so oft Vorwürfe gemacht über die kalte Aeußerlichkeit seines Auftretens. Der idealistische Vater verlangte Seele, Vertiefung des Charakters, Gemüth, selbst wenn man im Leben zuweilen gegen Andre zu kurz käme. Vom Grafen nach den Ergebnissen der gehaltenen Sitzung gefragt, rühmte er zerstreut den im Ganzen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0126" n="120"/> Zoologischen Garten und wenn es noch so voll ist, für Stühle zu sorgen weiß! </p> <p>Wie gefällt Dir Ada? fragte der Graf. </p> <p>Sie kann sehr grob sein! antwortete Ottomar und berichtete einige von Adas verletzenden Aeußerungen. </p> <p>In den Motiven gehst Du irr! entgegnete Graf Udo. Sie hat an Dir ein Talent gefunden, das die Frauen über Alles schätzen! </p> <p>Den Shawl zu tragen –</p> <p>Bewahre! Dem Kellner unter Umständen ein Trinkgeld oder eine Ohrfeige zu geben – Je mehr Sicherheitsgefühl, desto größer der Zauber –! </p> <p><ref xml:id="TEXTRenommage" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLRenommage">Renommage</ref>! Das ist das Wort der neuen Zeit! antwortete Ottomar und fühlte seinen ganzen Menschen empört. Ja, er war in der That entschlossen, handelte rasch, im Kriege war er in hundert Fällen darauf angewiesen. Aber er fing doch jetzt diese allgemeine Sucht, die nur auf das eigene Wohl bedacht war, zu hassen an. Sein Vater, Helene hatten ihm so oft Vorwürfe gemacht über die kalte Aeußerlichkeit seines Auftretens. Der idealistische Vater verlangte Seele, Vertiefung des Charakters, Gemüth, selbst wenn man im Leben zuweilen gegen Andre zu kurz käme. </p> <p>Vom Grafen nach den Ergebnissen der gehaltenen Sitzung gefragt, rühmte er zerstreut den im Ganzen </p> </div> </body> </text> </TEI> [120/0126]
Zoologischen Garten und wenn es noch so voll ist, für Stühle zu sorgen weiß!
Wie gefällt Dir Ada? fragte der Graf.
Sie kann sehr grob sein! antwortete Ottomar und berichtete einige von Adas verletzenden Aeußerungen.
In den Motiven gehst Du irr! entgegnete Graf Udo. Sie hat an Dir ein Talent gefunden, das die Frauen über Alles schätzen!
Den Shawl zu tragen –
Bewahre! Dem Kellner unter Umständen ein Trinkgeld oder eine Ohrfeige zu geben – Je mehr Sicherheitsgefühl, desto größer der Zauber –!
Renommage! Das ist das Wort der neuen Zeit! antwortete Ottomar und fühlte seinen ganzen Menschen empört. Ja, er war in der That entschlossen, handelte rasch, im Kriege war er in hundert Fällen darauf angewiesen. Aber er fing doch jetzt diese allgemeine Sucht, die nur auf das eigene Wohl bedacht war, zu hassen an. Sein Vater, Helene hatten ihm so oft Vorwürfe gemacht über die kalte Aeußerlichkeit seines Auftretens. Der idealistische Vater verlangte Seele, Vertiefung des Charakters, Gemüth, selbst wenn man im Leben zuweilen gegen Andre zu kurz käme.
Vom Grafen nach den Ergebnissen der gehaltenen Sitzung gefragt, rühmte er zerstreut den im Ganzen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/126 |
Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/126>, abgerufen am 16.02.2025. |