Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.sogenannten pro patria los. Da gab ich dem Grafen, der bei den Borussen war, einen derben Schmiß über den Kopf. Er ging etwas tief. Aus Besorgniß besuchte ich ihn und da die Jahreszeit sehr rauh war, der Schnee fußhoch lag, der Graf mit seiner verbundenen Stirn das Zimmer hüten mußte, so nahm er mein Anerbieten, ihm vorzulesen, an. Ich entdeckte interessante Bücher auf seinem Tisch. So habe ich täglich bei ihm zugebracht, bis er genesen, woher unsre Freundschaft - Ach wie nett -! fiel Ada mit einem Ausdruck ein, der in jener Stadt nebst dem Worte "reizend" üblich ist für Alles, was gefällt. Zwei Bände Aesthetik erledigen sich durch die beiden Worte. Sie könnten mir Stunde geben -! sagte sie nach einer Pause. Wenn Sie verheirathet sind, warum nicht? antwortete Ottomar. Ich bin so schrecklich dumm! kam ganz ehrlich über die Lippen des hübschen immer schalkhafter werdenden Kobolds heraus. Ottomar lachte laut auf. Naives Geständniß! sagte er. Zum Beispiel das dritte Wort in der Zeitung unter Literarisch und Artistisch ist jetzt immer "Stimmung". Sagen Sie mir um Gotteswillen, was ist denn Stimmung -? sogenannten pro patria los. Da gab ich dem Grafen, der bei den Borussen war, einen derben Schmiß über den Kopf. Er ging etwas tief. Aus Besorgniß besuchte ich ihn und da die Jahreszeit sehr rauh war, der Schnee fußhoch lag, der Graf mit seiner verbundenen Stirn das Zimmer hüten mußte, so nahm er mein Anerbieten, ihm vorzulesen, an. Ich entdeckte interessante Bücher auf seinem Tisch. So habe ich täglich bei ihm zugebracht, bis er genesen, woher unsre Freundschaft – Ach wie nett –! fiel Ada mit einem Ausdruck ein, der in jener Stadt nebst dem Worte „reizend“ üblich ist für Alles, was gefällt. Zwei Bände Aesthetik erledigen sich durch die beiden Worte. Sie könnten mir Stunde geben –! sagte sie nach einer Pause. Wenn Sie verheirathet sind, warum nicht? antwortete Ottomar. Ich bin so schrecklich dumm! kam ganz ehrlich über die Lippen des hübschen immer schalkhafter werdenden Kobolds heraus. Ottomar lachte laut auf. Naives Geständniß! sagte er. Zum Beispiel das dritte Wort in der Zeitung unter Literarisch und Artistisch ist jetzt immer „Stimmung“. Sagen Sie mir um Gotteswillen, was ist denn Stimmung –? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><ref xml:id="TEXTimsogenanntenpropatria" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLimsogenanntenpropatria"><pb facs="#f0123" n="117"/> sogenannten <hi rendition="#aq">pro patria</hi></ref> los. Da gab ich dem Grafen, der bei den Borussen war, einen derben Schmiß über den Kopf. Er ging etwas tief. Aus Besorgniß besuchte ich ihn und da die Jahreszeit sehr rauh war, der Schnee fußhoch lag, der Graf mit seiner verbundenen Stirn das Zimmer hüten mußte, so nahm er mein Anerbieten, ihm vorzulesen, an. Ich entdeckte interessante Bücher auf seinem Tisch. So habe ich täglich bei ihm zugebracht, bis er genesen, woher unsre Freundschaft –</p> <p>Ach wie nett –! fiel Ada mit einem Ausdruck ein, der in jener Stadt nebst dem Worte „reizend“ üblich ist für Alles, was gefällt. Zwei Bände Aesthetik erledigen sich durch die beiden Worte. </p> <p>Sie könnten mir Stunde geben –! sagte sie nach einer Pause. </p> <p>Wenn Sie verheirathet sind, warum nicht? antwortete Ottomar. </p> <p>Ich bin so schrecklich dumm! kam ganz ehrlich über die Lippen des hübschen immer schalkhafter werdenden Kobolds heraus. </p> <p>Ottomar lachte laut auf. Naives Geständniß! sagte er. </p> <p>Zum Beispiel das dritte Wort in der Zeitung unter Literarisch und Artistisch ist jetzt immer „Stimmung“. Sagen Sie mir um Gotteswillen, was ist denn Stimmung –? </p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [117/0123]
sogenannten pro patria los. Da gab ich dem Grafen, der bei den Borussen war, einen derben Schmiß über den Kopf. Er ging etwas tief. Aus Besorgniß besuchte ich ihn und da die Jahreszeit sehr rauh war, der Schnee fußhoch lag, der Graf mit seiner verbundenen Stirn das Zimmer hüten mußte, so nahm er mein Anerbieten, ihm vorzulesen, an. Ich entdeckte interessante Bücher auf seinem Tisch. So habe ich täglich bei ihm zugebracht, bis er genesen, woher unsre Freundschaft –
Ach wie nett –! fiel Ada mit einem Ausdruck ein, der in jener Stadt nebst dem Worte „reizend“ üblich ist für Alles, was gefällt. Zwei Bände Aesthetik erledigen sich durch die beiden Worte.
Sie könnten mir Stunde geben –! sagte sie nach einer Pause.
Wenn Sie verheirathet sind, warum nicht? antwortete Ottomar.
Ich bin so schrecklich dumm! kam ganz ehrlich über die Lippen des hübschen immer schalkhafter werdenden Kobolds heraus.
Ottomar lachte laut auf. Naives Geständniß! sagte er.
Zum Beispiel das dritte Wort in der Zeitung unter Literarisch und Artistisch ist jetzt immer „Stimmung“. Sagen Sie mir um Gotteswillen, was ist denn Stimmung –?
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-02-19T12:27:44Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-02-19T12:27:44Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-1<a>)
(2013-07-01T14:33:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |