Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Der "Franzose ohne Revanche", wie er zum Jubel des diplomatischen Kreises, dem Udo doch noch angehörte, wenn er seinen Austritt auch schon erklärt hatte, genannt wurde, nannte ein gewisses Geschirr, das Xantippe auf ihren träumerischen Gatten ausgoß, als dieser eines frühen Morgens nach Hause kam, den Hausschlüssel vergessen hatte und in Betrachtungen versunken stand, über welche unsere Professoren jetzt dicke Bücher schreiben. Weiter haben sich Deine Studien noch nicht erstreckt? meinte der Graf, nach einer Cigarre suchend und die Consequenzen dieser beiden diplomatischen Aeußerungen mit Lächeln ziehend. Jeder Schritt weiter würde die Welt sagen lassen, ich sei ein Spion! antwortete La Rose. Wie kommt es, daß Du ohne alle Rachegelüste bist? fragte der Graf und suchte nach einer Cigarre. Weil ich zwei Naturerscheinungen sehe, antwortete La Rose; die Franzosen sind ein Baum, der sterben will; denn Niemand heirathet bei uns, Alles ist Junggesell. Wenn es Ausnahmen giebt, so hat keine Mutter mehr als drei Kinder. Davon sterben gewiß noch zwei, weil die Mutter die Kinder nicht selbst verpflegt. Also Frankreich will sterben - Französisch - das wird werden, wie ehemals griechisch und jetzt jüdisch. Deutschland nun freilich - einen Baum nenne ich es nicht. Der „Franzose ohne Revanche“, wie er zum Jubel des diplomatischen Kreises, dem Udo doch noch angehörte, wenn er seinen Austritt auch schon erklärt hatte, genannt wurde, nannte ein gewisses Geschirr, das Xantippe auf ihren träumerischen Gatten ausgoß, als dieser eines frühen Morgens nach Hause kam, den Hausschlüssel vergessen hatte und in Betrachtungen versunken stand, über welche unsere Professoren jetzt dicke Bücher schreiben. Weiter haben sich Deine Studien noch nicht erstreckt? meinte der Graf, nach einer Cigarre suchend und die Consequenzen dieser beiden diplomatischen Aeußerungen mit Lächeln ziehend. Jeder Schritt weiter würde die Welt sagen lassen, ich sei ein Spion! antwortete La Rose. Wie kommt es, daß Du ohne alle Rachegelüste bist? fragte der Graf und suchte nach einer Cigarre. Weil ich zwei Naturerscheinungen sehe, antwortete La Rose; die Franzosen sind ein Baum, der sterben will; denn Niemand heirathet bei uns, Alles ist Junggesell. Wenn es Ausnahmen giebt, so hat keine Mutter mehr als drei Kinder. Davon sterben gewiß noch zwei, weil die Mutter die Kinder nicht selbst verpflegt. Also Frankreich will sterben – Französisch – das wird werden, wie ehemals griechisch und jetzt jüdisch. Deutschland nun freilich – einen Baum nenne ich es nicht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0113" n="107"/><ref xml:id="TEXTDerFranzoseBISausgoss" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLDerFranzoseBISausgoss">Der „Franzose ohne Revanche“, wie er zum Jubel des diplomatischen Kreises, dem Udo doch noch angehörte, wenn er seinen Austritt auch schon erklärt hatte, genannt wurde, nannte ein gewisses Geschirr, das Xantippe auf ihren träumerischen Gatten ausgoß</ref>, als dieser eines frühen Morgens nach Hause kam, den Hausschlüssel vergessen hatte und in Betrachtungen versunken stand, über welche unsere Professoren jetzt dicke Bücher schreiben. </p> <p>Weiter haben sich Deine Studien noch nicht erstreckt? meinte der Graf, <ref xml:id="TEXTnacheinerBISsuchend" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLnacheinerBISsuchend">nach einer Cigarre suchend</ref> und die Consequenzen dieser beiden diplomatischen Aeußerungen mit Lächeln ziehend. </p> <p>Jeder Schritt weiter würde die Welt sagen lassen, ich sei ein Spion! antwortete La Rose. </p> <p>Wie kommt es, daß Du ohne alle Rachegelüste bist? fragte der Graf und suchte nach einer Cigarre. </p> <p>Weil ich zwei Naturerscheinungen sehe, antwortete La Rose; <ref xml:id="TEXTdieFranzosenBISverpflegt" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLdieFranzosenBISverpflegt">die Franzosen sind ein Baum, der sterben will; denn Niemand heirathet bei uns, Alles ist Junggesell. Wenn es Ausnahmen giebt, so hat keine Mutter mehr als drei Kinder. Davon sterben gewiß noch zwei, weil die Mutter die Kinder nicht selbst verpflegt</ref>. Also Frankreich will sterben – Französisch – das wird werden, <ref xml:id="TEXTwieehemalsBISjuedisch" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLwieehemalsBISjuedisch">wie ehemals griechisch und jetzt jüdisch</ref>. Deutschland nun freilich – einen Baum nenne ich es nicht. </p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [107/0113]
Der „Franzose ohne Revanche“, wie er zum Jubel des diplomatischen Kreises, dem Udo doch noch angehörte, wenn er seinen Austritt auch schon erklärt hatte, genannt wurde, nannte ein gewisses Geschirr, das Xantippe auf ihren träumerischen Gatten ausgoß, als dieser eines frühen Morgens nach Hause kam, den Hausschlüssel vergessen hatte und in Betrachtungen versunken stand, über welche unsere Professoren jetzt dicke Bücher schreiben.
Weiter haben sich Deine Studien noch nicht erstreckt? meinte der Graf, nach einer Cigarre suchend und die Consequenzen dieser beiden diplomatischen Aeußerungen mit Lächeln ziehend.
Jeder Schritt weiter würde die Welt sagen lassen, ich sei ein Spion! antwortete La Rose.
Wie kommt es, daß Du ohne alle Rachegelüste bist? fragte der Graf und suchte nach einer Cigarre.
Weil ich zwei Naturerscheinungen sehe, antwortete La Rose; die Franzosen sind ein Baum, der sterben will; denn Niemand heirathet bei uns, Alles ist Junggesell. Wenn es Ausnahmen giebt, so hat keine Mutter mehr als drei Kinder. Davon sterben gewiß noch zwei, weil die Mutter die Kinder nicht selbst verpflegt. Also Frankreich will sterben – Französisch – das wird werden, wie ehemals griechisch und jetzt jüdisch. Deutschland nun freilich – einen Baum nenne ich es nicht.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/113>, abgerufen am 17.02.2025. |