[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.auf das, was der Natur gemäß ist, willst den Geist in ihre Krystallisationen bannen, und diese hat eine entgegengesetzte Aufgabe. Ihre Fesseln sucht sie zu sprengen, um zum Geiste sich zu verklären. Du nennst den Krieg ewig, er steht Dir höher als der Frieden, weil Dir Sehnsucht mehr ist als Befriedigung, und der Krieg scheint Dir eine Sehnsucht nach dem Frieden. Aber der Krieg ist ein Irdisches, im Irdischen will die Menschheit immer befriedigt sein, nur nach himmlischen Dingen begnügt sie sich mit der Sehnsucht. Dich reizen noch die Trümmer alter Herrlichkeit auf Deinen heimathlichen Bergen, und aus Oekonomiegebäuden, Schenken und Judensitzen steigen Dir noch immer die Geister der Vergangenheit auf. Zünfte mit klingendem Spiel und den feierlich getragenen Insignien des Gewerks, voran der Fahnenschwenker mit seinen tollen Possen -- o es ist das Deine größte Lust. Wenn Du einen wandernden Handwerksburschen die Straße heraufkommen siehst, schlägt Dir Dein Herz vor Freude, und Studenten scheinen Dir über und über in poetische Farben getaucht zu sein. Hast Du je gefochten, bist Du je relegirt worden? Es ist aus mit der stillen Heimlichkeit der Gemüther. Seitdem das Volk täglich einen Festtag hält (Thränen ohne Brod), kann Herr Percival mit seinem jetzt endlich durch- auf das, was der Natur gemäß ist, willst den Geist in ihre Krystallisationen bannen, und diese hat eine entgegengesetzte Aufgabe. Ihre Fesseln sucht sie zu sprengen, um zum Geiste sich zu verklären. Du nennst den Krieg ewig, er steht Dir höher als der Frieden, weil Dir Sehnsucht mehr ist als Befriedigung, und der Krieg scheint Dir eine Sehnsucht nach dem Frieden. Aber der Krieg ist ein Irdisches, im Irdischen will die Menschheit immer befriedigt sein, nur nach himmlischen Dingen begnügt sie sich mit der Sehnsucht. Dich reizen noch die Trümmer alter Herrlichkeit auf Deinen heimathlichen Bergen, und aus Oekonomiegebäuden, Schenken und Judensitzen steigen Dir noch immer die Geister der Vergangenheit auf. Zünfte mit klingendem Spiel und den feierlich getragenen Insignien des Gewerks, voran der Fahnenschwenker mit seinen tollen Possen — o es ist das Deine größte Lust. Wenn Du einen wandernden Handwerksburschen die Straße heraufkommen siehst, schlägt Dir Dein Herz vor Freude, und Studenten scheinen Dir über und über in poetische Farben getaucht zu sein. Hast Du je gefochten, bist Du je relegirt worden? Es ist aus mit der stillen Heimlichkeit der Gemüther. Seitdem das Volk täglich einen Festtag hält (Thränen ohne Brod), kann Herr Percival mit seinem jetzt endlich durch- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0224" n="211"/> auf das, was der Natur gemäß ist, willst den Geist in ihre Krystallisationen bannen, und diese hat eine entgegengesetzte Aufgabe. Ihre Fesseln sucht sie zu sprengen, um zum Geiste sich zu verklären. Du nennst den Krieg ewig, er steht Dir höher als der Frieden, weil Dir Sehnsucht mehr ist als Befriedigung, und der Krieg scheint Dir eine Sehnsucht nach dem Frieden. Aber der Krieg ist ein Irdisches, im Irdischen will die Menschheit immer befriedigt sein, nur nach himmlischen Dingen begnügt sie sich mit der Sehnsucht. Dich reizen noch die Trümmer alter Herrlichkeit auf Deinen heimathlichen Bergen, und aus Oekonomiegebäuden, Schenken und Judensitzen steigen Dir noch immer die Geister der Vergangenheit auf. Zünfte mit klingendem Spiel und den feierlich getragenen Insignien des Gewerks, voran der Fahnenschwenker mit seinen tollen Possen — o es ist das Deine größte Lust. Wenn Du einen wandernden Handwerksburschen die Straße heraufkommen siehst, schlägt Dir Dein Herz vor Freude, und Studenten scheinen Dir über und über in poetische Farben getaucht zu sein. Hast Du je gefochten, bist Du je relegirt worden? Es ist aus mit der stillen Heimlichkeit der Gemüther. Seitdem das Volk täglich einen Festtag hält (Thränen ohne Brod), kann Herr Percival mit seinem jetzt endlich durch- </p> </div> </body> </text> </TEI> [211/0224]
auf das, was der Natur gemäß ist, willst den Geist in ihre Krystallisationen bannen, und diese hat eine entgegengesetzte Aufgabe. Ihre Fesseln sucht sie zu sprengen, um zum Geiste sich zu verklären. Du nennst den Krieg ewig, er steht Dir höher als der Frieden, weil Dir Sehnsucht mehr ist als Befriedigung, und der Krieg scheint Dir eine Sehnsucht nach dem Frieden. Aber der Krieg ist ein Irdisches, im Irdischen will die Menschheit immer befriedigt sein, nur nach himmlischen Dingen begnügt sie sich mit der Sehnsucht. Dich reizen noch die Trümmer alter Herrlichkeit auf Deinen heimathlichen Bergen, und aus Oekonomiegebäuden, Schenken und Judensitzen steigen Dir noch immer die Geister der Vergangenheit auf. Zünfte mit klingendem Spiel und den feierlich getragenen Insignien des Gewerks, voran der Fahnenschwenker mit seinen tollen Possen — o es ist das Deine größte Lust. Wenn Du einen wandernden Handwerksburschen die Straße heraufkommen siehst, schlägt Dir Dein Herz vor Freude, und Studenten scheinen Dir über und über in poetische Farben getaucht zu sein. Hast Du je gefochten, bist Du je relegirt worden? Es ist aus mit der stillen Heimlichkeit der Gemüther. Seitdem das Volk täglich einen Festtag hält (Thränen ohne Brod), kann Herr Percival mit seinem jetzt endlich durch-
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Zitationshilfe: | [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/224>, abgerufen am 16.02.2025. |