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[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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glücklich könntest Du mich machen, wenn Du Dir wieder Deine alten Kleider anzögest, die niedliche Haube, die zu Deiner geordneten Lockenunordnung so zierlich paßte, aufsetztest, und die verführerische Schürze mit den zwei Taschen und hundert Falten vorbändest! Verstehe mich recht! Ich verlange nicht, daß die Küche Dein Tempel sein soll, Du magst die Feder spitzen und die kritische Geißel schwingen, nur aber vom weiblichen Standpunkte aus. Das ist eben die versprochene Milderung jenes vorstehenden Vorwurfes. Du kannst die Fülle Deiner Gedanken zeigen, nur muß man es ihnen ansehen, daß sie unter einer Haube, nicht unter einem Hute ausgeheckt sind. Schreibe nicht mit Männern für Frauen, sondern mit den Frauen für die Männer. Ich will Dir meine Ansichten der Kritik von ihrer weiblichen Seite nicht verschweigen, und dabei manche noch nie ausgesprochene Gegenstände zur Sprache bringen.

Ich werfe mich zum wärmsten Vertheidiger Deines Geschlechts auf. Ich will die Blößen eines Systems aufdecken, das an der frechen Stirn der Einen so viel Rückhalt gefunden hat, als an der nachgiebigen Schwäche der Andern. Die Bestimmumgen der Vernunft reichen weiter, als die der Sitte. Die Macht der Gewohnheit ist freilich dann stark, wenn man ihr huldigt, aber nie schwä-

glücklich könntest Du mich machen, wenn Du Dir wieder Deine alten Kleider anzögest, die niedliche Haube, die zu Deiner geordneten Lockenunordnung so zierlich paßte, aufsetztest, und die verführerische Schürze mit den zwei Taschen und hundert Falten vorbändest! Verstehe mich recht! Ich verlange nicht, daß die Küche Dein Tempel sein soll, Du magst die Feder spitzen und die kritische Geißel schwingen, nur aber vom weiblichen Standpunkte aus. Das ist eben die versprochene Milderung jenes vorstehenden Vorwurfes. Du kannst die Fülle Deiner Gedanken zeigen, nur muß man es ihnen ansehen, daß sie unter einer Haube, nicht unter einem Hute ausgeheckt sind. Schreibe nicht mit Männern für Frauen, sondern mit den Frauen für die Männer. Ich will Dir meine Ansichten der Kritik von ihrer weiblichen Seite nicht verschweigen, und dabei manche noch nie ausgesprochene Gegenstände zur Sprache bringen.

Ich werfe mich zum wärmsten Vertheidiger Deines Geschlechts auf. Ich will die Blößen eines Systems aufdecken, das an der frechen Stirn der Einen so viel Rückhalt gefunden hat, als an der nachgiebigen Schwäche der Andern. Die Bestimmumgen der Vernunft reichen weiter, als die der Sitte. Die Macht der Gewohnheit ist freilich dann stark, wenn man ihr huldigt, aber nie schwä-

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[173/0186] glücklich könntest Du mich machen, wenn Du Dir wieder Deine alten Kleider anzögest, die niedliche Haube, die zu Deiner geordneten Lockenunordnung so zierlich paßte, aufsetztest, und die verführerische Schürze mit den zwei Taschen und hundert Falten vorbändest! Verstehe mich recht! Ich verlange nicht, daß die Küche Dein Tempel sein soll, Du magst die Feder spitzen und die kritische Geißel schwingen, nur aber vom weiblichen Standpunkte aus. Das ist eben die versprochene Milderung jenes vorstehenden Vorwurfes. Du kannst die Fülle Deiner Gedanken zeigen, nur muß man es ihnen ansehen, daß sie unter einer Haube, nicht unter einem Hute ausgeheckt sind. Schreibe nicht mit Männern für Frauen, sondern mit den Frauen für die Männer. Ich will Dir meine Ansichten der Kritik von ihrer weiblichen Seite nicht verschweigen, und dabei manche noch nie ausgesprochene Gegenstände zur Sprache bringen. Ich werfe mich zum wärmsten Vertheidiger Deines Geschlechts auf. Ich will die Blößen eines Systems aufdecken, das an der frechen Stirn der Einen so viel Rückhalt gefunden hat, als an der nachgiebigen Schwäche der Andern. Die Bestimmumgen der Vernunft reichen weiter, als die der Sitte. Die Macht der Gewohnheit ist freilich dann stark, wenn man ihr huldigt, aber nie schwä-

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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/186>, abgerufen am 17.05.2024.