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[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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Heller ordentlich die Seligkeit des Himmels. Der Geber glaubt es auch, und recht im Gefühle seiner guten That ist er fast stolz darauf, das zukünftige Heil nicht ohne gerechte Ansprüche zu erlangen. Man hat einen Menschen aus dem Wasser gezogen, man hat einem Hängenslustigen den Strick abgeschnitten, man hat sich der Bürgermedaille verdient gemacht, in seinem Amt ergraut, wird man ein Jubelsenior, also muß der liebe Gott unbedingt sein Himmelreich öffnen, gerad' als wenn Petrus nicht einmal seinen Schlüssel verdrehen oder verlieren, als wenn Gott nicht das Institut des Himmels gänzlich abschaffen könnte! Ich habe mir vorgenommen, ein Silhouetteur zu werden, und Reisen durch die Welt zu machen. Welche Wollust, wenn mir die Menschen sitzen, und ein Jeder für seine sechs Kreuzer auf drei Minuten sich einbildet, ein Mäcenas, ein Beförderer der Künste und Wissenschaften zu sein!

Zum Schluß noch die Frage, ob nicht der gräßlich-schönste Gedanke die Idee eines Kindes von etwa sechs Jahren ist, eines Kindes, das in diesem Alter schon toll ist?

Im Frühjahre wird die Propaganda losgelassen. Es ist ein Fingerzeig des Schicksals, daß man aus Preußen dazu 30,000 Dolche bezogen hat.

Heller ordentlich die Seligkeit des Himmels. Der Geber glaubt es auch, und recht im Gefühle seiner guten That ist er fast stolz darauf, das zukünftige Heil nicht ohne gerechte Ansprüche zu erlangen. Man hat einen Menschen aus dem Wasser gezogen, man hat einem Hängenslustigen den Strick abgeschnitten, man hat sich der Bürgermedaille verdient gemacht, in seinem Amt ergraut, wird man ein Jubelsenior, also muß der liebe Gott unbedingt sein Himmelreich öffnen, gerad’ als wenn Petrus nicht einmal seinen Schlüssel verdrehen oder verlieren, als wenn Gott nicht das Institut des Himmels gänzlich abschaffen könnte! Ich habe mir vorgenommen, ein Silhouetteur zu werden, und Reisen durch die Welt zu machen. Welche Wollust, wenn mir die Menschen sitzen, und ein Jeder für seine sechs Kreuzer auf drei Minuten sich einbildet, ein Mäcenas, ein Beförderer der Künste und Wissenschaften zu sein!

Zum Schluß noch die Frage, ob nicht der gräßlich-schönste Gedanke die Idee eines Kindes von etwa sechs Jahren ist, eines Kindes, das in diesem Alter schon toll ist?

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[149/0162] Heller ordentlich die Seligkeit des Himmels. Der Geber glaubt es auch, und recht im Gefühle seiner guten That ist er fast stolz darauf, das zukünftige Heil nicht ohne gerechte Ansprüche zu erlangen. Man hat einen Menschen aus dem Wasser gezogen, man hat einem Hängenslustigen den Strick abgeschnitten, man hat sich der Bürgermedaille verdient gemacht, in seinem Amt ergraut, wird man ein Jubelsenior, also muß der liebe Gott unbedingt sein Himmelreich öffnen, gerad’ als wenn Petrus nicht einmal seinen Schlüssel verdrehen oder verlieren, als wenn Gott nicht das Institut des Himmels gänzlich abschaffen könnte! Ich habe mir vorgenommen, ein Silhouetteur zu werden, und Reisen durch die Welt zu machen. Welche Wollust, wenn mir die Menschen sitzen, und ein Jeder für seine sechs Kreuzer auf drei Minuten sich einbildet, ein Mäcenas, ein Beförderer der Künste und Wissenschaften zu sein! Zum Schluß noch die Frage, ob nicht der gräßlich-schönste Gedanke die Idee eines Kindes von etwa sechs Jahren ist, eines Kindes, das in diesem Alter schon toll ist? Im Frühjahre wird die Propaganda losgelassen. Es ist ein Fingerzeig des Schicksals, daß man aus Preußen dazu 30,000 Dolche bezogen hat.

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Frederike Neuber: Konvertierung vom Markup des Gutzkow Editionsprojekts nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-07-01T14:33:31Z)

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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/162>, abgerufen am 17.05.2024.