Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

glauben, daß in dem Rechte einiger Unterthanen, ihre Abgeordneten zu Landtagen nach der Residenz zu schicken, die Beruhigung für die Zukunft liegt? Begnügst Du Dich für das tägliche, außerlandtägliche Leben mit jenem Schimmer der Habeascorpusacte, die Dir die Sicherheit Deines Eigenthums zusagt? gibst Du Dich mit diesen schwächlichen Formen wirklich zufrieden?

Ha, Du Falsche, jetzt erkenn' ich Dich! Also bis zu diesem Punkte, bis zu solchen Fragen, wo ich meine sämmtlichen süddeutschen Freunde schon gegen mich empört sehe, hast Du mich reden lassen, und nun ich eben den Stab über alle Parteien des Tages brechen will, verlässest Du mich? Treulose, womit hab' ich das an Dir verdient! Nun hast Du mehr als meine Liebe verscherzt, mein persönliches Vertrauen, das Dir sonst in die geheimsten Falten meines Herzens den Zugang nicht verwehrte! Wie werden sie in den Museen von München, Stuttgart, Carlsruhe mich verdammen, mich Deinen ehr- und pflichtvergessenen Freund nennen! wie wird man in den berliner Schachklubbs, auf dem Casino über mich frohlocken!

Wenn man an diesen letzten Oertern noch nicht weiß, daß ich ein Erzschelm von Republicaner bin, so wär' ich ja zu Gnaden wieder aufgenommen. Nenne mich ihnen als einen Radical-

glauben, daß in dem Rechte einiger Unterthanen, ihre Abgeordneten zu Landtagen nach der Residenz zu schicken, die Beruhigung für die Zukunft liegt? Begnügst Du Dich für das tägliche, außerlandtägliche Leben mit jenem Schimmer der Habeascorpusacte, die Dir die Sicherheit Deines Eigenthums zusagt? gibst Du Dich mit diesen schwächlichen Formen wirklich zufrieden?

Ha, Du Falsche, jetzt erkenn’ ich Dich! Also bis zu diesem Punkte, bis zu solchen Fragen, wo ich meine sämmtlichen süddeutschen Freunde schon gegen mich empört sehe, hast Du mich reden lassen, und nun ich eben den Stab über alle Parteien des Tages brechen will, verlässest Du mich? Treulose, womit hab’ ich das an Dir verdient! Nun hast Du mehr als meine Liebe verscherzt, mein persönliches Vertrauen, das Dir sonst in die geheimsten Falten meines Herzens den Zugang nicht verwehrte! Wie werden sie in den Museen von München, Stuttgart, Carlsruhe mich verdammen, mich Deinen ehr- und pflichtvergessenen Freund nennen! wie wird man in den berliner Schachklubbs, auf dem Casino über mich frohlocken!

Wenn man an diesen letzten Oertern noch nicht weiß, daß ich ein Erzschelm von Republicaner bin, so wär’ ich ja zu Gnaden wieder aufgenommen. Nenne mich ihnen als einen Radical-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0130" n="117"/>
glauben, daß in dem Rechte einiger Unterthanen, ihre Abgeordneten zu Landtagen nach der Residenz zu schicken, die Beruhigung für die Zukunft liegt? Begnügst Du Dich für das tägliche, außerlandtägliche Leben mit jenem Schimmer der Habeascorpusacte, die Dir die Sicherheit Deines Eigenthums zusagt? gibst Du Dich mit diesen schwächlichen Formen wirklich zufrieden?</p>
        <p>Ha, Du Falsche, jetzt erkenn&#x2019; ich Dich! Also bis zu diesem Punkte, bis zu solchen Fragen, wo ich meine sämmtlichen süddeutschen Freunde schon gegen mich empört sehe, hast Du mich reden lassen, und nun ich eben den Stab über alle Parteien des Tages brechen will, verlässest Du mich? Treulose, womit hab&#x2019; ich das an Dir verdient! Nun hast Du mehr als meine Liebe verscherzt, mein persönliches Vertrauen, das Dir sonst in die geheimsten Falten meines Herzens den Zugang nicht verwehrte! Wie werden sie in den Museen von München, Stuttgart, Carlsruhe mich verdammen, mich Deinen ehr- und pflichtvergessenen Freund nennen! wie wird man in den berliner Schachklubbs, auf dem Casino über mich frohlocken!</p>
        <p>Wenn man an diesen letzten Oertern noch nicht weiß, daß ich ein Erzschelm von Republicaner bin, so wär&#x2019; ich ja zu Gnaden wieder aufgenommen. Nenne mich ihnen als einen Radical-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0130] glauben, daß in dem Rechte einiger Unterthanen, ihre Abgeordneten zu Landtagen nach der Residenz zu schicken, die Beruhigung für die Zukunft liegt? Begnügst Du Dich für das tägliche, außerlandtägliche Leben mit jenem Schimmer der Habeascorpusacte, die Dir die Sicherheit Deines Eigenthums zusagt? gibst Du Dich mit diesen schwächlichen Formen wirklich zufrieden? Ha, Du Falsche, jetzt erkenn’ ich Dich! Also bis zu diesem Punkte, bis zu solchen Fragen, wo ich meine sämmtlichen süddeutschen Freunde schon gegen mich empört sehe, hast Du mich reden lassen, und nun ich eben den Stab über alle Parteien des Tages brechen will, verlässest Du mich? Treulose, womit hab’ ich das an Dir verdient! Nun hast Du mehr als meine Liebe verscherzt, mein persönliches Vertrauen, das Dir sonst in die geheimsten Falten meines Herzens den Zugang nicht verwehrte! Wie werden sie in den Museen von München, Stuttgart, Carlsruhe mich verdammen, mich Deinen ehr- und pflichtvergessenen Freund nennen! wie wird man in den berliner Schachklubbs, auf dem Casino über mich frohlocken! Wenn man an diesen letzten Oertern noch nicht weiß, daß ich ein Erzschelm von Republicaner bin, so wär’ ich ja zu Gnaden wieder aufgenommen. Nenne mich ihnen als einen Radical-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax des Gutzkow Editionsprojekts. (2013-07-01T14:33:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus dem Gutzkow Editionsprojekt entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-01T14:33:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung vom Markup des Gutzkow Editionsprojekts nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Zeilenumbrüche innerhalb eines Absatzes werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Anmerkungen und Erläuterungen der Herausgeber der Gutzkow-Edition sind im XML mit <ref target="[Ziel]">...</ref> wiedergegeben. [Ziel] benennt die HTM-Datei und den Abschnitt der jeweiligen Erläuterung auf den Seiten des Gutzkow-Editionsprojekts.
  • Druckfehler und andere Fehler der Vorlage wurden in der Transkription behoben. Zu den hierbei vorgenommenen Textänderungen und zu problematischen Textstellen siehe Abschnitt 2.1.1: Textänderungen auf den Seiten des Gutzkow-Editionsprojekts.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/130
Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/130>, abgerufen am 15.05.2024.