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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

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Der Sultan.
gegen enge und straffe Kleider, welche die Geheimnisse
des Harems, krumme Beine und jede Disproportion
verrathen. Kurz man ist so voll glänzender Hoffnun¬
gen über die Türkei, daß man jenseits und diesseits
der Dardanellen, hier wo Hero, und dort wo Lean¬
der wohnte, bald die Triumphe europäischer Sitte und
Meinung gefeiert sehen will.

Wer nur den Glauben hätte! Wer nur so leicht¬
sinnig den Kern der europäischen Kultur in der Schaale
fände, und noch leichtsinniger von einigen mehr thea¬
tralischen, das Kostüme und die Coutüme betreffenden
Metamorphosen auf die innere Revolution des Mos¬
lems, auf das alte Vermächtniß einer glänzenden Ver¬
gangenheit, ja noch mehr auf die Prophezeiung einer
glänzenderen Zukunft schließen könnte! Unsere Phi¬
lanthropie sieht immer mit illusorischen Augen, kup¬
pelt Feuer und Wasser zusammen, den Sultan mit
der Republik Venedig, wie das Sprüchwort sagt, und
möchte in einer gerührten Stunde einen Streit beile¬
gen, welchen zu schlichten Jahrhunderten nicht gelin¬
gen wird.

Ich glaube nicht daran, daß die Frage des Ostens
eine Kulturfrage ist, sondern sie muß eine historische

Der Sultan.
gegen enge und ſtraffe Kleider, welche die Geheimniſſe
des Harems, krumme Beine und jede Disproportion
verrathen. Kurz man iſt ſo voll glaͤnzender Hoffnun¬
gen uͤber die Tuͤrkei, daß man jenſeits und dieſſeits
der Dardanellen, hier wo Hero, und dort wo Lean¬
der wohnte, bald die Triumphe europaͤiſcher Sitte und
Meinung gefeiert ſehen will.

Wer nur den Glauben haͤtte! Wer nur ſo leicht¬
ſinnig den Kern der europaͤiſchen Kultur in der Schaale
faͤnde, und noch leichtſinniger von einigen mehr thea¬
traliſchen, das Koſtuͤme und die Coutuͤme betreffenden
Metamorphoſen auf die innere Revolution des Mos¬
lems, auf das alte Vermaͤchtniß einer glaͤnzenden Ver¬
gangenheit, ja noch mehr auf die Prophezeiung einer
glaͤnzenderen Zukunft ſchließen koͤnnte! Unſere Phi¬
lanthropie ſieht immer mit illuſoriſchen Augen, kup¬
pelt Feuer und Waſſer zuſammen, den Sultan mit
der Republik Venedig, wie das Spruͤchwort ſagt, und
moͤchte in einer geruͤhrten Stunde einen Streit beile¬
gen, welchen zu ſchlichten Jahrhunderten nicht gelin¬
gen wird.

Ich glaube nicht daran, daß die Frage des Oſtens
eine Kulturfrage iſt, ſondern ſie muß eine hiſtoriſche

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[306/0324] Der Sultan. gegen enge und ſtraffe Kleider, welche die Geheimniſſe des Harems, krumme Beine und jede Disproportion verrathen. Kurz man iſt ſo voll glaͤnzender Hoffnun¬ gen uͤber die Tuͤrkei, daß man jenſeits und dieſſeits der Dardanellen, hier wo Hero, und dort wo Lean¬ der wohnte, bald die Triumphe europaͤiſcher Sitte und Meinung gefeiert ſehen will. Wer nur den Glauben haͤtte! Wer nur ſo leicht¬ ſinnig den Kern der europaͤiſchen Kultur in der Schaale faͤnde, und noch leichtſinniger von einigen mehr thea¬ traliſchen, das Koſtuͤme und die Coutuͤme betreffenden Metamorphoſen auf die innere Revolution des Mos¬ lems, auf das alte Vermaͤchtniß einer glaͤnzenden Ver¬ gangenheit, ja noch mehr auf die Prophezeiung einer glaͤnzenderen Zukunft ſchließen koͤnnte! Unſere Phi¬ lanthropie ſieht immer mit illuſoriſchen Augen, kup¬ pelt Feuer und Waſſer zuſammen, den Sultan mit der Republik Venedig, wie das Spruͤchwort ſagt, und moͤchte in einer geruͤhrten Stunde einen Streit beile¬ gen, welchen zu ſchlichten Jahrhunderten nicht gelin¬ gen wird. Ich glaube nicht daran, daß die Frage des Oſtens eine Kulturfrage iſt, ſondern ſie muß eine hiſtoriſche

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/324>, abgerufen am 24.11.2024.