lution nach Außen annahm, war als eine friedliebende zwar zunächst aus persönlichen Stimmungen hervorge¬ gangen; allein noch mehr wurde der Frieden geboten, nicht durch das Prinzip, mit welchem der Friede stritt, sondern durch die Situation und eine Verrechnung der Umstände, deren Schuld die Vergangenheit hätte be¬ zahlen müssen.
Ganz Europa hat gestanden, daß es von den Er¬ eignissen in Frankreich überrascht worden ist. Wird Preußen allein sagen wollen, daß die Dinge ihm nicht neu waren?
Diese Mäßigungspolitik war, dem Monarchen ge¬ genüber, eine Huldigung, dargebracht seinem milden und versöhnlichen Sinne; den preußischen Publizisten aber gegenüber eine Demüthigung, welche zu verra¬ then schien, daß man sich auf einer falschen Combi¬ nation ertappt hatte und durch Temporisiren nur Zeit gewinnen wollte, seine frühern Meinungen zu be¬ richtigen.
Die auswärtige preußische Politik seit der Julire¬ volution läßt sich in drei Perioden eintheilen: zu¬ erst die Ueberraschung, dann ein endliches Orientiren
Ancillon.
lution nach Außen annahm, war als eine friedliebende zwar zunaͤchſt aus perſoͤnlichen Stimmungen hervorge¬ gangen; allein noch mehr wurde der Frieden geboten, nicht durch das Prinzip, mit welchem der Friede ſtritt, ſondern durch die Situation und eine Verrechnung der Umſtaͤnde, deren Schuld die Vergangenheit haͤtte be¬ zahlen muͤſſen.
Ganz Europa hat geſtanden, daß es von den Er¬ eigniſſen in Frankreich uͤberraſcht worden iſt. Wird Preußen allein ſagen wollen, daß die Dinge ihm nicht neu waren?
Dieſe Maͤßigungspolitik war, dem Monarchen ge¬ genuͤber, eine Huldigung, dargebracht ſeinem milden und verſoͤhnlichen Sinne; den preußiſchen Publiziſten aber gegenuͤber eine Demuͤthigung, welche zu verra¬ then ſchien, daß man ſich auf einer falſchen Combi¬ nation ertappt hatte und durch Temporiſiren nur Zeit gewinnen wollte, ſeine fruͤhern Meinungen zu be¬ richtigen.
Die auswaͤrtige preußiſche Politik ſeit der Julire¬ volution laͤßt ſich in drei Perioden eintheilen: zu¬ erſt die Ueberraſchung, dann ein endliches Orientiren
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Ancillon.
lution nach Außen annahm, war als eine friedliebende
zwar zunaͤchſt aus perſoͤnlichen Stimmungen hervorge¬
gangen; allein noch mehr wurde der Frieden geboten,
nicht durch das Prinzip, mit welchem der Friede ſtritt,
ſondern durch die Situation und eine Verrechnung der
Umſtaͤnde, deren Schuld die Vergangenheit haͤtte be¬
zahlen muͤſſen.
Ganz Europa hat geſtanden, daß es von den Er¬
eigniſſen in Frankreich uͤberraſcht worden iſt. Wird
Preußen allein ſagen wollen, daß die Dinge ihm
nicht neu waren?
Dieſe Maͤßigungspolitik war, dem Monarchen ge¬
genuͤber, eine Huldigung, dargebracht ſeinem milden
und verſoͤhnlichen Sinne; den preußiſchen Publiziſten
aber gegenuͤber eine Demuͤthigung, welche zu verra¬
then ſchien, daß man ſich auf einer falſchen Combi¬
nation ertappt hatte und durch Temporiſiren nur Zeit
gewinnen wollte, ſeine fruͤhern Meinungen zu be¬
richtigen.
Die auswaͤrtige preußiſche Politik ſeit der Julire¬
volution laͤßt ſich in drei Perioden eintheilen: zu¬
erſt die Ueberraſchung, dann ein endliches Orientiren
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie angelegten Reflexionen über "Öffentliche Charaktere" in der Augsburger Allgemeinen Zeitung erscheinen. In Buchform erschien ein erster Band 1835 bei Hoffmann und Campe in Hamburg. Zur Publikation der weiteren geplanten Teile kam es nicht.
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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/287>, abgerufen am 22.07.2024.
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