Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Mehemed Ali von Aegypten.
neben ihm. Er wollte ihn nach Syrien schicken. Me¬
hemed würde gegangen sein, wenn ihn eine veranstal¬
tete Deputation des Volks nicht gehalten hätte. Da
entschloß sich die Pforte, ihm das Paschalik von Ged¬
dah zu geben. Mehemed beugte sich demüthig, nahm
die Bestallung und den Ehrenpelz; doch seine Albane¬
sen fielen ihn vor dem Hause an: er sprach lächelnd
einige Worte, und der Tumult, den er veranstaltet
hatte, war zerstoben. Das Volk jauchzte seiner Macht
zu, er bestieg sein Roß, warf Gold und Silber aus,
und wurde mit Ehrfurcht von den Scheiks empfangen.
Man machte dem Statthalter seiner Bedrückungen we¬
gen den Prozeß, und noch ehe seine Vertheidigung von
der Festung in Cairo aus zu einer Entscheidung führte,
langte ein Ferman der Pforte an, der Mehemed Ali
in seiner Usurpation bestätigte.

Der Divan von Konstantinopel befolgte bei den
Unruhen in den Provinzen des Reiches immer die Po¬
litik, daß dasjenige das Gerechte ist, was gerade den
Sieg in Händen hat.

Vom Julius 1805 datirt sich Mehemed Ali's
Statthalterschaft über Aegypten.

Das einzige Hinderniß seiner Herrschaft hatte Me¬
hemed in den Mamelucken, welche noch nicht besiegt

Mehemed Ali von Aegypten.
neben ihm. Er wollte ihn nach Syrien ſchicken. Me¬
hemed wuͤrde gegangen ſein, wenn ihn eine veranſtal¬
tete Deputation des Volks nicht gehalten haͤtte. Da
entſchloß ſich die Pforte, ihm das Paſchalik von Ged¬
dah zu geben. Mehemed beugte ſich demuͤthig, nahm
die Beſtallung und den Ehrenpelz; doch ſeine Albane¬
ſen fielen ihn vor dem Hauſe an: er ſprach laͤchelnd
einige Worte, und der Tumult, den er veranſtaltet
hatte, war zerſtoben. Das Volk jauchzte ſeiner Macht
zu, er beſtieg ſein Roß, warf Gold und Silber aus,
und wurde mit Ehrfurcht von den Scheiks empfangen.
Man machte dem Statthalter ſeiner Bedruͤckungen we¬
gen den Prozeß, und noch ehe ſeine Vertheidigung von
der Feſtung in Cairo aus zu einer Entſcheidung fuͤhrte,
langte ein Ferman der Pforte an, der Mehemed Ali
in ſeiner Uſurpation beſtaͤtigte.

Der Divan von Konſtantinopel befolgte bei den
Unruhen in den Provinzen des Reiches immer die Po¬
litik, daß dasjenige das Gerechte iſt, was gerade den
Sieg in Haͤnden hat.

Vom Julius 1805 datirt ſich Mehemed Ali's
Statthalterſchaft uͤber Aegypten.

Das einzige Hinderniß ſeiner Herrſchaft hatte Me¬
hemed in den Mamelucken, welche noch nicht beſiegt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0118" n="100"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Mehemed Ali von Aegypten</hi>.<lb/></fw> neben ihm. Er wollte ihn nach Syrien &#x017F;chicken. Me¬<lb/>
hemed wu&#x0364;rde gegangen &#x017F;ein, wenn ihn eine veran&#x017F;tal¬<lb/>
tete Deputation des Volks nicht gehalten ha&#x0364;tte. Da<lb/>
ent&#x017F;chloß &#x017F;ich die Pforte, ihm das Pa&#x017F;chalik von Ged¬<lb/>
dah zu geben. Mehemed beugte &#x017F;ich demu&#x0364;thig, nahm<lb/>
die Be&#x017F;tallung und den Ehrenpelz; doch &#x017F;eine Albane¬<lb/>
&#x017F;en fielen ihn vor dem Hau&#x017F;e an: er &#x017F;prach la&#x0364;chelnd<lb/>
einige Worte, und der Tumult, den er veran&#x017F;taltet<lb/>
hatte, war zer&#x017F;toben. Das Volk jauchzte &#x017F;einer Macht<lb/>
zu, er be&#x017F;tieg &#x017F;ein Roß, warf Gold und Silber aus,<lb/>
und wurde mit Ehrfurcht von den Scheiks empfangen.<lb/>
Man machte dem Statthalter &#x017F;einer Bedru&#x0364;ckungen we¬<lb/>
gen den Prozeß, und noch ehe &#x017F;eine Vertheidigung von<lb/>
der Fe&#x017F;tung in Cairo aus zu einer Ent&#x017F;cheidung fu&#x0364;hrte,<lb/>
langte ein Ferman der Pforte an, der Mehemed Ali<lb/>
in &#x017F;einer U&#x017F;urpation be&#x017F;ta&#x0364;tigte.</p><lb/>
        <p>Der Divan von Kon&#x017F;tantinopel befolgte bei den<lb/>
Unruhen in den Provinzen des Reiches immer die Po¬<lb/>
litik, daß dasjenige das Gerechte i&#x017F;t, was gerade den<lb/>
Sieg in Ha&#x0364;nden hat.</p><lb/>
        <p>Vom Julius 1805 datirt &#x017F;ich Mehemed Ali's<lb/>
Statthalter&#x017F;chaft u&#x0364;ber Aegypten.</p><lb/>
        <p>Das einzige Hinderniß &#x017F;einer Herr&#x017F;chaft hatte Me¬<lb/>
hemed in den Mamelucken, welche noch nicht be&#x017F;iegt<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0118] Mehemed Ali von Aegypten. neben ihm. Er wollte ihn nach Syrien ſchicken. Me¬ hemed wuͤrde gegangen ſein, wenn ihn eine veranſtal¬ tete Deputation des Volks nicht gehalten haͤtte. Da entſchloß ſich die Pforte, ihm das Paſchalik von Ged¬ dah zu geben. Mehemed beugte ſich demuͤthig, nahm die Beſtallung und den Ehrenpelz; doch ſeine Albane¬ ſen fielen ihn vor dem Hauſe an: er ſprach laͤchelnd einige Worte, und der Tumult, den er veranſtaltet hatte, war zerſtoben. Das Volk jauchzte ſeiner Macht zu, er beſtieg ſein Roß, warf Gold und Silber aus, und wurde mit Ehrfurcht von den Scheiks empfangen. Man machte dem Statthalter ſeiner Bedruͤckungen we¬ gen den Prozeß, und noch ehe ſeine Vertheidigung von der Feſtung in Cairo aus zu einer Entſcheidung fuͤhrte, langte ein Ferman der Pforte an, der Mehemed Ali in ſeiner Uſurpation beſtaͤtigte. Der Divan von Konſtantinopel befolgte bei den Unruhen in den Provinzen des Reiches immer die Po¬ litik, daß dasjenige das Gerechte iſt, was gerade den Sieg in Haͤnden hat. Vom Julius 1805 datirt ſich Mehemed Ali's Statthalterſchaft uͤber Aegypten. Das einzige Hinderniß ſeiner Herrſchaft hatte Me¬ hemed in den Mamelucken, welche noch nicht beſiegt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/118
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/118>, abgerufen am 22.11.2024.