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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

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Mehemed Ali von Aegypten.
über Europa aufzuklären. Mehemed liebte ihn dafür
leidenschaftlich, und trug von ihm, als er einmal gele¬
gentlich starb, seine Neigung auf alle Franzosen über.

Inzwischen schenkte ihm sein Pflegevater eine Frau,
richtete ihm eine Wirthschaft ein, kurz Mehemed lebte
im Schooße des Glücks. Er war in Kavala der reichste
Tabaksspekulant, der tapferste Krieger, der verschmitzteste
Staatsmann und der glücklichste Familienvater. Da
langte ein Befehl des Sultans an, ein Korps von 300
Mann mußte mobilisirt werden, und als Kontingent
zur großen türkischen Armee stoßen, welche die Franzo¬
sen aus Aegypten vertreiben sollte. Der Erstgeborne
des Chefs mußte ehrenhalber schon das Kommando
übernehmen, aber bald hatte der Bärenhäuter die Stra¬
pazen satt, kehrte zu seinen Bädern und Sklavinnen
zurück, und überließ den Befehl an Mehemed, der ihm
als Lieutenant beigegeben war.

So kam Mehemed nach Aegypten. Seine Vater¬
stadt sah er nicht wieder. Dis machte ihm kein graues
Haar; denn die Türken haben in Europa nur wie auf
der Flucht ein Lager aufgeschlagen. Die Türken kam¬
piren nur in Europa, sagt ein Franzose.

Aegyptens nicht kleinstes Wunder war um diese
Zeit, daß es wie durch die Fabel zu Frankreichs Er¬

Mehemed Ali von Aegypten.
uͤber Europa aufzuklaͤren. Mehemed liebte ihn dafuͤr
leidenſchaftlich, und trug von ihm, als er einmal gele¬
gentlich ſtarb, ſeine Neigung auf alle Franzoſen uͤber.

Inzwiſchen ſchenkte ihm ſein Pflegevater eine Frau,
richtete ihm eine Wirthſchaft ein, kurz Mehemed lebte
im Schooße des Gluͤcks. Er war in Kavala der reichſte
Tabaksſpekulant, der tapferſte Krieger, der verſchmitzteſte
Staatsmann und der gluͤcklichſte Familienvater. Da
langte ein Befehl des Sultans an, ein Korps von 300
Mann mußte mobiliſirt werden, und als Kontingent
zur großen tuͤrkiſchen Armee ſtoßen, welche die Franzo¬
ſen aus Aegypten vertreiben ſollte. Der Erſtgeborne
des Chefs mußte ehrenhalber ſchon das Kommando
uͤbernehmen, aber bald hatte der Baͤrenhaͤuter die Stra¬
pazen ſatt, kehrte zu ſeinen Baͤdern und Sklavinnen
zuruͤck, und uͤberließ den Befehl an Mehemed, der ihm
als Lieutenant beigegeben war.

So kam Mehemed nach Aegypten. Seine Vater¬
ſtadt ſah er nicht wieder. Dis machte ihm kein graues
Haar; denn die Tuͤrken haben in Europa nur wie auf
der Flucht ein Lager aufgeſchlagen. Die Tuͤrken kam¬
piren nur in Europa, ſagt ein Franzoſe.

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[93/0111] Mehemed Ali von Aegypten. uͤber Europa aufzuklaͤren. Mehemed liebte ihn dafuͤr leidenſchaftlich, und trug von ihm, als er einmal gele¬ gentlich ſtarb, ſeine Neigung auf alle Franzoſen uͤber. Inzwiſchen ſchenkte ihm ſein Pflegevater eine Frau, richtete ihm eine Wirthſchaft ein, kurz Mehemed lebte im Schooße des Gluͤcks. Er war in Kavala der reichſte Tabaksſpekulant, der tapferſte Krieger, der verſchmitzteſte Staatsmann und der gluͤcklichſte Familienvater. Da langte ein Befehl des Sultans an, ein Korps von 300 Mann mußte mobiliſirt werden, und als Kontingent zur großen tuͤrkiſchen Armee ſtoßen, welche die Franzo¬ ſen aus Aegypten vertreiben ſollte. Der Erſtgeborne des Chefs mußte ehrenhalber ſchon das Kommando uͤbernehmen, aber bald hatte der Baͤrenhaͤuter die Stra¬ pazen ſatt, kehrte zu ſeinen Baͤdern und Sklavinnen zuruͤck, und uͤberließ den Befehl an Mehemed, der ihm als Lieutenant beigegeben war. So kam Mehemed nach Aegypten. Seine Vater¬ ſtadt ſah er nicht wieder. Dis machte ihm kein graues Haar; denn die Tuͤrken haben in Europa nur wie auf der Flucht ein Lager aufgeſchlagen. Die Tuͤrken kam¬ piren nur in Europa, ſagt ein Franzoſe. Aegyptens nicht kleinſtes Wunder war um dieſe Zeit, daß es wie durch die Fabel zu Frankreichs Er¬

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/111>, abgerufen am 26.11.2024.