Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.verkennend, nur allzubereitwillig den weltlichen Verhältnissen die Lehre zu Füßen legte, daß wir uns in eine böse Welt schicken und unterthan sein müßten der Obrigkeit. Wenn Börne dem katholischen Prinzip in der Kirche vor dem lutherischen den Vorzug gab, so war es wohl nur daher, daß dieses seine Stütze einst in den Fürsten fand, jenes einen eignen Schwerpunkt anspricht und, wie die neuesten Zeiten genugsam beweisen, nicht scheut, den Großen der Welt zu mißfallen. Börne würde sicher, hätte er die neusten Ereignisse erlebt, in der Sache vielleicht für Preußen, in der Form wohl für die Bischöfe gestimmt haben. Die neure soziale Bewegung der sogenannten jüngern Literatur, das Leben Jesu von Strauß nahm er mit sehr getheilter Empfindung auf. Alles, was er gegen erste geschrieben, und gegen letzteres gesagt haben soll (Siehe die Schrift von E. Beurmann: Ludwig Börne, als Charakter und in der Literatur) hat wohl hauptsächlich den Rückhaltsgedanken, daß durch eine solche Wendung des Neuerungsgeistes die Sache der Freiheit verallgemeinert und der Widerspruch gegen die herrschenden Thatsachen auf ein Gebiet gespielt wird, wo über dem Streben nach dem Ganzen vielleicht das Einzelne verloren gehen könnte. Es war ihm verkennend, nur allzubereitwillig den weltlichen Verhältnissen die Lehre zu Füßen legte, daß wir uns in eine böse Welt schicken und unterthan sein müßten der Obrigkeit. Wenn Börne dem katholischen Prinzip in der Kirche vor dem lutherischen den Vorzug gab, so war es wohl nur daher, daß dieses seine Stütze einst in den Fürsten fand, jenes einen eignen Schwerpunkt anspricht und, wie die neuesten Zeiten genugsam beweisen, nicht scheut, den Großen der Welt zu mißfallen. Börne würde sicher, hätte er die neusten Ereignisse erlebt, in der Sache vielleicht für Preußen, in der Form wohl für die Bischöfe gestimmt haben. Die neure soziale Bewegung der sogenannten jüngern Literatur, das Leben Jesu von Strauß nahm er mit sehr getheilter Empfindung auf. Alles, was er gegen erste geschrieben, und gegen letzteres gesagt haben soll (Siehe die Schrift von E. Beurmann: Ludwig Börne, als Charakter und in der Literatur) hat wohl hauptsächlich den Rückhaltsgedanken, daß durch eine solche Wendung des Neuerungsgeistes die Sache der Freiheit verallgemeinert und der Widerspruch gegen die herrschenden Thatsachen auf ein Gebiet gespielt wird, wo über dem Streben nach dem Ganzen vielleicht das Einzelne verloren gehen könnte. Es war ihm <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0300" n="258"/> verkennend, nur allzubereitwillig den weltlichen Verhältnissen die Lehre zu Füßen legte, daß wir uns in eine böse Welt schicken und unterthan sein müßten der Obrigkeit. Wenn Börne dem katholischen Prinzip in der Kirche vor dem lutherischen den Vorzug gab, so war es wohl nur daher, daß dieses seine Stütze einst in den Fürsten fand, jenes einen eignen Schwerpunkt anspricht und, wie die neuesten Zeiten genugsam beweisen, nicht scheut, den Großen der Welt zu mißfallen. Börne würde sicher, hätte er die neusten Ereignisse erlebt, in der <hi rendition="#g">Sache</hi> vielleicht für Preußen, in der Form wohl für die Bischöfe gestimmt haben. Die neure soziale Bewegung der sogenannten jüngern Literatur, das Leben Jesu von Strauß nahm er mit sehr getheilter Empfindung auf. Alles, was er gegen erste geschrieben, und gegen letzteres gesagt haben soll (Siehe die Schrift von <hi rendition="#g">E. Beurmann</hi>: Ludwig Börne, als Charakter und in der Literatur) hat wohl hauptsächlich den Rückhaltsgedanken, daß durch eine solche Wendung des Neuerungsgeistes die Sache der Freiheit verallgemeinert und der Widerspruch gegen die herrschenden Thatsachen auf ein Gebiet gespielt wird, wo über dem Streben nach dem Ganzen vielleicht das Einzelne verloren gehen könnte. Es war ihm </p> </div> </body> </text> </TEI> [258/0300]
verkennend, nur allzubereitwillig den weltlichen Verhältnissen die Lehre zu Füßen legte, daß wir uns in eine böse Welt schicken und unterthan sein müßten der Obrigkeit. Wenn Börne dem katholischen Prinzip in der Kirche vor dem lutherischen den Vorzug gab, so war es wohl nur daher, daß dieses seine Stütze einst in den Fürsten fand, jenes einen eignen Schwerpunkt anspricht und, wie die neuesten Zeiten genugsam beweisen, nicht scheut, den Großen der Welt zu mißfallen. Börne würde sicher, hätte er die neusten Ereignisse erlebt, in der Sache vielleicht für Preußen, in der Form wohl für die Bischöfe gestimmt haben. Die neure soziale Bewegung der sogenannten jüngern Literatur, das Leben Jesu von Strauß nahm er mit sehr getheilter Empfindung auf. Alles, was er gegen erste geschrieben, und gegen letzteres gesagt haben soll (Siehe die Schrift von E. Beurmann: Ludwig Börne, als Charakter und in der Literatur) hat wohl hauptsächlich den Rückhaltsgedanken, daß durch eine solche Wendung des Neuerungsgeistes die Sache der Freiheit verallgemeinert und der Widerspruch gegen die herrschenden Thatsachen auf ein Gebiet gespielt wird, wo über dem Streben nach dem Ganzen vielleicht das Einzelne verloren gehen könnte. Es war ihm
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