Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

verging auch dem gewissenhaften Dramaturgen die Lust. Die Hefte der Wage verspäteten sich Monate- und Jahrelang und die beiden letzten, die in Tübingen 1821 erschienen, ließen das Theater ganz bei Seite liegen.

Der ruhmvolle Name, den sich Börne schon durch die ersten Hefte der Wage erwarb, bestimmte den Buchdrucker Wenner in Frankfurt, ihm die Redaktion einer Zeitung anzuvertrauen. Das sehr zurückgekommene Staatsristretto sollte unter dem Titel einer Zeitung der freien Stadt Frankfurt wieder in Aufschwung kommen und Niemand wäre auch zu dieser Wiederbelebung geschickter gewesen, als Börne, wenn es keine Censoren gegeben hätte. Vier Monate lang vom 1. Januar 1819 bis in den April hielt Börne diesen kleinen Guerillakrieg mit dem scheerenbewaffneten Censor (noch dazu seinem ehemaligen Collegen von der Polizei, einem gewissen Severus) aus; er ist in seinen "Denkwürdigkeiten der Frankfurter Censur" selbst der Historiograph dieser, trotz einer Schlacht ermüdenden Scharmützel geworden. Eingekeilt zwischen hundert Rücksichten auf Diplomatie und Senat wurde seine ganze Thätigkeit auf das Unbedeutende herabgeschraubt; er sah ein, daß in der

verging auch dem gewissenhaften Dramaturgen die Lust. Die Hefte der Wage verspäteten sich Monate- und Jahrelang und die beiden letzten, die in Tübingen 1821 erschienen, ließen das Theater ganz bei Seite liegen.

Der ruhmvolle Name, den sich Börne schon durch die ersten Hefte der Wage erwarb, bestimmte den Buchdrucker Wenner in Frankfurt, ihm die Redaktion einer Zeitung anzuvertrauen. Das sehr zurückgekommene Staatsristretto sollte unter dem Titel einer Zeitung der freien Stadt Frankfurt wieder in Aufschwung kommen und Niemand wäre auch zu dieser Wiederbelebung geschickter gewesen, als Börne, wenn es keine Censoren gegeben hätte. Vier Monate lang vom 1. Januar 1819 bis in den April hielt Börne diesen kleinen Guerillakrieg mit dem scheerenbewaffneten Censor (noch dazu seinem ehemaligen Collegen von der Polizei, einem gewissen Severus) aus; er ist in seinen „Denkwürdigkeiten der Frankfurter Censur“ selbst der Historiograph dieser, trotz einer Schlacht ermüdenden Scharmützel geworden. Eingekeilt zwischen hundert Rücksichten auf Diplomatie und Senat wurde seine ganze Thätigkeit auf das Unbedeutende herabgeschraubt; er sah ein, daß in der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0187" n="145"/>
verging auch dem gewissenhaften Dramaturgen die Lust. Die Hefte der Wage verspäteten sich Monate- und Jahrelang und die beiden letzten, die in Tübingen 1821 erschienen, ließen das Theater ganz bei Seite liegen.</p>
        <p>Der ruhmvolle Name, den sich Börne schon durch die ersten Hefte der Wage erwarb, bestimmte den Buchdrucker Wenner in Frankfurt, ihm die Redaktion einer Zeitung anzuvertrauen. Das sehr zurückgekommene <hi rendition="#g">Staatsristretto</hi> sollte unter dem Titel einer <hi rendition="#g">Zeitung der freien Stadt Frankfurt</hi> wieder in Aufschwung kommen und Niemand wäre auch zu dieser Wiederbelebung geschickter gewesen, als Börne, wenn es keine Censoren gegeben hätte. Vier Monate lang vom 1. Januar 1819 bis in den April hielt Börne diesen kleinen Guerillakrieg mit dem scheerenbewaffneten Censor (noch dazu seinem ehemaligen Collegen von der Polizei, einem gewissen Severus) aus; er ist in seinen &#x201E;Denkwürdigkeiten der Frankfurter Censur&#x201C; selbst der Historiograph dieser, trotz einer Schlacht ermüdenden Scharmützel geworden. Eingekeilt zwischen hundert Rücksichten auf Diplomatie und Senat wurde seine ganze Thätigkeit auf das Unbedeutende herabgeschraubt; er sah ein, daß in der
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0187] verging auch dem gewissenhaften Dramaturgen die Lust. Die Hefte der Wage verspäteten sich Monate- und Jahrelang und die beiden letzten, die in Tübingen 1821 erschienen, ließen das Theater ganz bei Seite liegen. Der ruhmvolle Name, den sich Börne schon durch die ersten Hefte der Wage erwarb, bestimmte den Buchdrucker Wenner in Frankfurt, ihm die Redaktion einer Zeitung anzuvertrauen. Das sehr zurückgekommene Staatsristretto sollte unter dem Titel einer Zeitung der freien Stadt Frankfurt wieder in Aufschwung kommen und Niemand wäre auch zu dieser Wiederbelebung geschickter gewesen, als Börne, wenn es keine Censoren gegeben hätte. Vier Monate lang vom 1. Januar 1819 bis in den April hielt Börne diesen kleinen Guerillakrieg mit dem scheerenbewaffneten Censor (noch dazu seinem ehemaligen Collegen von der Polizei, einem gewissen Severus) aus; er ist in seinen „Denkwürdigkeiten der Frankfurter Censur“ selbst der Historiograph dieser, trotz einer Schlacht ermüdenden Scharmützel geworden. Eingekeilt zwischen hundert Rücksichten auf Diplomatie und Senat wurde seine ganze Thätigkeit auf das Unbedeutende herabgeschraubt; er sah ein, daß in der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-03T11:49:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-03T11:49:31Z)
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-07-03T11:49:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/187
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/187>, abgerufen am 19.05.2024.