Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.schen Wahrheit sich spreizen, im Lehnstuhl hin und her werfen, in leidenschaftlichen Momenten stöhnen und tragiren sah. Er kannte den Hof nicht, aber er wußte, daß kein Fürst mit seiner Frau so spricht, wie Clauren im Hotel de Wiburg einen sprechen läßt und der Schauspieler, nun gar noch outrirend, es wiedergiebt. Man hat gut sagen, daß Börne sein Urtheil milder hätte aussprechen sollen! Einem Mann von Urtheil und Geschmack ist nichts so peinigend, als der Beifall, der den Fehlern der Schauspieler gespendet wird. Wer eine Zeitschrift herausgiebt, die das Schauspiel einmal in den Kreis ihrer Besprechungen gezogen hat, kann so wenig wie die Satyre, so wenig seine wahre Meinung über den gestrigen Theaterabend unterdrücken. Wer keine Rücksicht auf ein Freibillet nimmt, von den Schauspielern bei ihren Benefizen kein Prozent von der Einnahme erwartet, durchreisenden Schauspielern sich verläugnen läßt, und die Empfehlungsbriefe, die sie mitbringen, uneröffnet in den Papierkorb wirft, wer nicht das Caffehaus besucht, wo sich die Mitglieder des Theaters zu versammeln pflegen und sich abstumpft gegen jede auch noch so lockende Gelegenheit, die nähere Bekanntschaft der ersten Liebhaberin zu machen, und dabei den Geist, die Kenntnisse und den Geschmack schen Wahrheit sich spreizen, im Lehnstuhl hin und her werfen, in leidenschaftlichen Momenten stöhnen und tragiren sah. Er kannte den Hof nicht, aber er wußte, daß kein Fürst mit seiner Frau so spricht, wie Clauren im Hotel de Wiburg einen sprechen läßt und der Schauspieler, nun gar noch outrirend, es wiedergiebt. Man hat gut sagen, daß Börne sein Urtheil milder hätte aussprechen sollen! Einem Mann von Urtheil und Geschmack ist nichts so peinigend, als der Beifall, der den Fehlern der Schauspieler gespendet wird. Wer eine Zeitschrift herausgiebt, die das Schauspiel einmal in den Kreis ihrer Besprechungen gezogen hat, kann so wenig wie die Satyre, so wenig seine wahre Meinung über den gestrigen Theaterabend unterdrücken. Wer keine Rücksicht auf ein Freibillet nimmt, von den Schauspielern bei ihren Benefizen kein Prozent von der Einnahme erwartet, durchreisenden Schauspielern sich verläugnen läßt, und die Empfehlungsbriefe, die sie mitbringen, uneröffnet in den Papierkorb wirft, wer nicht das Cafféhaus besucht, wo sich die Mitglieder des Theaters zu versammeln pflegen und sich abstumpft gegen jede auch noch so lockende Gelegenheit, die nähere Bekanntschaft der ersten Liebhaberin zu machen, und dabei den Geist, die Kenntnisse und den Geschmack <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0164" n="122"/> schen Wahrheit sich spreizen, im Lehnstuhl hin und her werfen, in leidenschaftlichen Momenten stöhnen und tragiren sah. Er kannte den Hof nicht, aber er wußte, daß kein Fürst mit seiner Frau so spricht, wie Clauren im Hotel de Wiburg einen sprechen läßt und der Schauspieler, nun gar noch outrirend, es wiedergiebt. Man hat gut sagen, daß Börne sein Urtheil milder hätte aussprechen sollen! Einem Mann von Urtheil und Geschmack ist nichts so peinigend, als der Beifall, der den Fehlern der Schauspieler gespendet wird. Wer eine Zeitschrift herausgiebt, die das Schauspiel einmal in den Kreis ihrer Besprechungen gezogen hat, kann so wenig wie die Satyre, so wenig seine wahre Meinung über den gestrigen Theaterabend unterdrücken. Wer keine Rücksicht auf ein Freibillet nimmt, von den Schauspielern bei ihren Benefizen kein Prozent von der Einnahme erwartet, durchreisenden Schauspielern sich verläugnen läßt, und die Empfehlungsbriefe, die sie mitbringen, uneröffnet in den Papierkorb wirft, wer nicht das Cafféhaus besucht, wo sich die Mitglieder des Theaters zu versammeln pflegen und sich abstumpft gegen jede auch noch so lockende Gelegenheit, die nähere Bekanntschaft der ersten Liebhaberin zu machen, und dabei den Geist, die Kenntnisse und den Geschmack </p> </div> </body> </text> </TEI> [122/0164]
schen Wahrheit sich spreizen, im Lehnstuhl hin und her werfen, in leidenschaftlichen Momenten stöhnen und tragiren sah. Er kannte den Hof nicht, aber er wußte, daß kein Fürst mit seiner Frau so spricht, wie Clauren im Hotel de Wiburg einen sprechen läßt und der Schauspieler, nun gar noch outrirend, es wiedergiebt. Man hat gut sagen, daß Börne sein Urtheil milder hätte aussprechen sollen! Einem Mann von Urtheil und Geschmack ist nichts so peinigend, als der Beifall, der den Fehlern der Schauspieler gespendet wird. Wer eine Zeitschrift herausgiebt, die das Schauspiel einmal in den Kreis ihrer Besprechungen gezogen hat, kann so wenig wie die Satyre, so wenig seine wahre Meinung über den gestrigen Theaterabend unterdrücken. Wer keine Rücksicht auf ein Freibillet nimmt, von den Schauspielern bei ihren Benefizen kein Prozent von der Einnahme erwartet, durchreisenden Schauspielern sich verläugnen läßt, und die Empfehlungsbriefe, die sie mitbringen, uneröffnet in den Papierkorb wirft, wer nicht das Cafféhaus besucht, wo sich die Mitglieder des Theaters zu versammeln pflegen und sich abstumpft gegen jede auch noch so lockende Gelegenheit, die nähere Bekanntschaft der ersten Liebhaberin zu machen, und dabei den Geist, die Kenntnisse und den Geschmack
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-07-03T11:49:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-07-03T11:49:31Z)
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-07-03T11:49:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |