Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.einen gewissen ästhetischen Aristokratismus an sich zu unterdrücken. Man kann Jemandes bester Freund sein und sich doch nicht entschließen, mit ihm in einem Bette zu schlafen. *) Die Liebe zur Freiheit ist wie jede edle Leidenschaft oft ungerecht, öfters aber noch unaussprechlich. Zuweilen ist sie auch nur deßhalb ungerecht, weil sie sich nicht aussprechen läßt. Börne kam hier zuweilen in verwickelte Collisionen seines Geschmacks für *) Börne achtete die Form zu wenig, um von dem Studium Goethes besonders angesprochen zu werden. Er sagte oft, wenn er ein Buch von ihm las, während des Lesens: "Ich weiß nicht, mir wird ganz dumm im Kopfe." Jean Paul dagegen rege ihn so gewaltig an, daß er sich von einem ganzen Heere von Ideen umschwirrt fühle, er könne nur zugreifen und hätte immer etwas Bedeutendes. Börne hatte die Absicht einmal noch gegen den Faust zu schreiben. Doch hintertrieb er es, daß seine Urtheile über Goethe in's Französische übersetzt würden. Es war ein vaterländischer Stolz, der ihn bestimmte, die Franzosen nicht einen Geist mißachten zu lehren, dessen Tiefe sie schon an und für sich nicht zu begreifen verstanden. Börne war einmal nahe daran, Goethen in Weimar vorgestellt zu werden; von Holtei wollte ihn einführen. Doch schlug es Börne aus.
einen gewissen ästhetischen Aristokratismus an sich zu unterdrücken. Man kann Jemandes bester Freund sein und sich doch nicht entschließen, mit ihm in einem Bette zu schlafen. *) Die Liebe zur Freiheit ist wie jede edle Leidenschaft oft ungerecht, öfters aber noch unaussprechlich. Zuweilen ist sie auch nur deßhalb ungerecht, weil sie sich nicht aussprechen läßt. Börne kam hier zuweilen in verwickelte Collisionen seines Geschmacks für *) Börne achtete die Form zu wenig, um von dem Studium Goethes besonders angesprochen zu werden. Er sagte oft, wenn er ein Buch von ihm las, während des Lesens: „Ich weiß nicht, mir wird ganz dumm im Kopfe.“ Jean Paul dagegen rege ihn so gewaltig an, daß er sich von einem ganzen Heere von Ideen umschwirrt fühle, er könne nur zugreifen und hätte immer etwas Bedeutendes. Börne hatte die Absicht einmal noch gegen den Faust zu schreiben. Doch hintertrieb er es, daß seine Urtheile über Goethe in’s Französische übersetzt würden. Es war ein vaterländischer Stolz, der ihn bestimmte, die Franzosen nicht einen Geist mißachten zu lehren, dessen Tiefe sie schon an und für sich nicht zu begreifen verstanden. Börne war einmal nahe daran, Goethen in Weimar vorgestellt zu werden; von Holtei wollte ihn einführen. Doch schlug es Börne aus.
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einen gewissen ästhetischen Aristokratismus an sich zu unterdrücken. Man kann Jemandes bester Freund sein und sich doch nicht entschließen, mit ihm in einem Bette zu schlafen. *)
Die Liebe zur Freiheit ist wie jede edle Leidenschaft oft ungerecht, öfters aber noch unaussprechlich. Zuweilen ist sie auch nur deßhalb ungerecht, weil sie sich nicht aussprechen läßt. Börne kam hier zuweilen in verwickelte Collisionen seines Geschmacks für
*) Börne achtete die Form zu wenig, um von dem Studium Goethes besonders angesprochen zu werden. Er sagte oft, wenn er ein Buch von ihm las, während des Lesens: „Ich weiß nicht, mir wird ganz dumm im Kopfe.“ Jean Paul dagegen rege ihn so gewaltig an, daß er sich von einem ganzen Heere von Ideen umschwirrt fühle, er könne nur zugreifen und hätte immer etwas Bedeutendes. Börne hatte die Absicht einmal noch gegen den Faust zu schreiben. Doch hintertrieb er es, daß seine Urtheile über Goethe in’s Französische übersetzt würden. Es war ein vaterländischer Stolz, der ihn bestimmte, die Franzosen nicht einen Geist mißachten zu lehren, dessen Tiefe sie schon an und für sich nicht zu begreifen verstanden. Börne war einmal nahe daran, Goethen in Weimar vorgestellt zu werden; von Holtei wollte ihn einführen. Doch schlug es Börne aus.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/154>, abgerufen am 16.08.2024. |