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Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

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schufen Zerstreuungen, welche den Studien nicht günstig sein konnten. Es ist unzweifelhaft, daß Börne die Zeit seines Berliner Aufenthaltes weit mehr zur Cultur seines innern und äußern Menschen, als zur Erlernung der Arzneikunde verwandte. Er wird viel gelesen, viel aus der bewegten Geschichte der damaligen Zeit in sich aufgenommen haben. Daß sich die Wärme seines Herzens regte und zartere geschlechtliche Neigungen ausbrütete, ist ohne Zweifel anzunehmen, wenn man auch darin übertreibt, daß man ihm hoffnungslose Liebe zu der geistvollen und schönen Herrin des Hauses, in dem er gastlich lebte, zuschreibt. Er hatte zu Madame Herz die Neigung eines jungen Mannes, dessen erste herzinnigeren Regungen kein glücklicheres Schicksal haben können, als wenn sie sich einem uns entfernt und unerreichbar stehenden weiblichen Wesen von höherem Werthe anschließen. Als Börne nach dem plötzlichen Tode Marcus Herzens das Haus verließ, hörte er nicht auf, mit der von ihm hochverehrten Frau desselben in brieflicher, (wenn auch oft gestörter und unterbrochner, doch nach einigem Verlauf immer wieder aufgenommener) Verbindung zu bleiben. Es ist unendlich zu beklagen, daß die noch lebende würdige Matrone ihre Correspondenz mit Börne

schufen Zerstreuungen, welche den Studien nicht günstig sein konnten. Es ist unzweifelhaft, daß Börne die Zeit seines Berliner Aufenthaltes weit mehr zur Cultur seines innern und äußern Menschen, als zur Erlernung der Arzneikunde verwandte. Er wird viel gelesen, viel aus der bewegten Geschichte der damaligen Zeit in sich aufgenommen haben. Daß sich die Wärme seines Herzens regte und zartere geschlechtliche Neigungen ausbrütete, ist ohne Zweifel anzunehmen, wenn man auch darin übertreibt, daß man ihm hoffnungslose Liebe zu der geistvollen und schönen Herrin des Hauses, in dem er gastlich lebte, zuschreibt. Er hatte zu Madame Herz die Neigung eines jungen Mannes, dessen erste herzinnigeren Regungen kein glücklicheres Schicksal haben können, als wenn sie sich einem uns entfernt und unerreichbar stehenden weiblichen Wesen von höherem Werthe anschließen. Als Börne nach dem plötzlichen Tode Marcus Herzens das Haus verließ, hörte er nicht auf, mit der von ihm hochverehrten Frau desselben in brieflicher, (wenn auch oft gestörter und unterbrochner, doch nach einigem Verlauf immer wieder aufgenommener) Verbindung zu bleiben. Es ist unendlich zu beklagen, daß die noch lebende würdige Matrone ihre Correspondenz mit Börne

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[68/0110] schufen Zerstreuungen, welche den Studien nicht günstig sein konnten. Es ist unzweifelhaft, daß Börne die Zeit seines Berliner Aufenthaltes weit mehr zur Cultur seines innern und äußern Menschen, als zur Erlernung der Arzneikunde verwandte. Er wird viel gelesen, viel aus der bewegten Geschichte der damaligen Zeit in sich aufgenommen haben. Daß sich die Wärme seines Herzens regte und zartere geschlechtliche Neigungen ausbrütete, ist ohne Zweifel anzunehmen, wenn man auch darin übertreibt, daß man ihm hoffnungslose Liebe zu der geistvollen und schönen Herrin des Hauses, in dem er gastlich lebte, zuschreibt. Er hatte zu Madame Herz die Neigung eines jungen Mannes, dessen erste herzinnigeren Regungen kein glücklicheres Schicksal haben können, als wenn sie sich einem uns entfernt und unerreichbar stehenden weiblichen Wesen von höherem Werthe anschließen. Als Börne nach dem plötzlichen Tode Marcus Herzens das Haus verließ, hörte er nicht auf, mit der von ihm hochverehrten Frau desselben in brieflicher, (wenn auch oft gestörter und unterbrochner, doch nach einigem Verlauf immer wieder aufgenommener) Verbindung zu bleiben. Es ist unendlich zu beklagen, daß die noch lebende würdige Matrone ihre Correspondenz mit Börne

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/110>, abgerufen am 23.11.2024.