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Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

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Auf Louis Baruch wirkte die Aussicht, nach Berlin zu kommen, ungemein erfreulich. Für ihn war damals Berlin, was dem Franzosen der Provinz Paris. Berlin war damals noch die Hauptstadt des unüberwindlich scheinenden Preußens, welches sich die Miene geben durfte, zu der anschwellenden Lawine der Napoleonischen Herrschaft zu sagen: Bis hieher und nicht weiter! Berlin war der Sitz der feinsten Sitte, der Haupttummelplatz der bedeutenderen Geister der Nation; Fichte, Schleiermacher, die Schlegel, Johannes von Müller wirkten von dort aus. Man braucht nur die Briefe der Rahel zu lesen, um sich recht lebhaft in die frivol-geniale Geselligkeit jener Kreise hineinzudenken, in welchen namentlich die Sprößlinge reicher jüdischer Familien eine nicht unbedeutende Rolle spielten. Und vor allen glänzte grade die Frau Marcus Herzens als ein Phänomen erster Größe. Das Haus dieser Dame, deren Ehegemahl ihr an Jahren weit voraus war*), galt für das Stelldichein aller bedeutenden Köpfe Berlins; für den Pensionär eröffnete sich eine

*) Börne bewunderte später oft, wie trefflich sich hier eine junge Frau in das Wesen eines älteren Mannes zu schicken wußte.

Auf Louis Baruch wirkte die Aussicht, nach Berlin zu kommen, ungemein erfreulich. Für ihn war damals Berlin, was dem Franzosen der Provinz Paris. Berlin war damals noch die Hauptstadt des unüberwindlich scheinenden Preußens, welches sich die Miene geben durfte, zu der anschwellenden Lawine der Napoleonischen Herrschaft zu sagen: Bis hieher und nicht weiter! Berlin war der Sitz der feinsten Sitte, der Haupttummelplatz der bedeutenderen Geister der Nation; Fichte, Schleiermacher, die Schlegel, Johannes von Müller wirkten von dort aus. Man braucht nur die Briefe der Rahel zu lesen, um sich recht lebhaft in die frivol-geniale Geselligkeit jener Kreise hineinzudenken, in welchen namentlich die Sprößlinge reicher jüdischer Familien eine nicht unbedeutende Rolle spielten. Und vor allen glänzte grade die Frau Marcus Herzens als ein Phänomen erster Größe. Das Haus dieser Dame, deren Ehegemahl ihr an Jahren weit voraus war*), galt für das Stelldichein aller bedeutenden Köpfe Berlins; für den Pensionär eröffnete sich eine

*) Börne bewunderte später oft, wie trefflich sich hier eine junge Frau in das Wesen eines älteren Mannes zu schicken wußte.
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[66/0108] Auf Louis Baruch wirkte die Aussicht, nach Berlin zu kommen, ungemein erfreulich. Für ihn war damals Berlin, was dem Franzosen der Provinz Paris. Berlin war damals noch die Hauptstadt des unüberwindlich scheinenden Preußens, welches sich die Miene geben durfte, zu der anschwellenden Lawine der Napoleonischen Herrschaft zu sagen: Bis hieher und nicht weiter! Berlin war der Sitz der feinsten Sitte, der Haupttummelplatz der bedeutenderen Geister der Nation; Fichte, Schleiermacher, die Schlegel, Johannes von Müller wirkten von dort aus. Man braucht nur die Briefe der Rahel zu lesen, um sich recht lebhaft in die frivol-geniale Geselligkeit jener Kreise hineinzudenken, in welchen namentlich die Sprößlinge reicher jüdischer Familien eine nicht unbedeutende Rolle spielten. Und vor allen glänzte grade die Frau Marcus Herzens als ein Phänomen erster Größe. Das Haus dieser Dame, deren Ehegemahl ihr an Jahren weit voraus war *), galt für das Stelldichein aller bedeutenden Köpfe Berlins; für den Pensionär eröffnete sich eine *) Börne bewunderte später oft, wie trefflich sich hier eine junge Frau in das Wesen eines älteren Mannes zu schicken wußte.

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/108>, abgerufen am 23.11.2024.