digen, wenn er nach der Lection die Bücher wegwirft. Dergleichen allgemein von der Ju- gend geäusserte Triebe beweisen so scharf als das schärfste Vernunftschliessen. Allein es giebt demungeachtet Leute, die auf obigen Satz durch- aus nicht Rücksicht nehmen. Aber sagen sie mit Cicero ad severitatem potius et ad studia quaedam graviora atque majora facti sumus
Ich bin selbst herzlich davon überzeugt, glau- be aber, dass es für Jung und Alt kein ernsteres Studium nach der Geistesbildung geben könne, als das, was auf Gesundheit, Ausbildung des Körpers und Heiterkeit des Geistes hinzielt, weil ohne diese die Geistesbildung wenig nützt, sondern als ein todtes Kapital da liegt, an dem der Rost nagt; und wer wirklich der Meynung ist, dass man die Stunden, wo es mit ernster An- strengung des Geistes nicht mehr fort will, stets zu irgend etwas nützlichem z. B. zum Zeichnen, Clavierspielen, zum Ordnen der Insecten und Mineralien u. dergl. anwenden müsse, der hat von der Oekonomie, sowohl des jugendlichen als erwachsenen, menschlichen Körpers keine richtige Vorstellung, er weiss das nützliche nicht gegen das nützlichere gehörig abzuwägen, er zieht den Mond der Sonne vor, weil er so sanft ist und das Oel der Gassenerleuchtung erspart.
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digen, wenn er nach der Lection die Bücher wegwirft. Dergleichen allgemein von der Ju- gend geäuſserte Triebe beweiſen ſo ſcharf als das ſchärfſte Vernunftſchlieſsen. Allein es giebt demungeachtet Leute, die auf obigen Satz durch- aus nicht Rückſicht nehmen. Aber ſagen ſie mit Cicero ad ſeveritatem potius et ad ſtudia quaedam graviora atque majora facti ſumus
Ich bin ſelbſt herzlich davon überzeugt, glau- be aber, daſs es für Jung und Alt kein ernſteres Studium nach der Geiſtesbildung geben könne, als das, was auf Geſundheit, Ausbildung des Körpers und Heiterkeit des Geiſtes hinzielt, weil ohne dieſe die Geiſtesbildung wenig nützt, ſondern als ein todtes Kapital da liegt, an dem der Roſt nagt; und wer wirklich der Meynung iſt, daſs man die Stunden, wo es mit ernſter An- ſtrengung des Geiſtes nicht mehr fort will, ſtets zu irgend etwas nützlichem z. B. zum Zeichnen, Clavierſpielen, zum Ordnen der Inſecten und Mineralien u. dergl. anwenden müſſe, der hat von der Oekonomie, ſowohl des jugendlichen als erwachſenen, menſchlichen Körpers keine richtige Vorſtellung, er weiſs das nützliche nicht gegen das nützlichere gehörig abzuwägen, er zieht den Mond der Sonne vor, weil er ſo ſanft iſt und das Oel der Gaſſenerleuchtung erſpart.
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digen, wenn er nach der Lection die Bücher
wegwirft. Dergleichen allgemein von der Ju-
gend geäuſserte Triebe beweiſen ſo ſcharf als
das ſchärfſte Vernunftſchlieſsen. Allein es giebt
demungeachtet Leute, die auf obigen Satz durch-
aus nicht Rückſicht nehmen. Aber ſagen ſie mit
Cicero
ad ſeveritatem potius et ad ſtudia quaedam
graviora atque majora facti ſumus
Ich bin ſelbſt herzlich davon überzeugt, glau-
be aber, daſs es für Jung und Alt kein ernſteres
Studium nach der Geiſtesbildung geben könne,
als das, was auf Geſundheit, Ausbildung des
Körpers und Heiterkeit des Geiſtes hinzielt,
weil ohne dieſe die Geiſtesbildung wenig nützt,
ſondern als ein todtes Kapital da liegt, an dem
der Roſt nagt; und wer wirklich der Meynung
iſt, daſs man die Stunden, wo es mit ernſter An-
ſtrengung des Geiſtes nicht mehr fort will, ſtets
zu irgend etwas nützlichem z. B. zum Zeichnen,
Clavierſpielen, zum Ordnen der Inſecten und
Mineralien u. dergl. anwenden müſſe, der hat
von der Oekonomie, ſowohl des jugendlichen
als erwachſenen, menſchlichen Körpers keine
richtige Vorſtellung, er weiſs das nützliche nicht
gegen das nützlichere gehörig abzuwägen, er
zieht den Mond der Sonne vor, weil er ſo ſanft
iſt und das Oel der Gaſſenerleuchtung erſpart.
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/51>, abgerufen am 21.11.2024.
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