Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

hatte ihn denn mächtig verdrossen, aber demun-
geachtet liess er von diesem kindischen Fehler
nicht ab. Nie schlug ihm die Uhr angenehmer,
als dann, wann sie durch 12 Schläge zum Essen
rief. -- Vier Worte habe ich nun glücklich hin-
eingebracht, auch das Brot soll mir nicht schwer
hineinzuschieben werden; ihr wisst ja, dass es
die gewöhnlichste Sache bey Tische ist, ich darf
also nur sagen, dass Fritz mit dem Brote sehr
sparsam umgieng, um seine Esslust für die an-
dern Speisen recht lebendig zu erhalten; was
ich aber mit den andern Worten anfangen soll,
weiss ich bis dato nicht; denn Schiebkarren wer-
den ja nirgends gegessen und Pferde nur bey
den Tatarn. Jedoch es sey gewagt. Sein Va-
ter hatte die gute Gewohnheit, jährlich ein Paar-
mal mit seinen Kindern und diesem und jenem
ihrer Freunde eine kleine Fussreise in die be-
nachbarten Gebirge zu machen, um der schönen
Gegend zu geniessen, und ihnen unter steter
Bewegung manche Kenntnisse zu verschaffen,
die sie zu Hause nicht erhalten konnten. Eine
solche Reise sollte am 4 Jun. auch angestellt
werden. Alles freute sich darauf, und machte sich
dazu fertig. Fritz that es auch, vergass auch sei-
ne Schreibtafel nicht, um allerley Merkwürdig-
keiten zu notiren, die ihm aufstossen könnten.
Die grösste Merkwürdigkeit war ihm ein Schieb-

hatte ihn denn mächtig verdroſſen, aber demun-
geachtet lieſs er von dieſem kindiſchen Fehler
nicht ab. Nie ſchlug ihm die Uhr angenehmer,
als dann, wann ſie durch 12 Schläge zum Eſſen
rief. — Vier Worte habe ich nun glücklich hin-
eingebracht, auch das Brot ſoll mir nicht ſchwer
hineinzuſchieben werden; ihr wiſst ja, daſs es
die gewöhnlichſte Sache bey Tiſche iſt, ich darf
alſo nur ſagen, daſs Fritz mit dem Brote ſehr
ſparſam umgieng, um ſeine Eſsluſt für die an-
dern Speiſen recht lebendig zu erhalten; was
ich aber mit den andern Worten anfangen ſoll,
weiſs ich bis dato nicht; denn Schiebkarren wer-
den ja nirgends gegeſſen und Pferde nur bey
den Tatarn. Jedoch es ſey gewagt. Sein Va-
ter hatte die gute Gewohnheit, jährlich ein Paar-
mal mit ſeinen Kindern und dieſem und jenem
ihrer Freunde eine kleine Fuſsreiſe in die be-
nachbarten Gebirge zu machen, um der ſchönen
Gegend zu genieſsen, und ihnen unter ſteter
Bewegung manche Kenntniſſe zu verſchaffen,
die ſie zu Hauſe nicht erhalten konnten. Eine
ſolche Reiſe ſollte am 4 Jun. auch angeſtellt
werden. Alles freute ſich darauf, und machte ſich
dazu fertig. Fritz that es auch, vergaſs auch ſei-
ne Schreibtafel nicht, um allerley Merkwürdig-
keiten zu notiren, die ihm aufſtoſsen könnten.
Die gröſste Merkwürdigkeit war ihm ein Schieb-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0402" n="370"/>
hatte ihn denn mächtig verdro&#x017F;&#x017F;en, aber demun-<lb/>
geachtet lie&#x017F;s er von die&#x017F;em kindi&#x017F;chen Fehler<lb/>
nicht ab. Nie &#x017F;chlug ihm die <hi rendition="#i">Uhr</hi> angenehmer,<lb/>
als dann, wann &#x017F;ie durch 12 Schläge zum E&#x017F;&#x017F;en<lb/>
rief. &#x2014; Vier Worte habe ich nun glücklich hin-<lb/>
eingebracht, auch das Brot &#x017F;oll mir nicht &#x017F;chwer<lb/>
hineinzu&#x017F;chieben werden; ihr wi&#x017F;st ja, da&#x017F;s es<lb/>
die gewöhnlich&#x017F;te Sache bey Ti&#x017F;che i&#x017F;t, ich darf<lb/>
al&#x017F;o nur &#x017F;agen, da&#x017F;s Fritz mit dem <hi rendition="#i">Brote</hi> &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;par&#x017F;am umgieng, um &#x017F;eine E&#x017F;slu&#x017F;t für die an-<lb/>
dern Spei&#x017F;en recht lebendig zu erhalten; was<lb/>
ich aber mit den andern Worten anfangen &#x017F;oll,<lb/>
wei&#x017F;s ich bis dato nicht; denn Schiebkarren wer-<lb/>
den ja nirgends gege&#x017F;&#x017F;en und Pferde nur bey<lb/>
den Tatarn. Jedoch es &#x017F;ey gewagt. Sein Va-<lb/>
ter hatte die gute Gewohnheit, jährlich ein Paar-<lb/>
mal mit &#x017F;einen Kindern und die&#x017F;em und jenem<lb/>
ihrer Freunde eine kleine Fu&#x017F;srei&#x017F;e in die be-<lb/>
nachbarten Gebirge zu machen, um der &#x017F;chönen<lb/>
Gegend zu genie&#x017F;sen, und ihnen unter &#x017F;teter<lb/>
Bewegung manche Kenntni&#x017F;&#x017F;e zu ver&#x017F;chaffen,<lb/>
die &#x017F;ie zu Hau&#x017F;e nicht erhalten konnten. Eine<lb/>
&#x017F;olche Rei&#x017F;e &#x017F;ollte am 4 Jun. auch ange&#x017F;tellt<lb/>
werden. Alles freute &#x017F;ich darauf, und machte &#x017F;ich<lb/>
dazu fertig. Fritz that es auch, verga&#x017F;s auch &#x017F;ei-<lb/>
ne <hi rendition="#i">Schreibtafel</hi> nicht, um allerley Merkwürdig-<lb/>
keiten zu notiren, die ihm auf&#x017F;to&#x017F;sen könnten.<lb/>
Die grö&#x017F;ste Merkwürdigkeit war ihm ein <hi rendition="#i">Schieb-<lb/></hi></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[370/0402] hatte ihn denn mächtig verdroſſen, aber demun- geachtet lieſs er von dieſem kindiſchen Fehler nicht ab. Nie ſchlug ihm die Uhr angenehmer, als dann, wann ſie durch 12 Schläge zum Eſſen rief. — Vier Worte habe ich nun glücklich hin- eingebracht, auch das Brot ſoll mir nicht ſchwer hineinzuſchieben werden; ihr wiſst ja, daſs es die gewöhnlichſte Sache bey Tiſche iſt, ich darf alſo nur ſagen, daſs Fritz mit dem Brote ſehr ſparſam umgieng, um ſeine Eſsluſt für die an- dern Speiſen recht lebendig zu erhalten; was ich aber mit den andern Worten anfangen ſoll, weiſs ich bis dato nicht; denn Schiebkarren wer- den ja nirgends gegeſſen und Pferde nur bey den Tatarn. Jedoch es ſey gewagt. Sein Va- ter hatte die gute Gewohnheit, jährlich ein Paar- mal mit ſeinen Kindern und dieſem und jenem ihrer Freunde eine kleine Fuſsreiſe in die be- nachbarten Gebirge zu machen, um der ſchönen Gegend zu genieſsen, und ihnen unter ſteter Bewegung manche Kenntniſſe zu verſchaffen, die ſie zu Hauſe nicht erhalten konnten. Eine ſolche Reiſe ſollte am 4 Jun. auch angeſtellt werden. Alles freute ſich darauf, und machte ſich dazu fertig. Fritz that es auch, vergaſs auch ſei- ne Schreibtafel nicht, um allerley Merkwürdig- keiten zu notiren, die ihm aufſtoſsen könnten. Die gröſste Merkwürdigkeit war ihm ein Schieb-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/402
Zitationshilfe: Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/402>, abgerufen am 12.05.2024.