Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Vorrede. kann, ideas Platonicas genennet. Einige haben aus dieserUrsache vermeinet/ es müssen erst Menschen gebohren wer- den/ die sich nach Platonis Kopffe einrichteten/ und haben die- sen Sinnreichen Mann allzusehr herunter gemacht/ andere hergegen erheben ihn bis in den dritten Himmel/ worinnen beyderseits sehr fehlen. Denn es stehen sehr gute Sachen in dem Platone, welche man noch jetzo wohl gebrauchen kann/ es sind aber auch darin gewisse Puncte vorgetragen/ welche wohl zu wünschen/ aber nicht zu hoffen seyn/ wobey der ehrliche Mann in die Moral zum öfftern ausgeschweiffet/ da doch jede Wissen- schafft von der andern bestmöglichst zu unterscheiden. Wer ein mehrers davon zu wissen verlanget/ kan des Antonii Monteca- tini, Sebast. Foxii, Marsilii, Gangliani Commentarios über den Platonem nachschlagen. Aus Platonis Lehre kam der ge- lehrte Aristoteles, welcher seinen Lehrmeister in denen Libris Politicis sehr übertroffen/ indem er nicht allein bessere Reguln gegeben/ welche noch jetzo grossen Theils gar wohl statt finden/ sondern auch exempel aus der Historie zum richtigen Beweiß- thum beygefüget/ und überhaupt eine bessere Ordnung/ als Plato/ gezeiget. Der grosse Alexander soll ihm hierzu grossen Vorschub gethan haben/ und ich getraue mich ohne Scheu zu sagen/ daß/ da man in andern philosophischen Wissenschafften heut zu Tage von dem Aristotele sehr abgegangen/ und auf weit bessere Wege gerathen/ dennoch in der Politic alle das Haupt- Werck aus dem Aristotele abgeborbet werde/ ohngeachtet die Pralerey solches vielen verschweigen machet. Nach der Zeit sind wenige Griechische Philosophen bemühet gewesen/ die Po- litic in ein besser Licht zu setzen/ indem Plutarchus in seinen Prae- ceptis Politicis allzukurtz ist. Haeraclidae Pontii Tractatus de Politicis, welchen Nicolaus Cragius mit einer Lateinischen Ue- bersetzung herausgegeben/ noch schlechter zu achten/ und Theo- phrasti, Demetrii Phalerei und Antisthenis Schrifften vor- läng-
Vorrede. kann, ideas Platonicas genennet. Einige haben aus dieſerUrſache vermeinet/ es muͤſſen erſt Menſchen gebohren wer- den/ die ſich nach Platonis Kopffe einrichteten/ und haben die- ſen Sinnreichen Mann allzuſehr herunter gemacht/ andere hergegen erheben ihn bis in den dritten Himmel/ worinnen beyderſeits ſehr fehlen. Denn es ſtehen ſehr gute Sachen in dem Platone, welche man noch jetzo wohl gebrauchen kann/ es ſind aber auch darin gewiſſe Puncte vorgetragen/ welche wohl zu wuͤnſchen/ aber nicht zu hoffen ſeyn/ wobey der ehrliche Mann in die Moral zum oͤfftern ausgeſchweiffet/ da doch jede Wiſſen- ſchafft von der andern beſtmoͤglichſt zu unterſcheiden. Wer ein mehrers davon zu wiſſen verlanget/ kan des Antonii Monteca- tini, Sebaſt. Foxii, Marſilii, Gangliani Commentarios uͤber den Platonem nachſchlagen. Aus Platonis Lehre kam der ge- lehrte Ariſtoteles, welcher ſeinen Lehrmeiſter in denen Libris Politicis ſehr uͤbertroffen/ indem er nicht allein beſſere Reguln gegeben/ welche noch jetzo groſſen Theils gar wohl ſtatt finden/ ſondern auch exempel aus der Hiſtorie zum richtigen Beweiß- thum beygefuͤget/ und uͤberhaupt eine beſſere Ordnung/ als Plato/ gezeiget. Der groſſe Alexander ſoll ihm hierzu groſſen Vorſchub gethan haben/ und ich getraue mich ohne Scheu zu ſagen/ daß/ da man in andern philoſophiſchen Wiſſenſchafften heut zu Tage von dem Ariſtotele ſehr abgegangen/ und auf weit beſſere Wege gerathen/ dennoch in der Politic alle das Haupt- Werck aus dem Ariſtotele abgeborbet werde/ ohngeachtet die Pralerey ſolches vielen verſchweigen machet. Nach der Zeit ſind wenige Griechiſche Philoſophen bemuͤhet geweſen/ die Po- litic in ein beſſer Licht zu ſetzen/ indem Plutarchus in ſeinen Præ- ceptis Politicis allzukurtz iſt. Hæraclidæ Pontii Tractatus de Politicis, welchen Nicolaus Cragius mit einer Lateiniſchen Ue- berſetzung herausgegeben/ noch ſchlechter zu achten/ und Theo- phraſti, Demetrii Phalerei und Antiſthenis Schrifften vor- laͤng-
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Vorrede.
kann, ideas Platonicas genennet. Einige haben aus dieſer
Urſache vermeinet/ es muͤſſen erſt Menſchen gebohren wer-
den/ die ſich nach Platonis Kopffe einrichteten/ und haben die-
ſen Sinnreichen Mann allzuſehr herunter gemacht/ andere
hergegen erheben ihn bis in den dritten Himmel/ worinnen
beyderſeits ſehr fehlen. Denn es ſtehen ſehr gute Sachen in
dem Platone, welche man noch jetzo wohl gebrauchen kann/ es
ſind aber auch darin gewiſſe Puncte vorgetragen/ welche wohl
zu wuͤnſchen/ aber nicht zu hoffen ſeyn/ wobey der ehrliche Mann
in die Moral zum oͤfftern ausgeſchweiffet/ da doch jede Wiſſen-
ſchafft von der andern beſtmoͤglichſt zu unterſcheiden. Wer ein
mehrers davon zu wiſſen verlanget/ kan des Antonii Monteca-
tini, Sebaſt. Foxii, Marſilii, Gangliani Commentarios uͤber
den Platonem nachſchlagen. Aus Platonis Lehre kam der ge-
lehrte Ariſtoteles, welcher ſeinen Lehrmeiſter in denen Libris
Politicis ſehr uͤbertroffen/ indem er nicht allein beſſere Reguln
gegeben/ welche noch jetzo groſſen Theils gar wohl ſtatt finden/
ſondern auch exempel aus der Hiſtorie zum richtigen Beweiß-
thum beygefuͤget/ und uͤberhaupt eine beſſere Ordnung/ als
Plato/ gezeiget. Der groſſe Alexander ſoll ihm hierzu groſſen
Vorſchub gethan haben/ und ich getraue mich ohne Scheu zu
ſagen/ daß/ da man in andern philoſophiſchen Wiſſenſchafften
heut zu Tage von dem Ariſtotele ſehr abgegangen/ und auf weit
beſſere Wege gerathen/ dennoch in der Politic alle das Haupt-
Werck aus dem Ariſtotele abgeborbet werde/ ohngeachtet die
Pralerey ſolches vielen verſchweigen machet. Nach der Zeit
ſind wenige Griechiſche Philoſophen bemuͤhet geweſen/ die Po-
litic in ein beſſer Licht zu ſetzen/ indem Plutarchus in ſeinen Præ-
ceptis Politicis allzukurtz iſt. Hæraclidæ Pontii Tractatus de
Politicis, welchen Nicolaus Cragius mit einer Lateiniſchen Ue-
berſetzung herausgegeben/ noch ſchlechter zu achten/ und Theo-
phraſti, Demetrii Phalerei und Antiſthenis Schrifften vor-
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