Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. Chambre, ehe er sie in Dienste genommen. Philippus II. hat keinen pro-moviret, welcher nicht etliche Jahre in seinen Diensten gestanden. Es ist dieses gut, da kan einer sehen, was an ihm zu thun ist. Man findet bisweilen einen Tiberium, einen Ludovicum XI. einen Herrn der hämisch ist. Tacitus sagt von dem Tiberio: wenn er einem was gutes gethan, so habe er ihm auf der andern Seite wieder was böses zugefügt. Ame- lot sagt: An Hofe werde bisweilen eine solche Gedult erfordert, wie Harpago gehabt, als der Astiages ihm, seine Kinder zu essen, aufgesetzt, der nicht mercken lassen, daß es ihm schmertzte. Es ist nöthig zu dissi- muliren. Die dissimulatio ist revera hier nichts anders, als patientia. Man darf nicht dencken, wenn einer meriten hat, daß dieselben allezeit belohnet werden. Es hat kein Mensch mehr meriten gehabt, als der Cardinal Ximenes, welchen doch Ferdinandus Catholicus sehr gedrückt, er war ein guter Haußhalter, wollte aber kein Geld behalten, sondern legte viele Societaeten an; Ferdinand aber suchte ihn ums Geld zu brin- gen, und muste der Ximenes Festungen auf seine Kosten belagern. Der Gonsalva hat Ferdinando Neapolis zuwege gebracht, wurde auch grosser pomp nach Spanien gebracht, hernach aber muste er sich reteriren, weil er so ein grosser Capitain gewesen. Die Hof-Leute sind wie die Planeten, die ihren Schein alle von der Sonne haben, sie dependiren alle von ihrem Herrn. Was an dir ist, so must du suchen merita zu haben; aber du darffst nicht dencken, daß deine merita allezeit werden belohnet werden. Es ist der Herr nicht allezeit sage, und wenn er es ja ist, so hat er Ohren-Bläser. Unter der Königin Christina observiret man, daß sie alle Leute, die unter ihren Vater gegolten, nicht aestimiret. Den Oxenstirn, welcher bey ihrem Vater in so grossen Gnaden gestan- den, aestimirte sie nicht, konnte aber seiner nicht überhoben seyn. Sie hatte einen Frantzosen, einen Antiquarium bey sich, der sie dirigiret, wie eine Marionette. Indeß ist mir nicht gebothen, an einem solchen Hofe meine fortune zu machen, ich kan ja an einen andern gehen. mann müsse justus seyn. §. 19. Quaer. Was heist justitia bey einem Hof-Mann? Resp. andern
Cap. V. Chambre, ehe er ſie in Dienſte genommen. Philippus II. hat keinen pro-moviret, welcher nicht etliche Jahre in ſeinen Dienſten geſtanden. Es iſt dieſes gut, da kan einer ſehen, was an ihm zu thun iſt. Man findet bisweilen einen Tiberium, einen Ludovicum XI. einen Herrn der haͤmiſch iſt. Tacitus ſagt von dem Tiberio: wenn er einem was gutes gethan, ſo habe er ihm auf der andern Seite wieder was boͤſes zugefuͤgt. Ame- lot ſagt: An Hofe werde bisweilen eine ſolche Gedult erfordert, wie Harpago gehabt, als der Aſtiages ihm, ſeine Kinder zu eſſen, aufgeſetzt, der nicht mercken laſſen, daß es ihm ſchmertzte. Es iſt noͤthig zu diſſi- muliren. Die diſſimulatio iſt revera hier nichts anders, als patientia. Man darf nicht dencken, wenn einer meriten hat, daß dieſelben allezeit belohnet werden. Es hat kein Menſch mehr meriten gehabt, als der Cardinal Ximenes, welchen doch Ferdinandus Catholicus ſehr gedruͤckt, er war ein guter Haußhalter, wollte aber kein Geld behalten, ſondern legte viele Societæten an; Ferdinand aber ſuchte ihn ums Geld zu brin- gen, und muſte der Ximenes Feſtungen auf ſeine Koſten belagern. Der Gonſalva hat Ferdinando Neapolis zuwege gebracht, wurde auch groſſer pomp nach Spanien gebracht, hernach aber muſte er ſich reteriren, weil er ſo ein groſſer Capitain geweſen. Die Hof-Leute ſind wie die Planeten, die ihren Schein alle von der Sonne haben, ſie dependiren alle von ihrem Herrn. Was an dir iſt, ſo muſt du ſuchen merita zu haben; aber du darffſt nicht dencken, daß deine merita allezeit werden belohnet werden. Es iſt der Herr nicht allezeit ſage, und wenn er es ja iſt, ſo hat er Ohren-Blaͤſer. Unter der Koͤnigin Chriſtina obſerviret man, daß ſie alle Leute, die unter ihren Vater gegolten, nicht æſtimiret. Den Oxenſtirn, welcher bey ihrem Vater in ſo groſſen Gnaden geſtan- den, æſtimirte ſie nicht, konnte aber ſeiner nicht uͤberhoben ſeyn. Sie hatte einen Frantzoſen, einen Antiquarium bey ſich, der ſie dirigiret, wie eine Marionette. Indeß iſt mir nicht gebothen, an einem ſolchen Hofe meine fortune zu machen, ich kan ja an einen andern gehen. mann muͤſſe juſtus ſeyn. §. 19. Quær. Was heiſt juſtitia bey einem Hof-Mann? Reſp. andern
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Cap. V.
Chambre, ehe er ſie in Dienſte genommen. Philippus II. hat keinen pro-
moviret, welcher nicht etliche Jahre in ſeinen Dienſten geſtanden. Es
iſt dieſes gut, da kan einer ſehen, was an ihm zu thun iſt. Man findet
bisweilen einen Tiberium, einen Ludovicum XI. einen Herrn der haͤmiſch
iſt. Tacitus ſagt von dem Tiberio: wenn er einem was gutes gethan,
ſo habe er ihm auf der andern Seite wieder was boͤſes zugefuͤgt. Ame-
lot ſagt: An Hofe werde bisweilen eine ſolche Gedult erfordert, wie
Harpago gehabt, als der Aſtiages ihm, ſeine Kinder zu eſſen, aufgeſetzt,
der nicht mercken laſſen, daß es ihm ſchmertzte. Es iſt noͤthig zu diſſi-
muliren. Die diſſimulatio iſt revera hier nichts anders, als patientia.
Man darf nicht dencken, wenn einer meriten hat, daß dieſelben allezeit
belohnet werden. Es hat kein Menſch mehr meriten gehabt, als der
Cardinal Ximenes, welchen doch Ferdinandus Catholicus ſehr gedruͤckt,
er war ein guter Haußhalter, wollte aber kein Geld behalten, ſondern
legte viele Societæten an; Ferdinand aber ſuchte ihn ums Geld zu brin-
gen, und muſte der Ximenes Feſtungen auf ſeine Koſten belagern.
Der Gonſalva hat Ferdinando Neapolis zuwege gebracht, wurde auch
groſſer pomp nach Spanien gebracht, hernach aber muſte er ſich reteriren,
weil er ſo ein groſſer Capitain geweſen. Die Hof-Leute ſind wie die
Planeten, die ihren Schein alle von der Sonne haben, ſie dependiren
alle von ihrem Herrn. Was an dir iſt, ſo muſt du ſuchen merita zu
haben; aber du darffſt nicht dencken, daß deine merita allezeit werden
belohnet werden. Es iſt der Herr nicht allezeit ſage, und wenn er es ja
iſt, ſo hat er Ohren-Blaͤſer. Unter der Koͤnigin Chriſtina obſerviret
man, daß ſie alle Leute, die unter ihren Vater gegolten, nicht æſtimiret.
Den Oxenſtirn, welcher bey ihrem Vater in ſo groſſen Gnaden geſtan-
den, æſtimirte ſie nicht, konnte aber ſeiner nicht uͤberhoben ſeyn. Sie
hatte einen Frantzoſen, einen Antiquarium bey ſich, der ſie dirigiret, wie
eine Marionette. Indeß iſt mir nicht gebothen, an einem ſolchen Hofe
meine fortune zu machen, ich kan ja an einen andern gehen.
§. 19. Quær. Was heiſt juſtitia bey einem Hof-Mann? Reſp.
Es ſind etliche Leute, die ſuchen einen zu ſchaden, ſonderlich haben ſie
ein plaiſir, ſi alteri male ſit: Dieſe obſerviren keine juſtiz, ein ſolch ma-
litieuſes Gemuͤth wird auch nicht hoch fliehen. Derjenige erwirbt ſich
die groͤſten Freunde, welcher nicht angeſprochen wird, und doch einem
einen Dienſt thut, quaſi aliud agendo. Wer von allen Menſchen nicht
wohl redet, will allein herrſchen; allein reich werden, der wird nicht lan-
ge beſtehen. Die Melancholici incliniren ſonderlich ad invidiam bey
einem ambitioſo iſt die invidia nicht ſo groß, der ſucht nur, daß er dem
andern
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