Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia heit geben. Es sind in dem Hobbesio viele gute Dinge: Denn er hatwollen den Populum Anglicanum dadurch abwendig machen, keine De- mocratie einzuführen. Wenn ich meine reflexion richte auf die erste Ur- sache, da ist es im Zuschneiden versehen, daß man die Bedienten lassen zu groß werden. Wenn ein grosser Herr seine Bedienten läßt zu groß werden, so gehet er bald zu Grunde. Es ist offt besser, daß der Herr etwas hart ist. Ludovicus Pius machte bey Lebzeiten seine Söhne zu Königen, die ihm viel Verdruß anthaten. Man hat Exempel, daß Kö- nige durch ihre Bedienten abgesetzet worden. Wir wissen, was die majores domus im Fränckischen Reich vorgenommen, was der Crom- well gethan. Der Hertzog von Guise hat wollen Henricum III. ins Closter sperren, wenn er nicht ums Leben gebracht worden. Die Teut- schen Kayser haben es versehen, daß sie die Hertzoge von Sachsen, Bay- ern etc. groß gemacht, welche ihnen hernach viel Verdrießlichkeit verursachet. Wie Otto M. den Johannem Abbatem Gorziensem als Gesandten an den Sultan nach Cordua geschicket, und der Gesandte viel Wesens gemacht, was Otto M. vor ein weiser und tapfferer Herr wäre, hat der Sultan geant- wortet: Wenn er ein weiser Herr wäre, warum er seine Anverwandten so groß mache? Denn seine Anverwandten haben ihn wollen herunter stossen; Daher er viele Kriege mit ihm führen müssen. Hiervon kan man lesen vitam Johannis Abbatis Gorziensis, welches in des Mabillonii Actis Benedict, stehet. Es ist der Mühe werth, diese reflexion zu lesen. Aus was Ur- sachen hat wohl Hugo Capetus können Franckreich acquiriren. Vid. Lu- dov. Cantarellus Faber de l'origine des Fiefs. Hertius in seiner politic saget: Inopia könne leicht aufgehoben werden, wenn die Leute arbeite- ten. Otium und luxus macht arme Leute. Arme Leute sind gefährliche Leute; Die Armuth machet, daß sie desperat werden, Strassen-Räu- ber abgeben; Da hilfft nichts, man mag ihnen von der Tugend vor- schwatzen, was man will. Da eine Theurung in Rom war, und der Pabst denen Leuten den Seegen mittheilete, sagten sie: Wir bedancken uns, aber gebt uns groß Brodt. Es ist nicht gnug, wenn man sa- get: Labora, sondern man muß auch die Leute ad sobrietatem, frugali- tatem bringen. Wenn auch gleich bisweilen die Leute arbeiten und fru- galiter leben, so nehmen doch etliche Fürsten ihnen alles weg, und ver- fahren crudeliter mit ihnen, welches denn verurfachet, daß sie die Waf- fen ergreiffen. Scipio Gentilis hat einen Tractat de Conjurationibus ge- schrieben, worinnen er gewiesen, daß alle revolutiones entstanden von denen grossen pressuren. Weiß man nun die Gelegenheit, so weiß man auch
Cap. V. De prudentia heit geben. Es ſind in dem Hobbeſio viele gute Dinge: Denn er hatwollen den Populum Anglicanum dadurch abwendig machen, keine De- mocratie einzufuͤhren. Wenn ich meine reflexion richte auf die erſte Ur- ſache, da iſt es im Zuſchneiden verſehen, daß man die Bedienten laſſen zu groß werden. Wenn ein groſſer Herr ſeine Bedienten laͤßt zu groß werden, ſo gehet er bald zu Grunde. Es iſt offt beſſer, daß der Herr etwas hart iſt. Ludovicus Pius machte bey Lebzeiten ſeine Soͤhne zu Koͤnigen, die ihm viel Verdruß anthaten. Man hat Exempel, daß Koͤ- nige durch ihre Bedienten abgeſetzet worden. Wir wiſſen, was die majores domus im Fraͤnckiſchen Reich vorgenommen, was der Crom- well gethan. Der Hertzog von Guiſe hat wollen Henricum III. ins Cloſter ſperren, wenn er nicht ums Leben gebracht worden. Die Teut- ſchen Kayſer haben es verſehen, daß ſie die Hertzoge von Sachſen, Bay- ern ꝛc. groß gemacht, welche ihnen hernach viel Verdrießlichkeit verurſachet. Wie Otto M. den Johannem Abbatem Gorzienſem als Geſandten an den Sultan nach Cordua geſchicket, und der Geſandte viel Weſens gemacht, was Otto M. vor ein weiſer und tapfferer Herr waͤre, hat der Sultan geant- wortet: Wenn er ein weiſer Herr waͤre, warum er ſeine Anverwandten ſo groß mache? Denn ſeine Anverwandten haben ihn wollen herunter ſtoſſen; Daher er viele Kriege mit ihm fuͤhren muͤſſen. Hiervon kan man leſen vitam Johannis Abbatis Gorzienſis, welches in des Mabillonii Actis Benedict, ſtehet. Es iſt der Muͤhe werth, dieſe reflexion zu leſen. Aus was Ur- ſachen hat wohl Hugo Capetus koͤnnen Franckreich acquiriren. Vid. Lu- dov. Cantarellus Faber de l’origine des Fiefs. Hertius in ſeiner politic ſaget: Inopia koͤnne leicht aufgehoben werden, wenn die Leute arbeite- ten. Otium und luxus macht arme Leute. Arme Leute ſind gefaͤhrliche Leute; Die Armuth machet, daß ſie deſperat werden, Straſſen-Raͤu- ber abgeben; Da hilfft nichts, man mag ihnen von der Tugend vor- ſchwatzen, was man will. Da eine Theurung in Rom war, und der Pabſt denen Leuten den Seegen mittheilete, ſagten ſie: Wir bedancken uns, aber gebt uns groß Brodt. Es iſt nicht gnug, wenn man ſa- get: Labora, ſondern man muß auch die Leute ad ſobrietatem, frugali- tatem bringen. Wenn auch gleich bisweilen die Leute arbeiten und fru- galiter leben, ſo nehmen doch etliche Fuͤrſten ihnen alles weg, und ver- fahren crudeliter mit ihnen, welches denn verurfachet, daß ſie die Waf- fen ergreiffen. Scipio Gentilis hat einen Tractat de Conjurationibus ge- ſchrieben, worinnen er gewieſen, daß alle revolutiones entſtanden von denen groſſen preſſuren. Weiß man nun die Gelegenheit, ſo weiß man auch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0456" n="436"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi></hi> V. De prudentia</hi></fw><lb/> heit geben. Es ſind in dem <hi rendition="#aq">Hobbeſio</hi> viele gute Dinge: Denn er hat<lb/> wollen den <hi rendition="#aq">Populum Anglicanum</hi> dadurch abwendig machen, keine <hi rendition="#aq">De-<lb/> mocratie</hi> einzufuͤhren. Wenn ich meine <hi rendition="#aq">reflexion</hi> richte auf die erſte Ur-<lb/> ſache, da iſt es im Zuſchneiden verſehen, daß man die Bedienten laſſen<lb/> zu groß werden. Wenn ein groſſer Herr ſeine Bedienten laͤßt zu groß<lb/> werden, ſo gehet er bald zu Grunde. Es iſt offt beſſer, daß der Herr<lb/> etwas hart iſt. <hi rendition="#aq">Ludovicus Pius</hi> machte bey Lebzeiten ſeine Soͤhne zu<lb/> Koͤnigen, die ihm viel Verdruß anthaten. Man hat Exempel, daß Koͤ-<lb/> nige durch ihre Bedienten abgeſetzet worden. Wir wiſſen, was die<lb/><hi rendition="#aq">majores domus</hi> im Fraͤnckiſchen Reich vorgenommen, was der <hi rendition="#aq">Crom-<lb/> well</hi> gethan. Der Hertzog von <hi rendition="#aq">Guiſe</hi> hat wollen <hi rendition="#aq">Henricum III.</hi> ins<lb/> Cloſter ſperren, wenn er nicht ums Leben gebracht worden. Die Teut-<lb/> ſchen Kayſer haben es verſehen, daß ſie die Hertzoge von Sachſen, Bay-<lb/> ern ꝛc. groß gemacht, welche ihnen hernach viel Verdrießlichkeit verurſachet.<lb/> Wie <hi rendition="#aq">Otto M.</hi> den <hi rendition="#aq">Johannem Abbatem Gorzienſem</hi> als Geſandten an den<lb/> Sultan nach Cordua geſchicket, und der Geſandte viel Weſens gemacht,<lb/> was <hi rendition="#aq">Otto M.</hi> vor ein weiſer und tapfferer Herr waͤre, hat der Sultan geant-<lb/> wortet: Wenn er ein weiſer Herr waͤre, warum er ſeine Anverwandten ſo<lb/> groß mache? Denn ſeine Anverwandten haben ihn wollen herunter ſtoſſen;<lb/> Daher er viele Kriege mit ihm fuͤhren muͤſſen. Hiervon kan man leſen <hi rendition="#aq">vitam<lb/> Johannis Abbatis Gorzienſis,</hi> welches in des <hi rendition="#aq">Mabillonii Actis Benedict,</hi><lb/> ſtehet. Es iſt der Muͤhe werth, dieſe <hi rendition="#aq">reflexion</hi> zu leſen. Aus was Ur-<lb/> ſachen hat wohl <hi rendition="#aq">Hugo Capetus</hi> koͤnnen Franckreich <hi rendition="#aq">acquiri</hi>ren. <hi rendition="#aq">Vid. Lu-<lb/> dov. Cantarellus Faber de l’origine des Fiefs. Hertius</hi> in ſeiner <hi rendition="#aq">politic</hi><lb/> ſaget: <hi rendition="#aq">Inopia</hi> koͤnne leicht aufgehoben werden, wenn die Leute arbeite-<lb/> ten. <hi rendition="#aq">Otium</hi> und <hi rendition="#aq">luxus</hi> macht arme Leute. Arme Leute ſind gefaͤhrliche<lb/> Leute; Die Armuth machet, daß ſie <hi rendition="#aq">deſperat</hi> werden, Straſſen-Raͤu-<lb/> ber abgeben; Da hilfft nichts, man mag ihnen von der Tugend vor-<lb/> ſchwatzen, was man will. Da eine Theurung in Rom war, und der<lb/> Pabſt denen Leuten den Seegen mittheilete, ſagten ſie: Wir bedancken<lb/> uns, aber gebt uns groß Brodt. Es iſt nicht gnug, wenn man ſa-<lb/> get: <hi rendition="#aq">Labora,</hi> ſondern man muß auch die Leute <hi rendition="#aq">ad ſobrietatem, frugali-<lb/> tatem</hi> bringen. Wenn auch gleich bisweilen die Leute arbeiten und <hi rendition="#aq">fru-<lb/> galiter</hi> leben, ſo nehmen doch etliche Fuͤrſten ihnen alles weg, und ver-<lb/> fahren <hi rendition="#aq">crudeliter</hi> mit ihnen, welches denn verurfachet, daß ſie die Waf-<lb/> fen ergreiffen. <hi rendition="#aq">Scipio Gentilis</hi> hat einen <hi rendition="#aq">Tractat de Conjurationibus</hi> ge-<lb/> ſchrieben, worinnen er gewieſen, daß alle <hi rendition="#aq">revolutiones</hi> entſtanden von<lb/> denen groſſen <hi rendition="#aq">preſſur</hi>en. Weiß man nun die Gelegenheit, ſo weiß man<lb/> <fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [436/0456]
Cap. V. De prudentia
heit geben. Es ſind in dem Hobbeſio viele gute Dinge: Denn er hat
wollen den Populum Anglicanum dadurch abwendig machen, keine De-
mocratie einzufuͤhren. Wenn ich meine reflexion richte auf die erſte Ur-
ſache, da iſt es im Zuſchneiden verſehen, daß man die Bedienten laſſen
zu groß werden. Wenn ein groſſer Herr ſeine Bedienten laͤßt zu groß
werden, ſo gehet er bald zu Grunde. Es iſt offt beſſer, daß der Herr
etwas hart iſt. Ludovicus Pius machte bey Lebzeiten ſeine Soͤhne zu
Koͤnigen, die ihm viel Verdruß anthaten. Man hat Exempel, daß Koͤ-
nige durch ihre Bedienten abgeſetzet worden. Wir wiſſen, was die
majores domus im Fraͤnckiſchen Reich vorgenommen, was der Crom-
well gethan. Der Hertzog von Guiſe hat wollen Henricum III. ins
Cloſter ſperren, wenn er nicht ums Leben gebracht worden. Die Teut-
ſchen Kayſer haben es verſehen, daß ſie die Hertzoge von Sachſen, Bay-
ern ꝛc. groß gemacht, welche ihnen hernach viel Verdrießlichkeit verurſachet.
Wie Otto M. den Johannem Abbatem Gorzienſem als Geſandten an den
Sultan nach Cordua geſchicket, und der Geſandte viel Weſens gemacht,
was Otto M. vor ein weiſer und tapfferer Herr waͤre, hat der Sultan geant-
wortet: Wenn er ein weiſer Herr waͤre, warum er ſeine Anverwandten ſo
groß mache? Denn ſeine Anverwandten haben ihn wollen herunter ſtoſſen;
Daher er viele Kriege mit ihm fuͤhren muͤſſen. Hiervon kan man leſen vitam
Johannis Abbatis Gorzienſis, welches in des Mabillonii Actis Benedict,
ſtehet. Es iſt der Muͤhe werth, dieſe reflexion zu leſen. Aus was Ur-
ſachen hat wohl Hugo Capetus koͤnnen Franckreich acquiriren. Vid. Lu-
dov. Cantarellus Faber de l’origine des Fiefs. Hertius in ſeiner politic
ſaget: Inopia koͤnne leicht aufgehoben werden, wenn die Leute arbeite-
ten. Otium und luxus macht arme Leute. Arme Leute ſind gefaͤhrliche
Leute; Die Armuth machet, daß ſie deſperat werden, Straſſen-Raͤu-
ber abgeben; Da hilfft nichts, man mag ihnen von der Tugend vor-
ſchwatzen, was man will. Da eine Theurung in Rom war, und der
Pabſt denen Leuten den Seegen mittheilete, ſagten ſie: Wir bedancken
uns, aber gebt uns groß Brodt. Es iſt nicht gnug, wenn man ſa-
get: Labora, ſondern man muß auch die Leute ad ſobrietatem, frugali-
tatem bringen. Wenn auch gleich bisweilen die Leute arbeiten und fru-
galiter leben, ſo nehmen doch etliche Fuͤrſten ihnen alles weg, und ver-
fahren crudeliter mit ihnen, welches denn verurfachet, daß ſie die Waf-
fen ergreiffen. Scipio Gentilis hat einen Tractat de Conjurationibus ge-
ſchrieben, worinnen er gewieſen, daß alle revolutiones entſtanden von
denen groſſen preſſuren. Weiß man nun die Gelegenheit, ſo weiß man
auch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |