Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia König in Franckreich hat immer Frieden geben wollen, aber wir habenes nicht gethan: Denn er hat die Kunst denen Türcken abgelernet, wel- che, wenn sie profit gehabt, Frieden gemacht; hernach aber, da sie wie- der in positur gewesen, gleich wieder gebrochen. Der König in Franck- reich brach in die Niederlande, darauf machte er Friede; hernach brach er wieder ein, und wollte Frieden machen, aber sie wollten nicht, und ist er auf zwölff Jahr aufgehalten worden. Der letzte Krieg wegen der Spanischen monarchie hat noch länger gewähret. Den Alexandrum M. kan man hier nicht imitiren, welcher Freund und Feind attaquiret, und nimmer wollen Krieg führen. Boileau hat gemeynet, er wäre furiosus gewesen, und hätte meritiret, ins Toll-Hauß gesteckt zu werden. So haben es auch erst alle Teutschen Völcker gemacht, aber das war eben- falls der furor; Ein Enthusiasmus. Die Schweden hätten gerne Frie- den gemacht, ehe noch einmahl der Westphälische Friede geschlossen wor- den, aber der Kayser wollte nicht, weil er sahe, daß er einen desavanta- geusen Frieden bekommen würde. Es würde auch noch nicht seyn Frie- de gemachet worden, wenn nicht der Torstensohn zwey battaillen gewon- nen, und der Königsmarck Prag weggenommen. Quaer. Wenn ein Friede gemachet wird, ob der Victor denen victis soll harte conditiones vorschreiben? Respond. Quod non, er kömmt alsdenn nicht zu seinen Zweck. Es ist ein Brief vorhanden, welchen der Colbert an den Lou- may geschrieben, da reprehendiret er ihn, daß er denen Holländern keinen Frieden geben wollen, da sie doch längst von der alliance können abge- bracht werden. Die Holländer konnten es nicht thun, aber der Laumay hat dem Colbert zum Tort solche conditiones vorgeschrieben. Auf die letzte muste Franckreich doch den Frieden zu Nimwegen machen. Wer Frieden machen will, muß habile negotiateurs haben, davon oben schon gedacht worden. Nicht ein jeder ist darzu geschickt: Er muß keine Ge- nerals, sondern homines legatos schicken: Denn wenn man von Frie- den redet, muß man douce gehen, darum hat Mazarini den Frieden zu St. Jean de Luz selbst geschlossen, weil er die Spanier wollte gewinnen, und dachte, ein andrer möchte etwas versehen. Ein grosser Herr thut nicht wohl, wenn er selbst tractiret, weil viele Gefahr zu fürchten. Gros- se Herren sind so hitzig, impatientes, wir wissen, das Carolus V. und Franciscus I. zusammen kommen, und einen Frieden geschlossen. Aber Franciscus I. befürchtete sich, Carolus V. möchte ihn mit nach Spanien nehmen, und hingegen Carolus V. befürchtete sich, Franciscus möchte ihn mit nach Franckreich nehmen. Sie haben auch nicht einmahl den Frie- den geschlossen, sondern nur mit einander sottisen geschwatzet. Hernach hat
Cap. V. De prudentia Koͤnig in Franckreich hat immer Frieden geben wollen, aber wir habenes nicht gethan: Denn er hat die Kunſt denen Tuͤrcken abgelernet, wel- che, wenn ſie profit gehabt, Frieden gemacht; hernach aber, da ſie wie- der in poſitur geweſen, gleich wieder gebrochen. Der Koͤnig in Franck- reich brach in die Niederlande, darauf machte er Friede; hernach brach er wieder ein, und wollte Frieden machen, aber ſie wollten nicht, und iſt er auf zwoͤlff Jahr aufgehalten worden. Der letzte Krieg wegen der Spaniſchen monarchie hat noch laͤnger gewaͤhret. Den Alexandrum M. kan man hier nicht imitiren, welcher Freund und Feind attaquiret, und nimmer wollen Krieg fuͤhren. Boileau hat gemeynet, er waͤre furioſus geweſen, und haͤtte meritiret, ins Toll-Hauß geſteckt zu werden. So haben es auch erſt alle Teutſchen Voͤlcker gemacht, aber das war eben- falls der furor; Ein Enthuſiasmus. Die Schweden haͤtten gerne Frie- den gemacht, ehe noch einmahl der Weſtphaͤliſche Friede geſchloſſen wor- den, aber der Kayſer wollte nicht, weil er ſahe, daß er einen desavanta- geuſen Frieden bekommen wuͤrde. Es wuͤrde auch noch nicht ſeyn Frie- de gemachet worden, wenn nicht der Torſtenſohn zwey battaillen gewon- nen, und der Königsmarck Prag weggenommen. Quær. Wenn ein Friede gemachet wird, ob der Victor denen victis ſoll harte conditiones vorſchreiben? Reſpond. Quod non, er koͤmmt alsdenn nicht zu ſeinen Zweck. Es iſt ein Brief vorhanden, welchen der Colbert an den Lou- may geſchrieben, da reprehendiret er ihn, daß er denen Hollaͤndern keinen Frieden geben wollen, da ſie doch laͤngſt von der alliance koͤnnen abge- bracht werden. Die Hollaͤnder konnten es nicht thun, aber der Laumay hat dem Colbert zum Tort ſolche conditiones vorgeſchrieben. Auf die letzte muſte Franckreich doch den Frieden zu Nimwegen machen. Wer Frieden machen will, muß habile negotiateurs haben, davon oben ſchon gedacht worden. Nicht ein jeder iſt darzu geſchickt: Er muß keine Ge- nerals, ſondern homines legatos ſchicken: Denn wenn man von Frie- den redet, muß man douce gehen, darum hat Mazarini den Frieden zu St. Jean de Luz ſelbſt geſchloſſen, weil er die Spanier wollte gewinnen, und dachte, ein andrer moͤchte etwas verſehen. Ein groſſer Herr thut nicht wohl, wenn er ſelbſt tractiret, weil viele Gefahr zu fuͤrchten. Groſ- ſe Herren ſind ſo hitzig, impatientes, wir wiſſen, das Carolus V. und Franciſcus I. zuſammen kommen, und einen Frieden geſchloſſen. Aber Franciſcus I. befuͤrchtete ſich, Carolus V. moͤchte ihn mit nach Spanien nehmen, und hingegen Carolus V. befuͤrchtete ſich, Franciſcus moͤchte ihn mit nach Franckreich nehmen. Sie haben auch nicht einmahl den Frie- den geſchloſſen, ſondern nur mit einander ſottiſen geſchwatzet. Hernach hat
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Cap. V. De prudentia
Koͤnig in Franckreich hat immer Frieden geben wollen, aber wir haben
es nicht gethan: Denn er hat die Kunſt denen Tuͤrcken abgelernet, wel-
che, wenn ſie profit gehabt, Frieden gemacht; hernach aber, da ſie wie-
der in poſitur geweſen, gleich wieder gebrochen. Der Koͤnig in Franck-
reich brach in die Niederlande, darauf machte er Friede; hernach brach
er wieder ein, und wollte Frieden machen, aber ſie wollten nicht, und iſt
er auf zwoͤlff Jahr aufgehalten worden. Der letzte Krieg wegen der
Spaniſchen monarchie hat noch laͤnger gewaͤhret. Den Alexandrum M.
kan man hier nicht imitiren, welcher Freund und Feind attaquiret, und
nimmer wollen Krieg fuͤhren. Boileau hat gemeynet, er waͤre furioſus
geweſen, und haͤtte meritiret, ins Toll-Hauß geſteckt zu werden. So
haben es auch erſt alle Teutſchen Voͤlcker gemacht, aber das war eben-
falls der furor; Ein Enthuſiasmus. Die Schweden haͤtten gerne Frie-
den gemacht, ehe noch einmahl der Weſtphaͤliſche Friede geſchloſſen wor-
den, aber der Kayſer wollte nicht, weil er ſahe, daß er einen desavanta-
geuſen Frieden bekommen wuͤrde. Es wuͤrde auch noch nicht ſeyn Frie-
de gemachet worden, wenn nicht der Torſtenſohn zwey battaillen gewon-
nen, und der Königsmarck Prag weggenommen. Quær. Wenn ein
Friede gemachet wird, ob der Victor denen victis ſoll harte conditiones
vorſchreiben? Reſpond. Quod non, er koͤmmt alsdenn nicht zu ſeinen
Zweck. Es iſt ein Brief vorhanden, welchen der Colbert an den Lou-
may geſchrieben, da reprehendiret er ihn, daß er denen Hollaͤndern keinen
Frieden geben wollen, da ſie doch laͤngſt von der alliance koͤnnen abge-
bracht werden. Die Hollaͤnder konnten es nicht thun, aber der Laumay
hat dem Colbert zum Tort ſolche conditiones vorgeſchrieben. Auf die
letzte muſte Franckreich doch den Frieden zu Nimwegen machen. Wer
Frieden machen will, muß habile negotiateurs haben, davon oben ſchon
gedacht worden. Nicht ein jeder iſt darzu geſchickt: Er muß keine Ge-
nerals, ſondern homines legatos ſchicken: Denn wenn man von Frie-
den redet, muß man douce gehen, darum hat Mazarini den Frieden zu
St. Jean de Luz ſelbſt geſchloſſen, weil er die Spanier wollte gewinnen,
und dachte, ein andrer moͤchte etwas verſehen. Ein groſſer Herr thut
nicht wohl, wenn er ſelbſt tractiret, weil viele Gefahr zu fuͤrchten. Groſ-
ſe Herren ſind ſo hitzig, impatientes, wir wiſſen, das Carolus V. und
Franciſcus I. zuſammen kommen, und einen Frieden geſchloſſen. Aber
Franciſcus I. befuͤrchtete ſich, Carolus V. moͤchte ihn mit nach Spanien
nehmen, und hingegen Carolus V. befuͤrchtete ſich, Franciſcus moͤchte ihn
mit nach Franckreich nehmen. Sie haben auch nicht einmahl den Frie-
den geſchloſſen, ſondern nur mit einander ſottiſen geſchwatzet. Hernach
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