Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia storie des Cardinals Mazarini und anderer sehen kan, die Leute klagen,und also wird eine grosse Klugheit erfodert, wenn man es recht einsehen will. Es ist keine Kunst Geld zu machen, aber dieses ist eine Kunst, denen Leuten das Geld so zu nehmen, daß sie es nicht mercken. Bey denen Cammer-Räthen sind unterschiedene Sachen zu observiren, da- von man bey dem Schrödter finden kan, aus welchem es der Law ge- spickt. Von Rechtswegen müssen zwey Collegia von Cameralibus seyn, aus dieser Ursach: Wer ein Cameralis ist, daß er die revenüen be- rechnen und besorgen soll, daß sie nicht abnehmen, der ist was anders als ein solcher, welcher darauf denckt, wie man dieselben vermehren sol- le. Daher ist es gut, wenn man zu jeden a parte Leute hat; Einige, die auf neue revenüen dencken, auf inventa, und machen, daß der Herr was entrepenirt; Andere aber, die auf Rechnung sitzen; Diese letztern entrepeniren nichts, weil Gefahr dabey, und suchen also nur die revenüen zu conserviren; das ist aber nicht genug. Ein grosser Herr muß auch hazardiren, wer nichts wagt, gewinnet auch nichts, deßwegen darff er eben nicht sein gantzes Land, sein gantzes Thresos hazardiren, mit einem Wort, ein grosser Herr muß nicht geitzig seyn, sondern zusehen, ob die- ses oder jenes zu adpliciren. Er muß sich von dem Financier lassen vorraisonniren. So hat es Louis XIV. gemachet, welcher die Gedult gehabt alles anzuhören, sonderlich, da der Colbert bey ihm in grossen Gnaden gestanden. Wenn ein grosser Herr nichts hazardiret, so kommt offt ein anderer, und nimmt ihm den Gewinnst vor dem Maule hinweg. Dieses kan man aus folgendem Exempel sehen: Wie Columbus das project von der neuen Welt gemachet, gieng er nach Portugall, da man ihn nicht hörete, darauf gieng er nach Engeland, aber Henricus VII. war zu geitzig, und wollte nichts hazardiren, welches Verulamius als ei- nen grossen Fehler Henrici VII. angiebet. Darauf gieng er nach Spa- nien zur Isabella. Diese, welche eine kluge Frau war, nahm es gleich an, und weil sie nicht genug Geld hatte, versetzte sie ihre Jubelen, da sie denn ein so herrliches Land acquiriret. Die inventa können ja immer vermehret werden, welches man sehen kan, wenn man etliche hundert Jahre zurück läufft, und comparirt die dasigen inventa mit unsern heu- tigen. Videatur Guido Panzirollus de rebus deperditis, item Georg, Paschius de inventis novo-antiquis. Es gehet nicht an, daß man ein inventum gleich kan in die Höhe bringen, sondern es steiget nach und nach. Wenn man in Dreßden die Büchse betrachtet, welche Berthold Schwartz gemacht, so siehet sie aus wie eine Schlüssel-Büchse, und doch hat solche verursachet, daß man weiter nachgedacht, und vieles hinzu ge-
Cap. V. De prudentia ſtorie des Cardinals Mazarini und anderer ſehen kan, die Leute klagen,und alſo wird eine groſſe Klugheit erfodert, wenn man es recht einſehen will. Es iſt keine Kunſt Geld zu machen, aber dieſes iſt eine Kunſt, denen Leuten das Geld ſo zu nehmen, daß ſie es nicht mercken. Bey denen Cammer-Raͤthen ſind unterſchiedene Sachen zu obſerviren, da- von man bey dem Schrödter finden kan, aus welchem es der Law ge- ſpickt. Von Rechtswegen muͤſſen zwey Collegia von Cameralibus ſeyn, aus dieſer Urſach: Wer ein Cameralis iſt, daß er die revenüen be- rechnen und beſorgen ſoll, daß ſie nicht abnehmen, der iſt was anders als ein ſolcher, welcher darauf denckt, wie man dieſelben vermehren ſol- le. Daher iſt es gut, wenn man zu jeden a parte Leute hat; Einige, die auf neue revenüen dencken, auf inventa, und machen, daß der Herr was entrepenirt; Andere aber, die auf Rechnung ſitzen; Dieſe letztern entrepeniren nichts, weil Gefahr dabey, und ſuchen alſo nur die revenüen zu conſerviren; das iſt aber nicht genug. Ein groſſer Herr muß auch hazardiren, wer nichts wagt, gewinnet auch nichts, deßwegen darff er eben nicht ſein gantzes Land, ſein gantzes Threſos hazardiren, mit einem Wort, ein groſſer Herr muß nicht geitzig ſeyn, ſondern zuſehen, ob die- ſes oder jenes zu adpliciren. Er muß ſich von dem Financier laſſen vorraiſonniren. So hat es Louis XIV. gemachet, welcher die Gedult gehabt alles anzuhoͤren, ſonderlich, da der Colbert bey ihm in groſſen Gnaden geſtanden. Wenn ein groſſer Herr nichts hazardiret, ſo kommt offt ein anderer, und nimmt ihm den Gewinnſt vor dem Maule hinweg. Dieſes kan man aus folgendem Exempel ſehen: Wie Columbus das project von der neuen Welt gemachet, gieng er nach Portugall, da man ihn nicht hoͤrete, darauf gieng er nach Engeland, aber Henricus VII. war zu geitzig, und wollte nichts hazardiren, welches Verulamius als ei- nen groſſen Fehler Henrici VII. angiebet. Darauf gieng er nach Spa- nien zur Iſabella. Dieſe, welche eine kluge Frau war, nahm es gleich an, und weil ſie nicht genug Geld hatte, verſetzte ſie ihre Jubelen, da ſie denn ein ſo herrliches Land acquiriret. Die inventa koͤnnen ja immer vermehret werden, welches man ſehen kan, wenn man etliche hundert Jahre zuruͤck laͤufft, und comparirt die daſigen inventa mit unſern heu- tigen. Videatur Guido Panzirollus de rebus deperditis, item Georg, Paſchius de inventis novo-antiquis. Es gehet nicht an, daß man ein inventum gleich kan in die Hoͤhe bringen, ſondern es ſteiget nach und nach. Wenn man in Dreßden die Buͤchſe betrachtet, welche Berthold Schwartz gemacht, ſo ſiehet ſie aus wie eine Schluͤſſel-Buͤchſe, und doch hat ſolche verurſachet, daß man weiter nachgedacht, und vieles hinzu ge-
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Cap. V. De prudentia
ſtorie des Cardinals Mazarini und anderer ſehen kan, die Leute klagen,
und alſo wird eine groſſe Klugheit erfodert, wenn man es recht einſehen
will. Es iſt keine Kunſt Geld zu machen, aber dieſes iſt eine Kunſt,
denen Leuten das Geld ſo zu nehmen, daß ſie es nicht mercken. Bey
denen Cammer-Raͤthen ſind unterſchiedene Sachen zu obſerviren, da-
von man bey dem Schrödter finden kan, aus welchem es der Law ge-
ſpickt. Von Rechtswegen muͤſſen zwey Collegia von Cameralibus
ſeyn, aus dieſer Urſach: Wer ein Cameralis iſt, daß er die revenüen be-
rechnen und beſorgen ſoll, daß ſie nicht abnehmen, der iſt was anders
als ein ſolcher, welcher darauf denckt, wie man dieſelben vermehren ſol-
le. Daher iſt es gut, wenn man zu jeden a parte Leute hat; Einige,
die auf neue revenüen dencken, auf inventa, und machen, daß der Herr
was entrepenirt; Andere aber, die auf Rechnung ſitzen; Dieſe letztern
entrepeniren nichts, weil Gefahr dabey, und ſuchen alſo nur die revenüen
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hazardiren, wer nichts wagt, gewinnet auch nichts, deßwegen darff er
eben nicht ſein gantzes Land, ſein gantzes Threſos hazardiren, mit einem
Wort, ein groſſer Herr muß nicht geitzig ſeyn, ſondern zuſehen, ob die-
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vorraiſonniren. So hat es Louis XIV. gemachet, welcher die Gedult
gehabt alles anzuhoͤren, ſonderlich, da der Colbert bey ihm in groſſen
Gnaden geſtanden. Wenn ein groſſer Herr nichts hazardiret, ſo kommt
offt ein anderer, und nimmt ihm den Gewinnſt vor dem Maule hinweg.
Dieſes kan man aus folgendem Exempel ſehen: Wie Columbus das
project von der neuen Welt gemachet, gieng er nach Portugall, da man
ihn nicht hoͤrete, darauf gieng er nach Engeland, aber Henricus VII.
war zu geitzig, und wollte nichts hazardiren, welches Verulamius als ei-
nen groſſen Fehler Henrici VII. angiebet. Darauf gieng er nach Spa-
nien zur Iſabella. Dieſe, welche eine kluge Frau war, nahm es gleich
an, und weil ſie nicht genug Geld hatte, verſetzte ſie ihre Jubelen, da ſie
denn ein ſo herrliches Land acquiriret. Die inventa koͤnnen ja immer
vermehret werden, welches man ſehen kan, wenn man etliche hundert
Jahre zuruͤck laͤufft, und comparirt die daſigen inventa mit unſern heu-
tigen. Videatur Guido Panzirollus de rebus deperditis, item Georg,
Paſchius de inventis novo-antiquis. Es gehet nicht an, daß man ein
inventum gleich kan in die Hoͤhe bringen, ſondern es ſteiget nach und
nach. Wenn man in Dreßden die Buͤchſe betrachtet, welche Berthold
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