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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
Taille de France, worinnen artige observationes hievon: Denn der Kö-
nig in Franckreich hat das Verpachten erst aufgebracht. Dieser Autor
saget: Man würde sehen, daß das Korn vom Boden käme, und brauch-
te man es zum Brandtewein und zu der Vieh-Mastung; Denn da ein
Amtmann viel geben muß, so sucht er allerhand Künste sein Geld wieder
heraus zu bringen. Was der Brandtewein und die Vieh-Mastung vor
Korn wegnimmt, ist nicht zu sagen. Hier ist ein gutes Land, und wenn
wir ein Jahr sollten Mißwachs haben, würde man doch sehen, daß es
am Korne fehlete, da doch keine Abfuhre ist. Also muß es doch wo an-
ders hinkommen. Dicis: wenn es wohlfeil ist, so sind viel Tage-Die-
be. Es ist wohl wahr, aber es kommt alsdenn nur auf den Herrn an,
daß er die Leute encouragiret, und keine Tage-Diebe leidet. Man ist
mehrentheils zu glimpflich hier, wenn ein Mädgen nur etwas hat, daß
sie sich kan behelffen, so will sie nicht dienen, und faullentzet. Hergegen
an andern Orten siehet man zu: Ist einer von extraction und hat reve-
en, so läßt man ihn vor sich leben; Hergegen ist einer nicht von ex-
traction,
so muß er dociren, womit er sich nähren will, da wird er an-
gehalten, entweder zu dienen, oder in das Zucht-Hauß zu gehen. Der
Handwercks-Mann aber hat Vortheil, wenn es wohlfeil ist, daß kan
man daraus sehen, sonst ist viel Wolle aus denen hiesigen Landen nach
Meissen kommen, und die Meißner haben ihre Wolle nach der Schweitz
verkaufft, welches auch noch jetzo geschiehet. Da nun im hiesigen Lande
verbothen wurde, Wolle auszuführen, so konnten sie in Meissen keine
wohlfeile Tücher mehr machen, daher sind viele Tuchmacher zu uns her-
über kommen, hier aber ist die Wolle wohlfeil und fabriciret man Tü-
cher um ein Spott-Geld, das thut also Sachsen grossen Schaden, wel-
ches man anfangs nicht observiret.

Von Acade-
mi
en.

§. 9. Academien werden auch mit unter die modos divitiarum ge-
rechnet; und ist es ein modus augendi pecuniam principis. Man darff
aber nicht dencken, daß dieses der primarius sinis, sondern der primarius
finis
bestehet darinnen, ut scientia, sapientia, ars, virtus promoveatur.
Indessen, da man darauf dencket, das Land zu peupliren, so siehet man
leicht, daß es per academicas geschehen kan. Vor diesen hat man hier
zusammen gerechnet, was die hiesigen Saltzwercke abgeworffen, da man
denn gefunden, daß hundert und zwantzig tausend Thaler übrig bleiben,
de ductis deducendis. Ehe die jetzige Verordnung gemachet worden, so
wollte einer des Königes revenüen vom Pfannwerck pachten, da er denn
alles überschlagen, und nicht mehr als hundert und zwantzig tausend Tha-
ler heraus gebracht; die gantze Stadt hat davon gelebt, und hat man

dieses

Cap. V. De prudentia
Taille de France, worinnen artige obſervationes hievon: Denn der Koͤ-
nig in Franckreich hat das Verpachten erſt aufgebracht. Dieſer Autor
ſaget: Man wuͤrde ſehen, daß das Korn vom Boden kaͤme, und brauch-
te man es zum Brandtewein und zu der Vieh-Maſtung; Denn da ein
Amtmann viel geben muß, ſo ſucht er allerhand Kuͤnſte ſein Geld wieder
heraus zu bringen. Was der Brandtewein und die Vieh-Maſtung vor
Korn wegnimmt, iſt nicht zu ſagen. Hier iſt ein gutes Land, und wenn
wir ein Jahr ſollten Mißwachs haben, wuͤrde man doch ſehen, daß es
am Korne fehlete, da doch keine Abfuhre iſt. Alſo muß es doch wo an-
ders hinkommen. Dicis: wenn es wohlfeil iſt, ſo ſind viel Tage-Die-
be. Es iſt wohl wahr, aber es kommt alsdenn nur auf den Herrn an,
daß er die Leute encouragiret, und keine Tage-Diebe leidet. Man iſt
mehrentheils zu glimpflich hier, wenn ein Maͤdgen nur etwas hat, daß
ſie ſich kan behelffen, ſo will ſie nicht dienen, und faullentzet. Hergegen
an andern Orten ſiehet man zu: Iſt einer von extraction und hat reve-
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traction,
ſo muß er dociren, womit er ſich naͤhren will, da wird er an-
gehalten, entweder zu dienen, oder in das Zucht-Hauß zu gehen. Der
Handwercks-Mann aber hat Vortheil, wenn es wohlfeil iſt, daß kan
man daraus ſehen, ſonſt iſt viel Wolle aus denen hieſigen Landen nach
Meiſſen kommen, und die Meißner haben ihre Wolle nach der Schweitz
verkaufft, welches auch noch jetzo geſchiehet. Da nun im hieſigen Lande
verbothen wurde, Wolle auszufuͤhren, ſo konnten ſie in Meiſſen keine
wohlfeile Tuͤcher mehr machen, daher ſind viele Tuchmacher zu uns her-
uͤber kommen, hier aber iſt die Wolle wohlfeil und fabriciret man Tuͤ-
cher um ein Spott-Geld, das thut alſo Sachſen groſſen Schaden, wel-
ches man anfangs nicht obſerviret.

Von Acade-
mi
en.

§. 9. Academien werden auch mit unter die modos divitiarum ge-
rechnet; und iſt es ein modus augendi pecuniam principis. Man darff
aber nicht dencken, daß dieſes der primarius ſinis, ſondern der primarius
finis
beſtehet darinnen, ut ſcientia, ſapientia, ars, virtus promoveatur.
Indeſſen, da man darauf dencket, das Land zu peupliren, ſo ſiehet man
leicht, daß es per academicas geſchehen kan. Vor dieſen hat man hier
zuſammen gerechnet, was die hieſigen Saltzwercke abgeworffen, da man
denn gefunden, daß hundert und zwantzig tauſend Thaler uͤbrig bleiben,
de ductis deducendis. Ehe die jetzige Verordnung gemachet worden, ſo
wollte einer des Koͤniges revenüen vom Pfannwerck pachten, da er denn
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[290/0310] Cap. V. De prudentia Taille de France, worinnen artige obſervationes hievon: Denn der Koͤ- nig in Franckreich hat das Verpachten erſt aufgebracht. Dieſer Autor ſaget: Man wuͤrde ſehen, daß das Korn vom Boden kaͤme, und brauch- te man es zum Brandtewein und zu der Vieh-Maſtung; Denn da ein Amtmann viel geben muß, ſo ſucht er allerhand Kuͤnſte ſein Geld wieder heraus zu bringen. Was der Brandtewein und die Vieh-Maſtung vor Korn wegnimmt, iſt nicht zu ſagen. Hier iſt ein gutes Land, und wenn wir ein Jahr ſollten Mißwachs haben, wuͤrde man doch ſehen, daß es am Korne fehlete, da doch keine Abfuhre iſt. Alſo muß es doch wo an- ders hinkommen. Dicis: wenn es wohlfeil iſt, ſo ſind viel Tage-Die- be. Es iſt wohl wahr, aber es kommt alsdenn nur auf den Herrn an, daß er die Leute encouragiret, und keine Tage-Diebe leidet. Man iſt mehrentheils zu glimpflich hier, wenn ein Maͤdgen nur etwas hat, daß ſie ſich kan behelffen, ſo will ſie nicht dienen, und faullentzet. Hergegen an andern Orten ſiehet man zu: Iſt einer von extraction und hat reve- nüen, ſo laͤßt man ihn vor ſich leben; Hergegen iſt einer nicht von ex- traction, ſo muß er dociren, womit er ſich naͤhren will, da wird er an- gehalten, entweder zu dienen, oder in das Zucht-Hauß zu gehen. Der Handwercks-Mann aber hat Vortheil, wenn es wohlfeil iſt, daß kan man daraus ſehen, ſonſt iſt viel Wolle aus denen hieſigen Landen nach Meiſſen kommen, und die Meißner haben ihre Wolle nach der Schweitz verkaufft, welches auch noch jetzo geſchiehet. Da nun im hieſigen Lande verbothen wurde, Wolle auszufuͤhren, ſo konnten ſie in Meiſſen keine wohlfeile Tuͤcher mehr machen, daher ſind viele Tuchmacher zu uns her- uͤber kommen, hier aber iſt die Wolle wohlfeil und fabriciret man Tuͤ- cher um ein Spott-Geld, das thut alſo Sachſen groſſen Schaden, wel- ches man anfangs nicht obſerviret. §. 9. Academien werden auch mit unter die modos divitiarum ge- rechnet; und iſt es ein modus augendi pecuniam principis. Man darff aber nicht dencken, daß dieſes der primarius ſinis, ſondern der primarius finis beſtehet darinnen, ut ſcientia, ſapientia, ars, virtus promoveatur. Indeſſen, da man darauf dencket, das Land zu peupliren, ſo ſiehet man leicht, daß es per academicas geſchehen kan. Vor dieſen hat man hier zuſammen gerechnet, was die hieſigen Saltzwercke abgeworffen, da man denn gefunden, daß hundert und zwantzig tauſend Thaler uͤbrig bleiben, de ductis deducendis. Ehe die jetzige Verordnung gemachet worden, ſo wollte einer des Koͤniges revenüen vom Pfannwerck pachten, da er denn alles uͤberſchlagen, und nicht mehr als hundert und zwantzig tauſend Tha- ler heraus gebracht; die gantze Stadt hat davon gelebt, und hat man dieſes

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/310>, abgerufen am 27.11.2024.