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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
selben auch verpachtet, aber in andern Landen haben sie es noch nicht
thun wollen, und weiß ich, daß ein Herr gesagt hat, wenn man alles
verpachten wolle, so könnte er hernach kein Wildpret und andere Sa-
chen mehr haben. Allein, so viel ein Herr braucht, kan er ja wohl mit ein-
dingen. Also ist kein Zweiffel, daß die Pachtungen grossen Nutzen ha-
ben; Aber was die Erb-Pächte betrifft, so ist in hiesigen Landen sehr
disputiret worden, es hat auch einer müssen in arrest gehen, welcher da-
wider geschrieben, sonst ist auch hier eine dissertation vom Erb-Pacht
gehalten worden, worinnen zwar wohl gewiesen ist, was der Erb-Pacht
nicht sey, aber was er eigentlich sey, findet man nicht. Es sind freylich
etliche kleine differentiolae ratione emphyteuseos; in der That aber ist es
nichts anders, als eine emphyteusis variis pactis limitata. In einigen
Stücken ist der Erb-Pacht gut; aber in andern Stücken hingegen hat
er auch viele incommoda bey sich. Denn gesetzt nun ein Müller, wel-
cher sonst eine Mühle gehabt Pacht-weise, bekäme sie nun in Erb-Pacht,
so würde er eher suchen, die Sache zu melioriren, weil er wüste, daß sol-
che auf seine Kinder käme, würde auch prompt seyn, den canonem zu
zahlen. Die Erb-Stands-Gelder, welche etliche Millionen überhaupt
ausmachten, könnte ein Herr auch lucriren. Andere aber haben wider
den Erb-Pacht vieles beygebracht, und ist kein Zweiffel, daß man so wohl
bey dem Zeit- als Erb-Pacht kan commoda und incommoda anführen.
Was wider den Erb-Pacht gesagt wird, bestehet darinnen: Ein Herr
könnte alsdenn seine revenüen nicht erhöhen, weil es erblich, und was
einmahl gesetzt wäre, müsse da bleiben. Wer wollte aber dem Herrn
rathen, sagen sie, daß er seine revenüen und reditus auf einmahl sollte
figiren, so daß dieselben nimmermehr könnten vermehret werden. Da-
hingegen bey dem Zeit-Pacht die revenüen immer steigen könnten. Man
sähe, daß ein Guth, welches sonst sechs tausend Thaler jährlich Pacht
getragen, trage nunmehro wohl zwölff tausend Thaler, hierauf antwor-
tet man aber: Der Herr habe ja die Erb-Stands-Gelder, wodurch er
den Schaden könne ersetzen; er könnte entweder das Geld auslehnen,
oder andere Güther davor kauffen, denn es giebt immer was zu kauffen.
Nur das eintzige hat sich geäussert; Mancher Erb-Pachter übernimmt
einen grossen canonem, durch die Erb-Stands-Gelder hat er sich ent-
blößt, das hat verursacht, daß einige davon gelauffen, und die Güther
stehen gelassen; Allein dieses kömmt per accidens, und ist ein Anzeigen,
daß der Kerl kein guter Hauß-Vater gewesen, da finden sich auch leicht
andere, so das Guth annehmen. Wenn ja ein Kerl übersetzt ist, so kan
man ja etwas nachlassen. Alle die raisons also, welche wider dem Erb-

Pacht

Cap. V. De prudentia
ſelben auch verpachtet, aber in andern Landen haben ſie es noch nicht
thun wollen, und weiß ich, daß ein Herr geſagt hat, wenn man alles
verpachten wolle, ſo koͤnnte er hernach kein Wildpret und andere Sa-
chen mehr haben. Allein, ſo viel ein Herr braucht, kan er ja wohl mit ein-
dingen. Alſo iſt kein Zweiffel, daß die Pachtungen groſſen Nutzen ha-
ben; Aber was die Erb-Paͤchte betrifft, ſo iſt in hieſigen Landen ſehr
diſputiret worden, es hat auch einer muͤſſen in arreſt gehen, welcher da-
wider geſchrieben, ſonſt iſt auch hier eine diſſertation vom Erb-Pacht
gehalten worden, worinnen zwar wohl gewieſen iſt, was der Erb-Pacht
nicht ſey, aber was er eigentlich ſey, findet man nicht. Es ſind freylich
etliche kleine differentiolæ ratione emphyteuſeos; in der That aber iſt es
nichts anders, als eine emphyteuſis variis pactis limitata. In einigen
Stuͤcken iſt der Erb-Pacht gut; aber in andern Stuͤcken hingegen hat
er auch viele incommoda bey ſich. Denn geſetzt nun ein Muͤller, wel-
cher ſonſt eine Muͤhle gehabt Pacht-weiſe, bekaͤme ſie nun in Erb-Pacht,
ſo wuͤrde er eher ſuchen, die Sache zu melioriren, weil er wuͤſte, daß ſol-
che auf ſeine Kinder kaͤme, wuͤrde auch prompt ſeyn, den canonem zu
zahlen. Die Erb-Stands-Gelder, welche etliche Millionen uͤberhaupt
ausmachten, koͤnnte ein Herr auch lucriren. Andere aber haben wider
den Erb-Pacht vieles beygebracht, und iſt kein Zweiffel, daß man ſo wohl
bey dem Zeit- als Erb-Pacht kan commoda und incommoda anfuͤhren.
Was wider den Erb-Pacht geſagt wird, beſtehet darinnen: Ein Herr
koͤnnte alsdenn ſeine revenüen nicht erhoͤhen, weil es erblich, und was
einmahl geſetzt waͤre, muͤſſe da bleiben. Wer wollte aber dem Herrn
rathen, ſagen ſie, daß er ſeine revenüen und reditus auf einmahl ſollte
figiren, ſo daß dieſelben nimmermehr koͤnnten vermehret werden. Da-
hingegen bey dem Zeit-Pacht die revenüen immer ſteigen koͤnnten. Man
ſaͤhe, daß ein Guth, welches ſonſt ſechs tauſend Thaler jaͤhrlich Pacht
getragen, trage nunmehro wohl zwoͤlff tauſend Thaler, hierauf antwor-
tet man aber: Der Herr habe ja die Erb-Stands-Gelder, wodurch er
den Schaden koͤnne erſetzen; er koͤnnte entweder das Geld auslehnen,
oder andere Guͤther davor kauffen, denn es giebt immer was zu kauffen.
Nur das eintzige hat ſich geaͤuſſert; Mancher Erb-Pachter uͤbernimmt
einen groſſen canonem, durch die Erb-Stands-Gelder hat er ſich ent-
bloͤßt, das hat verurſacht, daß einige davon gelauffen, und die Guͤther
ſtehen gelaſſen; Allein dieſes koͤmmt per accidens, und iſt ein Anzeigen,
daß der Kerl kein guter Hauß-Vater geweſen, da finden ſich auch leicht
andere, ſo das Guth annehmen. Wenn ja ein Kerl uͤberſetzt iſt, ſo kan
man ja etwas nachlaſſen. Alle die raiſons alſo, welche wider dem Erb-

Pacht
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[288/0308] Cap. V. De prudentia ſelben auch verpachtet, aber in andern Landen haben ſie es noch nicht thun wollen, und weiß ich, daß ein Herr geſagt hat, wenn man alles verpachten wolle, ſo koͤnnte er hernach kein Wildpret und andere Sa- chen mehr haben. Allein, ſo viel ein Herr braucht, kan er ja wohl mit ein- dingen. Alſo iſt kein Zweiffel, daß die Pachtungen groſſen Nutzen ha- ben; Aber was die Erb-Paͤchte betrifft, ſo iſt in hieſigen Landen ſehr diſputiret worden, es hat auch einer muͤſſen in arreſt gehen, welcher da- wider geſchrieben, ſonſt iſt auch hier eine diſſertation vom Erb-Pacht gehalten worden, worinnen zwar wohl gewieſen iſt, was der Erb-Pacht nicht ſey, aber was er eigentlich ſey, findet man nicht. Es ſind freylich etliche kleine differentiolæ ratione emphyteuſeos; in der That aber iſt es nichts anders, als eine emphyteuſis variis pactis limitata. In einigen Stuͤcken iſt der Erb-Pacht gut; aber in andern Stuͤcken hingegen hat er auch viele incommoda bey ſich. Denn geſetzt nun ein Muͤller, wel- cher ſonſt eine Muͤhle gehabt Pacht-weiſe, bekaͤme ſie nun in Erb-Pacht, ſo wuͤrde er eher ſuchen, die Sache zu melioriren, weil er wuͤſte, daß ſol- che auf ſeine Kinder kaͤme, wuͤrde auch prompt ſeyn, den canonem zu zahlen. Die Erb-Stands-Gelder, welche etliche Millionen uͤberhaupt ausmachten, koͤnnte ein Herr auch lucriren. Andere aber haben wider den Erb-Pacht vieles beygebracht, und iſt kein Zweiffel, daß man ſo wohl bey dem Zeit- als Erb-Pacht kan commoda und incommoda anfuͤhren. Was wider den Erb-Pacht geſagt wird, beſtehet darinnen: Ein Herr koͤnnte alsdenn ſeine revenüen nicht erhoͤhen, weil es erblich, und was einmahl geſetzt waͤre, muͤſſe da bleiben. Wer wollte aber dem Herrn rathen, ſagen ſie, daß er ſeine revenüen und reditus auf einmahl ſollte figiren, ſo daß dieſelben nimmermehr koͤnnten vermehret werden. Da- hingegen bey dem Zeit-Pacht die revenüen immer ſteigen koͤnnten. Man ſaͤhe, daß ein Guth, welches ſonſt ſechs tauſend Thaler jaͤhrlich Pacht getragen, trage nunmehro wohl zwoͤlff tauſend Thaler, hierauf antwor- tet man aber: Der Herr habe ja die Erb-Stands-Gelder, wodurch er den Schaden koͤnne erſetzen; er koͤnnte entweder das Geld auslehnen, oder andere Guͤther davor kauffen, denn es giebt immer was zu kauffen. Nur das eintzige hat ſich geaͤuſſert; Mancher Erb-Pachter uͤbernimmt einen groſſen canonem, durch die Erb-Stands-Gelder hat er ſich ent- bloͤßt, das hat verurſacht, daß einige davon gelauffen, und die Guͤther ſtehen gelaſſen; Allein dieſes koͤmmt per accidens, und iſt ein Anzeigen, daß der Kerl kein guter Hauß-Vater geweſen, da finden ſich auch leicht andere, ſo das Guth annehmen. Wenn ja ein Kerl uͤberſetzt iſt, ſo kan man ja etwas nachlaſſen. Alle die raiſons alſo, welche wider dem Erb- Pacht

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/308>, abgerufen am 27.11.2024.