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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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status circa aerarium, tributa & vectigalia.
durch diese Sachen hat der König Millionen erworben, und sich können
souteniren. Es ist kein Zweiffel, wer es kan so einrichten, der thut nicht
übel, und hat er nur nöthig, daß er von seinen Leuten immer Rechnung
verlanget, damit keine Betrügereyen können vorgehen. In Indien ist
es eben so, daß die Könige handeln. Aber da ist es eine andere Sa-
che, da sind alle Arbeits-Leute Sclaven, und obligirt zu arbeiten pro
domino,
als wie es ist in dem Reiche des grossen Moguls. Das kan
man aber in Europa nicht practiciren; denn da sind die Leute keine Scla-
ven. Man kan hier auch den Czaar betrachten, welcher ebenfalls ein
grosser monopola. Der Czaar hat auch solche Sachen, worinnen er
kan ein monopolium exerciren. Er hat die Juchten, welche ihm alle
vor ein gewisses Geld müssen verkauffet werden, die verkauffet er her-
nach wieder, und macht einen grossen profit, weil niemand sonst in Eu-
ropa capable ist, solch Juchten nachzumachen. Es ist in Moscau eine
despotische Regierung, da hat es gar leicht geschehen können, daß man
die Unterthanen darzu verbunden. Wer kein Gerber seyn will, kan
was anders lernen, es sind aber doch solche Leute genug daselbst; der
Czaar hat auch das Zobel-monopolium; denn Zobelfänger ist keine
profession, daher kan sich kein Mensch beschweren. Wenn auch in
Moscau Grand-Seigneurs seyn, so in ihren Landen Zobel finden, die
müssen doch solche dem Czaar liefern. Rhabarbarum hat auch der
Czaar allein, und wächset an dem Flusse VVolga, welcher vor diesem
Rha geheissen, die Römer haben es Rhabarbarum genennet, weil es ex
Barbaria
kommen. Der Czaar giebt es wohlseil, dahingegen das In-
dianische Rhabarbarum theuer ist. So ein Kraut kan sich ja ein Herr
appropriiren. Die Chinäsischen Kayser haben auch grossen profit mit
denen Kräutern. So hat auch der Czaar den Toback, welcher vor
diesem in Moscau verbothen gewesen, weil viel Unglück daher entstan-
den, da die Leute das Feuer nicht in acht nehmen, aber jetzo ist er wie-
der zugelassen. Dieses gehet noch alles an; Aber das ist extravagant,
wenn der Czaar Zölle, Schencken in seinem Lande an sich gezogen, und
dieselben verleget mit Wein und andern Geträncke. Das ist von vie-
len seculis her in Moscau üblich gewesen, und muß es unsägliche Sum-
men eintragen, wenn recht eingegeben wird. Eigentlich ist es kein re-
gale,
wenn der Herr alle esculenta und potulenta verkauffen will.
Wenn man aber den abusum ansiehet, so wäre bisweilen gut, daß es
der Herr annähme, da würden die Leute besser versorget werden, und
nicht Wasser vor Bier trincken dürffen. Man weiß, was vor Betrü-
gereyen vorgehen, welche nur vitam injucundam verursachen, und einen

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ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia.
durch dieſe Sachen hat der Koͤnig Millionen erworben, und ſich koͤnnen
ſouteniren. Es iſt kein Zweiffel, wer es kan ſo einrichten, der thut nicht
uͤbel, und hat er nur noͤthig, daß er von ſeinen Leuten immer Rechnung
verlanget, damit keine Betruͤgereyen koͤnnen vorgehen. In Indien iſt
es eben ſo, daß die Koͤnige handeln. Aber da iſt es eine andere Sa-
che, da ſind alle Arbeits-Leute Sclaven, und obligirt zu arbeiten pro
domino,
als wie es iſt in dem Reiche des groſſen Moguls. Das kan
man aber in Europa nicht practiciren; denn da ſind die Leute keine Scla-
ven. Man kan hier auch den Czaar betrachten, welcher ebenfalls ein
groſſer monopola. Der Czaar hat auch ſolche Sachen, worinnen er
kan ein monopolium exerciren. Er hat die Juchten, welche ihm alle
vor ein gewiſſes Geld muͤſſen verkauffet werden, die verkauffet er her-
nach wieder, und macht einen groſſen profit, weil niemand ſonſt in Eu-
ropa capable iſt, ſolch Juchten nachzumachen. Es iſt in Moſcau eine
deſpotiſche Regierung, da hat es gar leicht geſchehen koͤnnen, daß man
die Unterthanen darzu verbunden. Wer kein Gerber ſeyn will, kan
was anders lernen, es ſind aber doch ſolche Leute genug daſelbſt; der
Czaar hat auch das Zobel-monopolium; denn Zobelfaͤnger iſt keine
profeſſion, daher kan ſich kein Menſch beſchweren. Wenn auch in
Moſcau Grand-Seigneurs ſeyn, ſo in ihren Landen Zobel finden, die
muͤſſen doch ſolche dem Czaar liefern. Rhabarbarum hat auch der
Czaar allein, und waͤchſet an dem Fluſſe VVolga, welcher vor dieſem
Rha geheiſſen, die Roͤmer haben es Rhabarbarum genennet, weil es ex
Barbaria
kommen. Der Czaar giebt es wohlſeil, dahingegen das In-
dianiſche Rhabarbarum theuer iſt. So ein Kraut kan ſich ja ein Herr
appropriiren. Die Chinaͤſiſchen Kayſer haben auch groſſen profit mit
denen Kraͤutern. So hat auch der Czaar den Toback, welcher vor
dieſem in Moſcau verbothen geweſen, weil viel Ungluͤck daher entſtan-
den, da die Leute das Feuer nicht in acht nehmen, aber jetzo iſt er wie-
der zugelaſſen. Dieſes gehet noch alles an; Aber das iſt extravagant,
wenn der Czaar Zoͤlle, Schencken in ſeinem Lande an ſich gezogen, und
dieſelben verleget mit Wein und andern Getraͤncke. Das iſt von vie-
len ſeculis her in Moſcau uͤblich geweſen, und muß es unſaͤgliche Sum-
men eintragen, wenn recht eingegeben wird. Eigentlich iſt es kein re-
gale,
wenn der Herr alle eſculenta und potulenta verkauffen will.
Wenn man aber den abuſum anſiehet, ſo waͤre bisweilen gut, daß es
der Herr annaͤhme, da wuͤrden die Leute beſſer verſorget werden, und
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gereyen vorgehen, welche nur vitam injucundam verurſachen, und einen

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[283/0303] ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia. durch dieſe Sachen hat der Koͤnig Millionen erworben, und ſich koͤnnen ſouteniren. Es iſt kein Zweiffel, wer es kan ſo einrichten, der thut nicht uͤbel, und hat er nur noͤthig, daß er von ſeinen Leuten immer Rechnung verlanget, damit keine Betruͤgereyen koͤnnen vorgehen. In Indien iſt es eben ſo, daß die Koͤnige handeln. Aber da iſt es eine andere Sa- che, da ſind alle Arbeits-Leute Sclaven, und obligirt zu arbeiten pro domino, als wie es iſt in dem Reiche des groſſen Moguls. Das kan man aber in Europa nicht practiciren; denn da ſind die Leute keine Scla- ven. Man kan hier auch den Czaar betrachten, welcher ebenfalls ein groſſer monopola. Der Czaar hat auch ſolche Sachen, worinnen er kan ein monopolium exerciren. Er hat die Juchten, welche ihm alle vor ein gewiſſes Geld muͤſſen verkauffet werden, die verkauffet er her- nach wieder, und macht einen groſſen profit, weil niemand ſonſt in Eu- ropa capable iſt, ſolch Juchten nachzumachen. Es iſt in Moſcau eine deſpotiſche Regierung, da hat es gar leicht geſchehen koͤnnen, daß man die Unterthanen darzu verbunden. Wer kein Gerber ſeyn will, kan was anders lernen, es ſind aber doch ſolche Leute genug daſelbſt; der Czaar hat auch das Zobel-monopolium; denn Zobelfaͤnger iſt keine profeſſion, daher kan ſich kein Menſch beſchweren. Wenn auch in Moſcau Grand-Seigneurs ſeyn, ſo in ihren Landen Zobel finden, die muͤſſen doch ſolche dem Czaar liefern. Rhabarbarum hat auch der Czaar allein, und waͤchſet an dem Fluſſe VVolga, welcher vor dieſem Rha geheiſſen, die Roͤmer haben es Rhabarbarum genennet, weil es ex Barbaria kommen. Der Czaar giebt es wohlſeil, dahingegen das In- dianiſche Rhabarbarum theuer iſt. So ein Kraut kan ſich ja ein Herr appropriiren. Die Chinaͤſiſchen Kayſer haben auch groſſen profit mit denen Kraͤutern. So hat auch der Czaar den Toback, welcher vor dieſem in Moſcau verbothen geweſen, weil viel Ungluͤck daher entſtan- den, da die Leute das Feuer nicht in acht nehmen, aber jetzo iſt er wie- der zugelaſſen. Dieſes gehet noch alles an; Aber das iſt extravagant, wenn der Czaar Zoͤlle, Schencken in ſeinem Lande an ſich gezogen, und dieſelben verleget mit Wein und andern Getraͤncke. Das iſt von vie- len ſeculis her in Moſcau uͤblich geweſen, und muß es unſaͤgliche Sum- men eintragen, wenn recht eingegeben wird. Eigentlich iſt es kein re- gale, wenn der Herr alle eſculenta und potulenta verkauffen will. Wenn man aber den abuſum anſiehet, ſo waͤre bisweilen gut, daß es der Herr annaͤhme, da wuͤrden die Leute beſſer verſorget werden, und nicht Waſſer vor Bier trincken duͤrffen. Man weiß, was vor Betruͤ- gereyen vorgehen, welche nur vitam injucundam verurſachen, und einen um N n 2

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/303>, abgerufen am 24.11.2024.