Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia gen, welche dem Pöbel nichts schaden, wenn der Fürst sie an sich ziehet;Was von dem point d'honneur gesagt wird, das ist nichts, denn alle äusserliche opinio honoris dependiret vom Landes-Fürsten; das kan er freylich nicht machen, daß dasjenige, was tugendhafft ist, als laster- hafft angesehen wird, & vice versa; Aber was äusserliche Ehre bringet, das kan er allezeit machen, wie er will. Was er thut, das thun ande- re, und was er ehret, ehren auch andere. Was sind nun aber das vor Dinge, so sich ein Herr impatroniren kan? Wir wollen das Königreich Portugall erst consideriren; die Portugiesen sind sehr herunter kommen, durch das Spanische Regiment Philippi II. III. & IV. Sie haben in Spanien recht darauf gesonnen, wie sie denen Portugiesen allen Reich- thum, Schiffe, artillerie entziehen möchten. Wie nun der Hertzog von Braganza, Johannes IV. auf den Thron stieg, so war in Portugall kein Geld, das aerarium war ausgeleeret; daher dachten die Portugiesen dar- auf, ihrem Könige neue revenüen zu schaffen. Neue imposten aufzule- gen, war nicht rathsam, weil die imposten in Portugall schon zu groß waren, daß, wenn man sie nur um einen Pfennig vermehren wollen, würden die Leute gemurret haben, welches alle diejenigen observiren, so von Portugall geschrieben haben. Videatur Schmaus in seinem Staat von Portugall in zwey Bänden in octavo, welches ein treffliches Buch. Deßwegen dachten sie darauf, dem König monopolia zu verschaffen, welches denen Portugiesen was leichtes war, weil sie ein grosses com- mercium nach Brasilien, Africa und Ost-Indien haben, man sagte: Was thut es denen privat-Leuten, wenn der König das monopolium hat mit denen Elephanten-Zähnen. Niemand aber hat mehr Gelegen- heit Elephanten-Zähne zu bekommen, als die Portugiesen, weil sie nach Africa handeln, woselbst die meisten sind. Daher übertreffen sie auch in diesem Handel alle nationes. Nun muß man nicht dencken, der König wäre ein Handelsmann, der alles einkauffete in Africa, sondern alle Zähne müssen ihm vor einen gewissen Preiß geliefert werden, und der König handelt hernach mit allen nationibus, da hat er doch profit ge- nug. Fingemus, er giebt vor eine gewisse quantität hundert Thaler, so bekommt er hernach wohl drey hundert Thaler, also ist der König freylich in diesem Punct ein Kauffmann. Sie haben auch gesehen, daß die Por- tugiesen eine grosse inclination zum Schnupff-Toback haben, damit hat der König auch den Tobacks-Handel an sich gezogen, da konnten sie wieder nichts sagen, denn es kommt aus fremden Landen. Es ist da verbothen, bey Lebens-Straffe keinen Schnupff-Toback nachzuma- chen; So haben sie auch dem König das Brasilien-Holtz attribuiret, durch
Cap. V. De prudentia gen, welche dem Poͤbel nichts ſchaden, wenn der Fuͤrſt ſie an ſich ziehet;Was von dem point d’honneur geſagt wird, das iſt nichts, denn alle aͤuſſerliche opinio honoris dependiret vom Landes-Fuͤrſten; das kan er freylich nicht machen, daß dasjenige, was tugendhafft iſt, als laſter- hafft angeſehen wird, & vice verſa; Aber was aͤuſſerliche Ehre bringet, das kan er allezeit machen, wie er will. Was er thut, das thun ande- re, und was er ehret, ehren auch andere. Was ſind nun aber das vor Dinge, ſo ſich ein Herr impatroniren kan? Wir wollen das Koͤnigreich Portugall erſt conſideriren; die Portugieſen ſind ſehr herunter kommen, durch das Spaniſche Regiment Philippi II. III. & IV. Sie haben in Spanien recht darauf geſonnen, wie ſie denen Portugieſen allen Reich- thum, Schiffe, artillerie entziehen moͤchten. Wie nun der Hertzog von Braganza, Johannes IV. auf den Thron ſtieg, ſo war in Portugall kein Geld, das ærarium war ausgeleeret; daher dachten die Portugieſen dar- auf, ihrem Koͤnige neue revenüen zu ſchaffen. Neue impoſten aufzule- gen, war nicht rathſam, weil die impoſten in Portugall ſchon zu groß waren, daß, wenn man ſie nur um einen Pfennig vermehren wollen, wuͤrden die Leute gemurret haben, welches alle diejenigen obſerviren, ſo von Portugall geſchrieben haben. Videatur Schmaus in ſeinem Staat von Portugall in zwey Baͤnden in octavo, welches ein treffliches Buch. Deßwegen dachten ſie darauf, dem Koͤnig monopolia zu verſchaffen, welches denen Portugieſen was leichtes war, weil ſie ein groſſes com- mercium nach Braſilien, Africa und Oſt-Indien haben, man ſagte: Was thut es denen privat-Leuten, wenn der Koͤnig das monopolium hat mit denen Elephanten-Zaͤhnen. Niemand aber hat mehr Gelegen- heit Elephanten-Zaͤhne zu bekommen, als die Portugieſen, weil ſie nach Africa handeln, woſelbſt die meiſten ſind. Daher uͤbertreffen ſie auch in dieſem Handel alle nationes. Nun muß man nicht dencken, der Koͤnig waͤre ein Handelsmann, der alles einkauffete in Africa, ſondern alle Zaͤhne muͤſſen ihm vor einen gewiſſen Preiß geliefert werden, und der Koͤnig handelt hernach mit allen nationibus, da hat er doch profit ge- nug. Fingemus, er giebt vor eine gewiſſe quantitaͤt hundert Thaler, ſo bekommt er hernach wohl drey hundert Thaler, alſo iſt der Koͤnig freylich in dieſem Punct ein Kauffmann. Sie haben auch geſehen, daß die Por- tugieſen eine groſſe inclination zum Schnupff-Toback haben, damit hat der Koͤnig auch den Tobacks-Handel an ſich gezogen, da konnten ſie wieder nichts ſagen, denn es kommt aus fremden Landen. Es iſt da verbothen, bey Lebens-Straffe keinen Schnupff-Toback nachzuma- chen; So haben ſie auch dem Koͤnig das Braſilien-Holtz attribuiret, durch
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Was von dem point d’honneur geſagt wird, das iſt nichts, denn alle
aͤuſſerliche opinio honoris dependiret vom Landes-Fuͤrſten; das kan er
freylich nicht machen, daß dasjenige, was tugendhafft iſt, als laſter-
hafft angeſehen wird, & vice verſa; Aber was aͤuſſerliche Ehre bringet,
das kan er allezeit machen, wie er will. Was er thut, das thun ande-
re, und was er ehret, ehren auch andere. Was ſind nun aber das vor
Dinge, ſo ſich ein Herr impatroniren kan? Wir wollen das Koͤnigreich
Portugall erſt conſideriren; die Portugieſen ſind ſehr herunter kommen,
durch das Spaniſche Regiment Philippi II. III. & IV. Sie haben in
Spanien recht darauf geſonnen, wie ſie denen Portugieſen allen Reich-
thum, Schiffe, artillerie entziehen moͤchten. Wie nun der Hertzog von
Braganza, Johannes IV. auf den Thron ſtieg, ſo war in Portugall kein
Geld, das ærarium war ausgeleeret; daher dachten die Portugieſen dar-
auf, ihrem Koͤnige neue revenüen zu ſchaffen. Neue impoſten aufzule-
gen, war nicht rathſam, weil die impoſten in Portugall ſchon zu groß
waren, daß, wenn man ſie nur um einen Pfennig vermehren wollen,
wuͤrden die Leute gemurret haben, welches alle diejenigen obſerviren, ſo
von Portugall geſchrieben haben. Videatur Schmaus in ſeinem Staat
von Portugall in zwey Baͤnden in octavo, welches ein treffliches Buch.
Deßwegen dachten ſie darauf, dem Koͤnig monopolia zu verſchaffen,
welches denen Portugieſen was leichtes war, weil ſie ein groſſes com-
mercium nach Braſilien, Africa und Oſt-Indien haben, man ſagte:
Was thut es denen privat-Leuten, wenn der Koͤnig das monopolium
hat mit denen Elephanten-Zaͤhnen. Niemand aber hat mehr Gelegen-
heit Elephanten-Zaͤhne zu bekommen, als die Portugieſen, weil ſie nach
Africa handeln, woſelbſt die meiſten ſind. Daher uͤbertreffen ſie auch in
dieſem Handel alle nationes. Nun muß man nicht dencken, der Koͤnig
waͤre ein Handelsmann, der alles einkauffete in Africa, ſondern alle
Zaͤhne muͤſſen ihm vor einen gewiſſen Preiß geliefert werden, und der
Koͤnig handelt hernach mit allen nationibus, da hat er doch profit ge-
nug. Fingemus, er giebt vor eine gewiſſe quantitaͤt hundert Thaler, ſo
bekommt er hernach wohl drey hundert Thaler, alſo iſt der Koͤnig freylich
in dieſem Punct ein Kauffmann. Sie haben auch geſehen, daß die Por-
tugieſen eine groſſe inclination zum Schnupff-Toback haben, damit hat
der Koͤnig auch den Tobacks-Handel an ſich gezogen, da konnten ſie
wieder nichts ſagen, denn es kommt aus fremden Landen. Es iſt da
verbothen, bey Lebens-Straffe keinen Schnupff-Toback nachzuma-
chen; So haben ſie auch dem Koͤnig das Braſilien-Holtz attribuiret,
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