Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia lassen orgeln, Lichter anstecken, aber deßwegen darff man nicht dencken,daß sie so gut lebten, respectu derer Nachbarn. Man könnte nun sa- gen, es könnte doch unser HErr GOtt einen mitten unter denen poten- tibus erhalten; Allein, das ist extraordinarium, wer will nach denen ex- ceptionibus leben. Diejenigen also, welche meynen, man könne es nicht thun, haben keine experientiam neque propriam, neque alienam; sie ha- ben keine Historie gelesen. Regenten selbst. §. 9. & 10. Wer in einem Staat will glücklich leben, der muß Papa
Cap. V. De prudentia laſſen orgeln, Lichter anſtecken, aber deßwegen darff man nicht dencken,daß ſie ſo gut lebten, reſpectu derer Nachbarn. Man koͤnnte nun ſa- gen, es koͤnnte doch unſer HErr GOtt einen mitten unter denen poten- tibus erhalten; Allein, das iſt extraordinarium, wer will nach denen ex- ceptionibus leben. Diejenigen alſo, welche meynen, man koͤnne es nicht thun, haben keine experientiam neque propriam, neque alienam; ſie ha- ben keine Hiſtorie geleſen. Regenten ſelbſt. §. 9. & 10. Wer in einem Staat will gluͤcklich leben, der muß Papa
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Cap. V. De prudentia
laſſen orgeln, Lichter anſtecken, aber deßwegen darff man nicht dencken,
daß ſie ſo gut lebten, reſpectu derer Nachbarn. Man koͤnnte nun ſa-
gen, es koͤnnte doch unſer HErr GOtt einen mitten unter denen poten-
tibus erhalten; Allein, das iſt extraordinarium, wer will nach denen ex-
ceptionibus leben. Diejenigen alſo, welche meynen, man koͤnne es nicht
thun, haben keine experientiam neque propriam, neque alienam; ſie ha-
ben keine Hiſtorie geleſen.
§. 9. & 10. Wer in einem Staat will gluͤcklich leben, der muß
auch acht geben auf die Imperantes, was von dieſen vor impedimenta
vorkommen koͤnnen: Denn bisher iſt gewieſen worden, wie man muͤſſe
acht geben auf auswaͤrtige, aber ab imperantibus ſæpisſime quoque ma-
gnum malum creatur. Und ſolche Fehler findet man auch in Ariſtocra-
tia und Democratia, daß ſie nicht auf ſalutem populi ſehen. Die Impe-
rantes negligiren das Volck, und meynen, ſie koͤnnten ſolches gebrau-
chen, wie ihren Pflug; ſie bilden ſich ein, der peuple waͤre wegen ſie.
Es iſt nicht anders, als wenn der Hirte ſich wollte einbilden, die Schaafe
waͤren wegen ihn, da doch der Hirte wegen der Schaafe iſt. Die ignoranz
verurſachet bey denen meiſten Regenten, daß ſie nicht wiſſen, wie ſie re-
gieren ſollen. Denn weiß einer nicht, was imperium iſt, wie will er
imperare? Kommt nun eine malitia dazu, ſo iſt es nicht aͤrger: Daher
iſt es geſchehen, daß man gemeynet, man ſollte wehlen. Man muß nicht
dencken, tantum ſuccesſionem obſervari Monarchia: Denn es ſind auch
etliche Ariſtocratien, und alſo ſind ſie uͤberall auf die Wahl gefallen.
Dicis: Es iſt doch ſehr gut, wenn man wehlet: Denn man kan da den
Tapfferſten, Froͤmmſten, und Kluͤgſten wehlen? Reſpond. In abſtracto
laͤßt ſich es eben ſo gut hoͤren, als des Henrici Cardinalis in Portugall
principium: Rex eſſe debet optimus. Ja, wenn lauter weiſe Leute waͤ-
ren, ſo die Wahl haͤtten. Wenn das Veni Sancte Spiritus operirte, daß
ſie uͤberſchattet wuͤrden mit dem Heiligen Geiſt, und haͤtten den ſpiritum
ſapientiæ, ſo waͤre es gut. Allein einer hat intereſſe ambitionis, der an-
dere intereſſe voluptatis, der dritte avaritiæ, da ſuchet ein jeder ſeinen
Candidaten auf das Beſte zu embelliren. Man kan hier leſen ein Buch
ſub tit. Candidati Poloniæ, welches in Holland heraus kommen, um eben
die Zeit, da der Caſimir abgedanckt. Es iſt ein curieuſes Buch, und
hat es Schurzfleiſch ſehr æſtimiret. Es erzehlet der Autor deſſelben, daß,
als Caſimir abgedanckt, haͤtten ſich unterſchiedene Candidati gefunden,
unter andern iſt auch der Tartar-Cham kommen, und hat wollen Koͤnig
in Pohlen werden, weil er nun geſehen, daß ſo viele Religionen in Poh-
len, ſo hat er geſagt: Tuus Lutherus eſt meus Lutherus, tuus Papa eſt meus
Papa
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