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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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statum reipublicae conservandi in genere.
gen. Man wird also finden, daß immer welche sind, so es dem Alexan-
dro Magno
nachthun wollen, semper eadem est stultitia. Den Krieg
muß man brauchen, als ein Messer, da man das, was einem incommo-
di
ret, wegschneidet, aber als ein ordinatium medium muß man ihn nicht
brauchen. Impotens soll man nicht seyn, sondern es muß da seyn tem-
perata potentia,
welche hinlänglich ist, mich zu defendiren. Denn wenn
ich eine grössere potenz habe, und behalte eben die affecten, welche ich
zuvor gehabt, so suche ich andere zu supprimiren. Ja wenn wir die po-
tenz
nicht mißbrauchten, so könnten wir sie so haben, wie wir sehen, daß
GOtt potentiam irresistibilem hat. Monsr. de Priezac, welcher eine Po-
litic
in Frantzösischer Sprache geschrieben hat, saget, daß viele die obje-
ction
gemacht, und gemeynet, GOtt sey ja omnipotens, also könnten die
Menschen auch eine grosse Gewalt haben. Allein GOTT ist sapientis-
simus,
der wird sich derselben nicht mißbrauchen, und kan man von ihm
auch nicht sagen: tel est mon plaisir. Er hat allezeit raisons, warum er
dieses oder jenes thut, ob wir gleich solche nicht allezeit können erforschen,
aber denen Menschen ist nimia potentia nichts nütze. So ist es auch
mit denen divitiis. Divitiae sind gut, nimia paupertas machet sordidam
rempublicam
. Man attaquiret die Araber nicht leicht, weil sie nichts
haben, aber sie leben auch miserable, und findet man einen schlechten Un-
terscheid zwischen ihnen, und den Thieren. Wenn man die Reise-Be-
schreibungen lieset, so kan man kaum glauben, daß sie so leben, und fin-
det man auf solche Art zwischen ihnen und denen Thieren keinen Unter-
scheid, als daß sie noch malitieuser als die Thiere. Es betriegen sich
auch solche Leute in ihren raisonnements, wenn sie meynen, paupertas
würde verursachen, daß niemand sie attaquirte. Denn wenn gleich jetzo
eine paupertas vorhanden, so kan doch der Nachbar dencken, ich will sie
schon capistriren; Die Narren verstehen nicht, was sie vor ein Land ha-
ben. Die Schweitzer würden sich sehr betrügen, wenn sie meynen woll-
ten, daß der König in Franckreich sie niemahls würde suchen, unter sich
zu bringen, weil sie nicht reich wären. Denn der König in Franckreich
würde dencken, er könnte daselbst wenigstens Leute ziehen, die er hernach
im Kriege andere zu subjugiren gebrauchen könnte. Die Leute in Ameri-
ca und Ost-Indien, welche die Europäer subjugiret, sind nicht so gescheuet
gewesen, daß sie gewust hätten, wozu sie dieses oder jenes gebrauchet,
welches hernach die Europäer gut gebrauchet. Also ist es falsch raison-
ni
ret: pauperes sumus, ergo nemo nos appetet. Dieses aber bleibt da-
bey: Wenn eine civitas nimias divitias überkommt, so fället sie in lu-
xum, luxuria perdit civitates,
wovon exempla gnug vorhanden. Rom

hat

ſtatum reipublicæ conſervandi in genere.
gen. Man wird alſo finden, daß immer welche ſind, ſo es dem Alexan-
dro Magno
nachthun wollen, ſemper eadem eſt ſtultitia. Den Krieg
muß man brauchen, als ein Meſſer, da man das, was einem incommo-
di
ret, wegſchneidet, aber als ein ordinatium medium muß man ihn nicht
brauchen. Impotens ſoll man nicht ſeyn, ſondern es muß da ſeyn tem-
perata potentia,
welche hinlaͤnglich iſt, mich zu defendiren. Denn wenn
ich eine groͤſſere potenz habe, und behalte eben die affecten, welche ich
zuvor gehabt, ſo ſuche ich andere zu ſupprimiren. Ja wenn wir die po-
tenz
nicht mißbrauchten, ſo koͤnnten wir ſie ſo haben, wie wir ſehen, daß
GOtt potentiam irreſiſtibilem hat. Monſr. de Priezac, welcher eine Po-
litic
in Frantzoͤſiſcher Sprache geſchrieben hat, ſaget, daß viele die obje-
ction
gemacht, und gemeynet, GOtt ſey ja omnipotens, alſo koͤnnten die
Menſchen auch eine groſſe Gewalt haben. Allein GOTT iſt ſapientiſ-
ſimus,
der wird ſich derſelben nicht mißbrauchen, und kan man von ihm
auch nicht ſagen: tel eſt mon plaiſir. Er hat allezeit raiſons, warum er
dieſes oder jenes thut, ob wir gleich ſolche nicht allezeit koͤnnen erforſchen,
aber denen Menſchen iſt nimia potentia nichts nuͤtze. So iſt es auch
mit denen divitiis. Divitiæ ſind gut, nimia paupertas machet ſordidam
rempublicam
. Man attaquiret die Araber nicht leicht, weil ſie nichts
haben, aber ſie leben auch miſerable, und findet man einen ſchlechten Un-
terſcheid zwiſchen ihnen, und den Thieren. Wenn man die Reiſe-Be-
ſchreibungen lieſet, ſo kan man kaum glauben, daß ſie ſo leben, und fin-
det man auf ſolche Art zwiſchen ihnen und denen Thieren keinen Unter-
ſcheid, als daß ſie noch malitieuſer als die Thiere. Es betriegen ſich
auch ſolche Leute in ihren raiſonnements, wenn ſie meynen, paupertas
wuͤrde verurſachen, daß niemand ſie attaquirte. Denn wenn gleich jetzo
eine paupertas vorhanden, ſo kan doch der Nachbar dencken, ich will ſie
ſchon capiſtriren; Die Narren verſtehen nicht, was ſie vor ein Land ha-
ben. Die Schweitzer wuͤrden ſich ſehr betruͤgen, wenn ſie meynen woll-
ten, daß der Koͤnig in Franckreich ſie niemahls wuͤrde ſuchen, unter ſich
zu bringen, weil ſie nicht reich waͤren. Denn der Koͤnig in Franckreich
wuͤrde dencken, er koͤnnte daſelbſt wenigſtens Leute ziehen, die er hernach
im Kriege andere zu ſubjugiren gebrauchen koͤnnte. Die Leute in Ameri-
ca und Oſt-Indien, welche die Europaͤer ſubjugiret, ſind nicht ſo geſcheuet
geweſen, daß ſie gewuſt haͤtten, wozu ſie dieſes oder jenes gebrauchet,
welches hernach die Europaͤer gut gebrauchet. Alſo iſt es falſch raiſon-
ni
ret: pauperes ſumus, ergo nemo nos appetet. Dieſes aber bleibt da-
bey: Wenn eine civitas nimias divitias uͤberkommt, ſo faͤllet ſie in lu-
xum, luxuria perdit civitates,
wovon exempla gnug vorhanden. Rom

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[159/0179] ſtatum reipublicæ conſervandi in genere. gen. Man wird alſo finden, daß immer welche ſind, ſo es dem Alexan- dro Magno nachthun wollen, ſemper eadem eſt ſtultitia. Den Krieg muß man brauchen, als ein Meſſer, da man das, was einem incommo- diret, wegſchneidet, aber als ein ordinatium medium muß man ihn nicht brauchen. Impotens ſoll man nicht ſeyn, ſondern es muß da ſeyn tem- perata potentia, welche hinlaͤnglich iſt, mich zu defendiren. Denn wenn ich eine groͤſſere potenz habe, und behalte eben die affecten, welche ich zuvor gehabt, ſo ſuche ich andere zu ſupprimiren. Ja wenn wir die po- tenz nicht mißbrauchten, ſo koͤnnten wir ſie ſo haben, wie wir ſehen, daß GOtt potentiam irreſiſtibilem hat. Monſr. de Priezac, welcher eine Po- litic in Frantzoͤſiſcher Sprache geſchrieben hat, ſaget, daß viele die obje- ction gemacht, und gemeynet, GOtt ſey ja omnipotens, alſo koͤnnten die Menſchen auch eine groſſe Gewalt haben. Allein GOTT iſt ſapientiſ- ſimus, der wird ſich derſelben nicht mißbrauchen, und kan man von ihm auch nicht ſagen: tel eſt mon plaiſir. Er hat allezeit raiſons, warum er dieſes oder jenes thut, ob wir gleich ſolche nicht allezeit koͤnnen erforſchen, aber denen Menſchen iſt nimia potentia nichts nuͤtze. So iſt es auch mit denen divitiis. Divitiæ ſind gut, nimia paupertas machet ſordidam rempublicam. Man attaquiret die Araber nicht leicht, weil ſie nichts haben, aber ſie leben auch miſerable, und findet man einen ſchlechten Un- terſcheid zwiſchen ihnen, und den Thieren. Wenn man die Reiſe-Be- ſchreibungen lieſet, ſo kan man kaum glauben, daß ſie ſo leben, und fin- det man auf ſolche Art zwiſchen ihnen und denen Thieren keinen Unter- ſcheid, als daß ſie noch malitieuſer als die Thiere. Es betriegen ſich auch ſolche Leute in ihren raiſonnements, wenn ſie meynen, paupertas wuͤrde verurſachen, daß niemand ſie attaquirte. Denn wenn gleich jetzo eine paupertas vorhanden, ſo kan doch der Nachbar dencken, ich will ſie ſchon capiſtriren; Die Narren verſtehen nicht, was ſie vor ein Land ha- ben. Die Schweitzer wuͤrden ſich ſehr betruͤgen, wenn ſie meynen woll- ten, daß der Koͤnig in Franckreich ſie niemahls wuͤrde ſuchen, unter ſich zu bringen, weil ſie nicht reich waͤren. Denn der Koͤnig in Franckreich wuͤrde dencken, er koͤnnte daſelbſt wenigſtens Leute ziehen, die er hernach im Kriege andere zu ſubjugiren gebrauchen koͤnnte. Die Leute in Ameri- ca und Oſt-Indien, welche die Europaͤer ſubjugiret, ſind nicht ſo geſcheuet geweſen, daß ſie gewuſt haͤtten, wozu ſie dieſes oder jenes gebrauchet, welches hernach die Europaͤer gut gebrauchet. Alſo iſt es falſch raiſon- niret: pauperes ſumus, ergo nemo nos appetet. Dieſes aber bleibt da- bey: Wenn eine civitas nimias divitias uͤberkommt, ſo faͤllet ſie in lu- xum, luxuria perdit civitates, wovon exempla gnug vorhanden. Rom hat

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/179>, abgerufen am 24.11.2024.