Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.De vera cujuslibet status felicitate. bey denen Jüden doch geschehen. Da also GOtt auch auf die infirmi-tatem gesehen, so findet man, daß er ihnen divortia polygamiam zugelas- sen, nicht, daß ich meynete, es hätte nothwendig so seyn müssen, aber GOtt hat gesehen, wenn er das nicht thäte, es wäre ein böses Volck, so hät- te er das Volck müssen ausrotten. Denn vitia erunt, donec erunt ho- mines. Es ist impossible daß nicht bisweilen Leute sollten seyn, so ihren affecten nachhängen, welche eine imperans doch duldet. CHristus saget selbst: Um eures Hertzens Härtigkeit willen hat man vieles nachgelas- sen: GOtt hätte sie freylich alle können ausrotten, er hätte nur dürffen lassen wieder eine Sündfluth kommen, aber toleravit; Daher auch, wenn einer vor einen Weinberg vorbey gegangen, es hat ihn gelüstet, er ist hinein gegangen, und hat gegessen so hat GOtt gesagt, das sollte erlaubt seyn, bey nns ist man schon nicht so raisonnable. Uber die Leges forenses hat Constant. l'Empereur einen guten Commentarium geschrieben, es sollte sich ein Juriste drüber machen, der Hebräisch verstünde. Weil die inaequalitas alles Unglück zu wege bringet, so ist zwar nicht eine durchgängige aequalitas in der Jüdischen Republic gewesen, doch waren sie alle frey; keine Noblesse war da, son- dern wenn einer mehr war als der andere, so geschahe es durch seine charge, oder durch sein Alter. Das war was grosses: denn wo No- biles und ignobiles gegen einander, da giebt es Verdrießlichkeiten. Die Nobiles sind mächtiger, und suchen die Schwächern zu unterdrücken, dadurch ist eben die Römische Republic zu Grunde gegangen, vid. Sal- lust. de Bello Catilia. Die Juden kamen alle von Abraham, und hatten gleiche nobilitatem, und wenn ja einer so liederlich gewesen, daß er nichts mehr hatte, und ein Knecht werden müssen, so kam er doch beym Jubilaeo wieder loß; hatte einer was versetzt, so bekam ers da wieder; war einer fleißig, so hatte er zwar mehr als der andere, und dieser war deßwegen nicht arm. Die Güter kamen nicht eher auf die Töchter, als wenn keine Söhne mehr da waren, die Töchter bekamen entweder gar nichts, oder wenig, sie hatten keinen dotem, man heyrathe- te nicht nach Reichthum, sondern nach affection. Weiln nun die Wei- ber wunderliche Köpfe, und nicht allemahl klug, so musten sie in tutela perpetua seyn, und hat deßwegen Otto in seiner Dissertation de perpetua foeminarum tutela gezeiget, daß die perpetua tutela, welche die Teutschen, Longobarden, Griechen, und auch vordem die Römer gehabt, schon bey den Juden gewesen, so gar war die Mutter in tutela filiorum, die kleinen Brüder waren in tutela der erwachsenen Brüder, es war bey ihnen keine mercatura, die erst zu Salomonis Zeiten aufkommen, und da taugte schon die Republic und Salomo selbst nichts mehr. Ihre Kleider und Schuh haben O 3
De vera cujuslibet ſtatus felicitate. bey denen Juͤden doch geſchehen. Da alſo GOtt auch auf die infirmi-tatem geſehen, ſo findet man, daß er ihnen divortia polygamiam zugelaſ- ſen, nicht, daß ich meynete, es haͤtte nothwendig ſo ſeyn muͤſſen, aber GOtt hat geſehen, wenn er das nicht thaͤte, es waͤre ein boͤſes Volck, ſo haͤt- te er das Volck muͤſſen ausrotten. Denn vitia erunt, donec erunt ho- mines. Es iſt impoſſible daß nicht bisweilen Leute ſollten ſeyn, ſo ihren affecten nachhaͤngen, welche eine imperans doch duldet. CHriſtus ſaget ſelbſt: Um eures Hertzens Haͤrtigkeit willen hat man vieles nachgelaſ- ſen: GOtt haͤtte ſie freylich alle koͤnnen ausrotten, er haͤtte nur duͤrffen laſſen wieder eine Suͤndfluth kommen, aber toleravit; Daher auch, wenn einer vor einen Weinberg vorbey gegangen, es hat ihn geluͤſtet, er iſt hinein gegangen, und hat gegeſſen ſo hat GOtt geſagt, das ſollte erlaubt ſeyn, bey nns iſt man ſchon nicht ſo raiſonnable. Uber die Leges forenſes hat Conſtant. l’Empereur einen guten Commentarium geſchrieben, es ſollte ſich ein Juriſte druͤber machen, der Hebraͤiſch verſtuͤnde. Weil die inæqualitas alles Ungluͤck zu wege bringet, ſo iſt zwar nicht eine durchgaͤngige æqualitas in der Juͤdiſchen Republic geweſen, doch waren ſie alle frey; keine Nobleſſe war da, ſon- dern wenn einer mehr war als der andere, ſo geſchahe es durch ſeine charge, oder durch ſein Alter. Das war was groſſes: denn wo No- biles und ignobiles gegen einander, da giebt es Verdrießlichkeiten. Die Nobiles ſind maͤchtiger, und ſuchen die Schwaͤchern zu unterdruͤcken, dadurch iſt eben die Roͤmiſche Republic zu Grunde gegangen, vid. Sal- luſt. de Bello Catilia. Die Juden kamen alle von Abraham, und hatten gleiche nobilitatem, und wenn ja einer ſo liederlich geweſen, daß er nichts mehr hatte, und ein Knecht werden muͤſſen, ſo kam er doch beym Jubilæo wieder loß; hatte einer was verſetzt, ſo bekam ers da wieder; war einer fleißig, ſo hatte er zwar mehr als der andere, und dieſer war deßwegen nicht arm. Die Guͤter kamen nicht eher auf die Toͤchter, als wenn keine Soͤhne mehr da waren, die Toͤchter bekamen entweder gar nichts, oder wenig, ſie hatten keinen dotem, man heyrathe- te nicht nach Reichthum, ſondern nach affection. Weiln nun die Wei- ber wunderliche Koͤpfe, und nicht allemahl klug, ſo muſten ſie in tutela perpetua ſeyn, und hat deßwegen Otto in ſeiner Diſſertation de perpetua fœminarum tutela gezeiget, daß die perpetua tutela, welche die Teutſchen, Longobarden, Griechen, und auch vordem die Roͤmer gehabt, ſchon bey den Juden geweſen, ſo gar war die Mutter in tutela filiorum, die kleinen Bruͤder waren in tutela der erwachſenen Bruͤder, es war bey ihnen keine mercatura, die erſt zu Salomonis Zeiten aufkommen, und da taugte ſchon die Republic und Salomo ſelbſt nichts mehr. Ihre Kleider und Schuh haben O 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0129" n="109"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">De vera cujuslibet ſtatus felicitate.</hi></fw><lb/> bey denen Juͤden doch geſchehen. Da alſo GOtt auch auf die <hi rendition="#aq">infirmi-<lb/> tatem</hi> geſehen, ſo findet man, daß er ihnen <hi rendition="#aq">divortia polygamiam</hi> zugelaſ-<lb/> ſen, nicht, daß ich meynete, es haͤtte nothwendig ſo ſeyn muͤſſen, aber<lb/> GOtt hat geſehen, wenn er das nicht thaͤte, es waͤre ein boͤſes Volck, ſo haͤt-<lb/> te er das Volck muͤſſen ausrotten. Denn <hi rendition="#aq">vitia erunt, donec erunt ho-<lb/> mines.</hi> Es iſt <hi rendition="#aq">impoſſible</hi> daß nicht bisweilen Leute ſollten ſeyn, ſo ihren<lb/><hi rendition="#aq">affect</hi>en nachhaͤngen, welche eine <hi rendition="#aq">imperans</hi> doch duldet. CHriſtus ſaget<lb/> ſelbſt: Um eures Hertzens Haͤrtigkeit willen hat man vieles nachgelaſ-<lb/> ſen: GOtt haͤtte ſie freylich alle koͤnnen ausrotten, er haͤtte nur duͤrffen<lb/> laſſen wieder eine Suͤndfluth kommen, aber <hi rendition="#aq">toleravit;</hi> Daher auch, wenn<lb/> einer vor einen Weinberg vorbey gegangen, es hat ihn geluͤſtet, er iſt hinein<lb/> gegangen, und hat gegeſſen ſo hat GOtt geſagt, das ſollte erlaubt ſeyn, bey<lb/> nns iſt man ſchon nicht ſo <hi rendition="#aq">raiſonnable.</hi> Uber die <hi rendition="#aq">Leges forenſes</hi> hat <hi rendition="#aq">Conſtant.<lb/> l’Empereur</hi> einen guten <hi rendition="#aq">Commentarium</hi> geſchrieben, es ſollte ſich ein Juriſte<lb/> druͤber machen, der Hebraͤiſch verſtuͤnde. Weil die <hi rendition="#aq">inæqualitas</hi> alles Ungluͤck<lb/> zu wege bringet, ſo iſt zwar nicht eine durchgaͤngige <hi rendition="#aq">æqualitas</hi> in der Juͤdiſchen<lb/> Republic geweſen, doch waren ſie alle frey; keine <hi rendition="#aq">Nobleſſe</hi> war da, ſon-<lb/> dern wenn einer mehr war als der andere, ſo geſchahe es durch ſeine<lb/><hi rendition="#aq">charge,</hi> oder durch ſein Alter. Das war was groſſes: denn wo <hi rendition="#aq">No-<lb/> biles</hi> und <hi rendition="#aq">ignobiles</hi> gegen einander, da giebt es Verdrießlichkeiten.<lb/> Die <hi rendition="#aq">Nobiles</hi> ſind maͤchtiger, und ſuchen die Schwaͤchern zu unterdruͤcken,<lb/> dadurch iſt eben die Roͤmiſche Republic zu Grunde gegangen, <hi rendition="#aq">vid. Sal-<lb/> luſt. de Bello Catilia.</hi> Die Juden kamen alle von Abraham, und<lb/> hatten gleiche <hi rendition="#aq">nobilitatem,</hi> und wenn ja einer ſo liederlich geweſen,<lb/> daß er nichts mehr hatte, und ein Knecht werden muͤſſen, ſo kam<lb/> er doch beym <hi rendition="#aq">Jubilæo</hi> wieder loß; hatte einer was verſetzt, ſo bekam ers<lb/> da wieder; war einer fleißig, ſo hatte er zwar mehr als der andere, und<lb/> dieſer war deßwegen nicht arm. Die Guͤter kamen nicht eher auf die<lb/> Toͤchter, als wenn keine Soͤhne mehr da waren, die Toͤchter bekamen<lb/> entweder gar nichts, oder wenig, ſie hatten keinen <hi rendition="#aq">dotem,</hi> man heyrathe-<lb/> te nicht nach Reichthum, ſondern nach <hi rendition="#aq">affection.</hi> Weiln nun die Wei-<lb/> ber wunderliche Koͤpfe, und nicht allemahl klug, ſo muſten ſie <hi rendition="#aq">in tutela<lb/> perpetua</hi> ſeyn, und hat deßwegen <hi rendition="#aq">Otto</hi> in ſeiner <hi rendition="#aq">Diſſertation de perpetua<lb/> fœminarum tutela</hi> gezeiget, daß die <hi rendition="#aq">perpetua tutela,</hi> welche die Teutſchen,<lb/> Longobarden, Griechen, und auch vordem die Roͤmer gehabt, ſchon bey<lb/> den Juden geweſen, ſo gar war die Mutter <hi rendition="#aq">in tutela filiorum,</hi> die kleinen<lb/> Bruͤder waren <hi rendition="#aq">in tutela</hi> der erwachſenen Bruͤder, es war bey ihnen keine<lb/><hi rendition="#aq">mercatura,</hi> die erſt zu <hi rendition="#aq">Salomonis</hi> Zeiten aufkommen, und da taugte ſchon<lb/> die Republic und <hi rendition="#aq">Salomo</hi> ſelbſt nichts mehr. Ihre Kleider und Schuh<lb/> <fw place="bottom" type="sig">O 3</fw><fw place="bottom" type="catch">haben</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0129]
De vera cujuslibet ſtatus felicitate.
bey denen Juͤden doch geſchehen. Da alſo GOtt auch auf die infirmi-
tatem geſehen, ſo findet man, daß er ihnen divortia polygamiam zugelaſ-
ſen, nicht, daß ich meynete, es haͤtte nothwendig ſo ſeyn muͤſſen, aber
GOtt hat geſehen, wenn er das nicht thaͤte, es waͤre ein boͤſes Volck, ſo haͤt-
te er das Volck muͤſſen ausrotten. Denn vitia erunt, donec erunt ho-
mines. Es iſt impoſſible daß nicht bisweilen Leute ſollten ſeyn, ſo ihren
affecten nachhaͤngen, welche eine imperans doch duldet. CHriſtus ſaget
ſelbſt: Um eures Hertzens Haͤrtigkeit willen hat man vieles nachgelaſ-
ſen: GOtt haͤtte ſie freylich alle koͤnnen ausrotten, er haͤtte nur duͤrffen
laſſen wieder eine Suͤndfluth kommen, aber toleravit; Daher auch, wenn
einer vor einen Weinberg vorbey gegangen, es hat ihn geluͤſtet, er iſt hinein
gegangen, und hat gegeſſen ſo hat GOtt geſagt, das ſollte erlaubt ſeyn, bey
nns iſt man ſchon nicht ſo raiſonnable. Uber die Leges forenſes hat Conſtant.
l’Empereur einen guten Commentarium geſchrieben, es ſollte ſich ein Juriſte
druͤber machen, der Hebraͤiſch verſtuͤnde. Weil die inæqualitas alles Ungluͤck
zu wege bringet, ſo iſt zwar nicht eine durchgaͤngige æqualitas in der Juͤdiſchen
Republic geweſen, doch waren ſie alle frey; keine Nobleſſe war da, ſon-
dern wenn einer mehr war als der andere, ſo geſchahe es durch ſeine
charge, oder durch ſein Alter. Das war was groſſes: denn wo No-
biles und ignobiles gegen einander, da giebt es Verdrießlichkeiten.
Die Nobiles ſind maͤchtiger, und ſuchen die Schwaͤchern zu unterdruͤcken,
dadurch iſt eben die Roͤmiſche Republic zu Grunde gegangen, vid. Sal-
luſt. de Bello Catilia. Die Juden kamen alle von Abraham, und
hatten gleiche nobilitatem, und wenn ja einer ſo liederlich geweſen,
daß er nichts mehr hatte, und ein Knecht werden muͤſſen, ſo kam
er doch beym Jubilæo wieder loß; hatte einer was verſetzt, ſo bekam ers
da wieder; war einer fleißig, ſo hatte er zwar mehr als der andere, und
dieſer war deßwegen nicht arm. Die Guͤter kamen nicht eher auf die
Toͤchter, als wenn keine Soͤhne mehr da waren, die Toͤchter bekamen
entweder gar nichts, oder wenig, ſie hatten keinen dotem, man heyrathe-
te nicht nach Reichthum, ſondern nach affection. Weiln nun die Wei-
ber wunderliche Koͤpfe, und nicht allemahl klug, ſo muſten ſie in tutela
perpetua ſeyn, und hat deßwegen Otto in ſeiner Diſſertation de perpetua
fœminarum tutela gezeiget, daß die perpetua tutela, welche die Teutſchen,
Longobarden, Griechen, und auch vordem die Roͤmer gehabt, ſchon bey
den Juden geweſen, ſo gar war die Mutter in tutela filiorum, die kleinen
Bruͤder waren in tutela der erwachſenen Bruͤder, es war bey ihnen keine
mercatura, die erſt zu Salomonis Zeiten aufkommen, und da taugte ſchon
die Republic und Salomo ſelbſt nichts mehr. Ihre Kleider und Schuh
haben
O 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |