Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.De vera cujuslibet status felicitate. Engeland und Schweden observiret, denn es fraget sich, warum die opi-fices und mercatores mehr in Holland, als in Engeland und Schweden floriren? Resp. Wenn gleich in Engeland was kluges intendiret wird, so findet man doch, daß die Kauffleute und opifices, so bald sie reich wer- den, anfangen Land-Güther zu kauffen, werden usurarii, sie wollen einen gradum in nobilitate erhalten, wodurch sie der Republic nur Schaden thun. In Holland aber gibt es nicht viel Land-Güther, da müssen sie opifices bleiben. Man quälet auch daselbst die usurarios, die Grand Seigneurs, und leget ihnen grosse imposten auf, damit sich nicht so viele sollen hierunter begeben. Die abundantia macht also, daß die Leute nicht wollen sua sorte contenti seyn. Puffendorff hat eine histoire anec- dote von Schweden geschrieben, * darinnen hat er die grossen Fehler gewiesen, warum die Commercia in Schweden nicht könnten floriren? nemlich um deß willen, weil sie gleich suchten Edelleute zu werden, so bald sie nur abundantiam hätten; da einer sonst Adler geheissen, nennet er sich hernach Herr von Adlerschild, dadurch kommen die mercatores unter die Noblesse, diese wollen denn groß thun, verthun ihr Geld, und werden Bettler. Das ist das Decrementum der Republic: Denn man braucht nunmehr opifices und mercatores nothwendig. §. 7. 8. 9. 10. 11. & 12. Wann eine Republic bliebe in medio;Worinnen die gentium * Sie ist erst nach seinem Tode in Ulm heraus kommen, nachgehends aber hat man sie in Holland wieder aufgeleget, in den stylum accurater gemacht, daß sie also nunmehr plaissant zu lesen. N
De vera cujuslibet ſtatus felicitate. Engeland und Schweden obſerviret, denn es fraget ſich, warum die opi-fices und mercatores mehr in Holland, als in Engeland und Schweden floriren? Reſp. Wenn gleich in Engeland was kluges intendiret wird, ſo findet man doch, daß die Kauffleute und opifices, ſo bald ſie reich wer- den, anfangen Land-Guͤther zu kauffen, werden uſurarii, ſie wollen einen gradum in nobilitate erhalten, wodurch ſie der Republic nur Schaden thun. In Holland aber gibt es nicht viel Land-Guͤther, da muͤſſen ſie opifices bleiben. Man quaͤlet auch daſelbſt die uſurarios, die Grand Seigneurs, und leget ihnen groſſe impoſten auf, damit ſich nicht ſo viele ſollen hierunter begeben. Die abundantia macht alſo, daß die Leute nicht wollen ſua ſorte contenti ſeyn. Puffendorff hat eine hiſtoire anec- dote von Schweden geſchrieben, * darinnen hat er die groſſen Fehler gewieſen, warum die Commercia in Schweden nicht koͤnnten floriren? nemlich um deß willen, weil ſie gleich ſuchten Edelleute zu werden, ſo bald ſie nur abundantiam haͤtten; da einer ſonſt Adler geheiſſen, nennet er ſich hernach Herr von Adlerſchild, dadurch kommen die mercatores unter die Nobleſſe, dieſe wollen denn groß thun, verthun ihr Geld, und werden Bettler. Das iſt das Decrementum der Republic: Denn man braucht nunmehr opifices und mercatores nothwendig. §. 7. 8. 9. 10. 11. & 12. Wann eine Republic bliebe in medio;Worinnen die gentium * Sie iſt erſt nach ſeinem Tode in Ulm heraus kommen, nachgehends aber hat man ſie in Holland wieder aufgeleget, in den ſtylum accurater gemacht, daß ſie alſo nunmehr plaiſſant zu leſen. N
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De vera cujuslibet ſtatus felicitate.
Engeland und Schweden obſerviret, denn es fraget ſich, warum die opi-
fices und mercatores mehr in Holland, als in Engeland und Schweden
floriren? Reſp. Wenn gleich in Engeland was kluges intendiret wird,
ſo findet man doch, daß die Kauffleute und opifices, ſo bald ſie reich wer-
den, anfangen Land-Guͤther zu kauffen, werden uſurarii, ſie wollen einen
gradum in nobilitate erhalten, wodurch ſie der Republic nur Schaden
thun. In Holland aber gibt es nicht viel Land-Guͤther, da muͤſſen ſie
opifices bleiben. Man quaͤlet auch daſelbſt die uſurarios, die Grand
Seigneurs, und leget ihnen groſſe impoſten auf, damit ſich nicht ſo viele
ſollen hierunter begeben. Die abundantia macht alſo, daß die Leute
nicht wollen ſua ſorte contenti ſeyn. Puffendorff hat eine hiſtoire anec-
dote von Schweden geſchrieben, * darinnen hat er die groſſen Fehler
gewieſen, warum die Commercia in Schweden nicht koͤnnten floriren?
nemlich um deß willen, weil ſie gleich ſuchten Edelleute zu werden, ſo bald
ſie nur abundantiam haͤtten; da einer ſonſt Adler geheiſſen, nennet er ſich
hernach Herr von Adlerſchild, dadurch kommen die mercatores unter die
Nobleſſe, dieſe wollen denn groß thun, verthun ihr Geld, und werden
Bettler. Das iſt das Decrementum der Republic: Denn man braucht
nunmehr opifices und mercatores nothwendig.
§. 7. 8. 9. 10. 11. & 12. Wann eine Republic bliebe in medio;
ſie fienge nichts an, bliebe in der Meynung, ſich nur zu defendiren, ande-
re aber nicht zu attaquiren, ſo ſtuͤnde es gut, und bliebe nur bellum de-
fenſivum, nicht offenſivum. So bald ſie aber ſuchet zu acquiriren, und
andere populos zu ſubjungiren, das ruiniret ſie. Daher wird man ſehen,
daß alle die Republiquen, welche potentiam pro ſcopo haben, zu Grunde
gehen: Denn die andern Republiquen laſſen ſich nicht unterdrucken, und
ob ſie gleich vor ſich nicht ſoviel vermoͤgen, ſo machen ſie doch alliancen,
was einer nicht thun kan, koͤnnen mehrere ausrichten. Daher muß der
finis reipublicæ nicht in divitiis und potentia beſtehen, da iſt keine Gluͤck-
ſeligkeit, wo man beſtaͤndig Krieg fuͤhret, da die Leute etliche hundert
Meilen muͤſſen hinein lauffen, und Laͤnder completiren, wie bey dem
Alexandro M. geſchehen, der aus Macedonien nach Perſien und Indien
gelauffen, woruͤber ſo viel tauſend Menſchen todt geſchlagen worden.
Unſere alten Teutſchen ſind eben ſolche vagabundi geweſen. Es iſt was
naͤrriſches; Daher hat auch Seneca geſagt: Alexander M. waͤre ein latro
gentium
Worinnen die
Gluͤckſeligkeit
eines Staats
beſtehe?
* Sie iſt erſt nach ſeinem Tode in Ulm heraus kommen, nachgehends aber hat man ſie
in Holland wieder aufgeleget, in den ſtylum accurater gemacht, daß ſie alſo
nunmehr plaiſſant zu leſen.
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