Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. IV. schwendungen. Daher, wenn man alles zusammen rechnet, so kostet dieFrau jährlich mehr, als sie einbringet, und hätte ein solcher besser gethan, wenn er eine genommen, die kein Geld gehabt, vornehmlich, wenn einer nicht in egestare gewesen; Ein Accidentale ist auch formositas, diese kan nicht definiret werden, man kan freylich einem nicht rathen, daß er soll ei- ne monstrosam, die hinten und vorne einen Buckel hat, heyrathen, daher muß einer drauf sehen, daß er sanam bekommt. Die Leute haben dif- ferente concepte von der formosite. In einem Lande wird etwas vor schön gehalten, was man an einem andern Orte nicht achtet. Die Si- neser wollten haben, daß ihre Weiber sollten kleine Dachs-Füsse haben, und dicke seyn, dahero fressen sie viele junge gemästete Hunde; Die meisten Völcker aber sind so beschaffen, daß sie auf eine proportionirte statur sehen, und auch auf eine couleur, es sey blond, schwartz etc. das ist aber nur ein accidentale; Wenn kein irregulare, kein monstrosum quid da ist; wenn man kan eine tugendsame, arbeitsame, und extraordinaire schöne bekommen, so ist es gut. Denn wenn sie alle diese requisita hat, so wird sie auch keine meretrix seyn. Man wird freylich keine in der höchsten perfection bekommen, unterdessen muß man doch wissen, was ei- gentlich ad scopum gehöret. Bey dem Manne können freylich auch vie- le excessus vorgehen; Unterdessen geschiehet es doch mehr bey Weibes- Personen, weil sie schwache Werckzeuge sind. Der Mann muß ver- dienen, die Frau ernehren, aber die Frau muß collaborare, dispensare, daher ist in Italien corruptissimus status gewesen und auch noch, daß man die Weiber so eingeschlossen, und sie nichts thun. Man kan auch hier lesen den Cornelium Nepotem, welcher im Anfange eine comparai- son machet unter denen Römischen, Griechischen moribus. Hier ist zu recommendiren des Monsr. de Bosc Honette Femme, welches Buch schon lange geschrieben, weil aber das Frantzösische darinnen alt, so hat man es von neuen aufgeleget, und es nach dem heutigen stylo accommo- diret. Er giebet darinnen denen Weibern erschreckliche lectiones, deßwe- gen lesen es die wenigsten Weiber. Die Mad. Scudery hat auch la fau- se Clelie geschrieben, sie schreibet sehr gut, hat keine grosse consideration vor die Weibes-Personen, und erkennet gar wohl, daß dieselben müssen regieret werden, und dem Mann folgen. Eine Frau muß freylich regie- ret und gezogen werden, weil sie incliniret ad vanitatem. Endlich wird sie gescheut und kommt ad scopum. Warum hat Paulus gesagt, daß die jungen Wittben wieder sollten heyrathen, nicht allein propter libidi- nem, sondern auch propter vanitatem. Daher haben die Römer gemey- net, die Frauen sollten in perpetua tutela seyn, die Teutschen sind aber der
Cap. IV. ſchwendungen. Daher, wenn man alles zuſammen rechnet, ſo koſtet dieFrau jaͤhrlich mehr, als ſie einbringet, und haͤtte ein ſolcher beſſer gethan, wenn er eine genommen, die kein Geld gehabt, vornehmlich, wenn einer nicht in egeſtare geweſen; Ein Accidentale iſt auch formoſitas, dieſe kan nicht definiret werden, man kan freylich einem nicht rathen, daß er ſoll ei- ne monſtroſam, die hinten und vorne einen Buckel hat, heyrathen, daher muß einer drauf ſehen, daß er ſanam bekommt. Die Leute haben dif- ferente concepte von der formoſité. In einem Lande wird etwas vor ſchoͤn gehalten, was man an einem andern Orte nicht achtet. Die Si- neſer wollten haben, daß ihre Weiber ſollten kleine Dachs-Fuͤſſe haben, und dicke ſeyn, dahero freſſen ſie viele junge gemaͤſtete Hunde; Die meiſten Voͤlcker aber ſind ſo beſchaffen, daß ſie auf eine proportionirte ſtatur ſehen, und auch auf eine couleur, es ſey blond, ſchwartz ꝛc. das iſt aber nur ein accidentale; Wenn kein irregulare, kein monſtroſum quid da iſt; wenn man kan eine tugendſame, arbeitſame, und extraordinaire ſchoͤne bekommen, ſo iſt es gut. Denn wenn ſie alle dieſe requiſita hat, ſo wird ſie auch keine meretrix ſeyn. Man wird freylich keine in der hoͤchſten perfection bekommen, unterdeſſen muß man doch wiſſen, was ei- gentlich ad ſcopum gehoͤret. Bey dem Manne koͤnnen freylich auch vie- le exceſſus vorgehen; Unterdeſſen geſchiehet es doch mehr bey Weibes- Perſonen, weil ſie ſchwache Werckzeuge ſind. Der Mann muß ver- dienen, die Frau ernehren, aber die Frau muß collaborare, diſpenſare, daher iſt in Italien corruptiſſimus ſtatus geweſen und auch noch, daß man die Weiber ſo eingeſchloſſen, und ſie nichts thun. Man kan auch hier leſen den Cornelium Nepotem, welcher im Anfange eine comparai- ſon machet unter denen Roͤmiſchen, Griechiſchen moribus. Hier iſt zu recommendiren des Monſr. de Bosc Honette Femme, welches Buch ſchon lange geſchrieben, weil aber das Frantzoͤſiſche darinnen alt, ſo hat man es von neuen aufgeleget, und es nach dem heutigen ſtylo accommo- diret. Er giebet darinnen denen Weibern erſchreckliche lectiones, deßwe- gen leſen es die wenigſten Weiber. Die Mad. Scudery hat auch la fau- ſe Clelie geſchrieben, ſie ſchreibet ſehr gut, hat keine groſſe conſideration vor die Weibes-Perſonen, und erkennet gar wohl, daß dieſelben muͤſſen regieret werden, und dem Mann folgen. Eine Frau muß freylich regie- ret und gezogen werden, weil ſie incliniret ad vanitatem. Endlich wird ſie geſcheut und kommt ad ſcopum. Warum hat Paulus geſagt, daß die jungen Wittben wieder ſollten heyrathen, nicht allein propter libidi- nem, ſondern auch propter vanitatem. Daher haben die Roͤmer gemey- net, die Frauen ſollten in perpetua tutela ſeyn, die Teutſchen ſind aber der
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ſchwendungen. Daher, wenn man alles zuſammen rechnet, ſo koſtet die
Frau jaͤhrlich mehr, als ſie einbringet, und haͤtte ein ſolcher beſſer gethan,
wenn er eine genommen, die kein Geld gehabt, vornehmlich, wenn einer
nicht in egeſtare geweſen; Ein Accidentale iſt auch formoſitas, dieſe kan
nicht definiret werden, man kan freylich einem nicht rathen, daß er ſoll ei-
ne monſtroſam, die hinten und vorne einen Buckel hat, heyrathen, daher
muß einer drauf ſehen, daß er ſanam bekommt. Die Leute haben dif-
ferente concepte von der formoſité. In einem Lande wird etwas vor
ſchoͤn gehalten, was man an einem andern Orte nicht achtet. Die Si-
neſer wollten haben, daß ihre Weiber ſollten kleine Dachs-Fuͤſſe haben,
und dicke ſeyn, dahero freſſen ſie viele junge gemaͤſtete Hunde; Die
meiſten Voͤlcker aber ſind ſo beſchaffen, daß ſie auf eine proportionirte
ſtatur ſehen, und auch auf eine couleur, es ſey blond, ſchwartz ꝛc. das
iſt aber nur ein accidentale; Wenn kein irregulare, kein monſtroſum quid
da iſt; wenn man kan eine tugendſame, arbeitſame, und extraordinaire
ſchoͤne bekommen, ſo iſt es gut. Denn wenn ſie alle dieſe requiſita hat,
ſo wird ſie auch keine meretrix ſeyn. Man wird freylich keine in der
hoͤchſten perfection bekommen, unterdeſſen muß man doch wiſſen, was ei-
gentlich ad ſcopum gehoͤret. Bey dem Manne koͤnnen freylich auch vie-
le exceſſus vorgehen; Unterdeſſen geſchiehet es doch mehr bey Weibes-
Perſonen, weil ſie ſchwache Werckzeuge ſind. Der Mann muß ver-
dienen, die Frau ernehren, aber die Frau muß collaborare, diſpenſare,
daher iſt in Italien corruptiſſimus ſtatus geweſen und auch noch, daß
man die Weiber ſo eingeſchloſſen, und ſie nichts thun. Man kan auch
hier leſen den Cornelium Nepotem, welcher im Anfange eine comparai-
ſon machet unter denen Roͤmiſchen, Griechiſchen moribus. Hier iſt zu
recommendiren des Monſr. de Bosc Honette Femme, welches Buch
ſchon lange geſchrieben, weil aber das Frantzoͤſiſche darinnen alt, ſo hat
man es von neuen aufgeleget, und es nach dem heutigen ſtylo accommo-
diret. Er giebet darinnen denen Weibern erſchreckliche lectiones, deßwe-
gen leſen es die wenigſten Weiber. Die Mad. Scudery hat auch la fau-
ſe Clelie geſchrieben, ſie ſchreibet ſehr gut, hat keine groſſe conſideration
vor die Weibes-Perſonen, und erkennet gar wohl, daß dieſelben muͤſſen
regieret werden, und dem Mann folgen. Eine Frau muß freylich regie-
ret und gezogen werden, weil ſie incliniret ad vanitatem. Endlich wird
ſie geſcheut und kommt ad ſcopum. Warum hat Paulus geſagt, daß
die jungen Wittben wieder ſollten heyrathen, nicht allein propter libidi-
nem, ſondern auch propter vanitatem. Daher haben die Roͤmer gemey-
net, die Frauen ſollten in perpetua tutela ſeyn, die Teutſchen ſind aber
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