Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. III. De Incommodis, dig seyn, sonst kan er nicht fortkommen. Man weiß keinen, der gleichso fort kommen als den Wallenstein, den man gleich zum Obersten ge- nommen, aber er hatte einen trefflichen Verstand. Was man aber sonst wider den Macchiavellum herum träget, das sind lauter Weiber-Mähr- gen. Er war auch ein trefflicher Poet. Indessen aber kan man doch das Wort Macchiavellismus toleriren, und die flagitia dominationis dar- unter begreiffen, doch nicht, als wenn Macchiavellus dieselben recom- mendiret, sondern er hat solche vielmehr improbirt. Bayle in seinen Di- ction. Hist. Crit. hat auch artig von Macchiavello raisonnirt, und gewie- sen, was er vor einen scopum bey einem jeden Buche gehabt. Es ist also spuria ratio status, welche unter dem Macchiavellismo verstanden wird. chomachis- mus sey? §. 21. Gleichwie der Imperans auf flagitia dominationis gefallen, eant
Cap. III. De Incommodis, dig ſeyn, ſonſt kan er nicht fortkommen. Man weiß keinen, der gleichſo fort kommen als den Wallenſtein, den man gleich zum Oberſten ge- nommen, aber er hatte einen trefflichen Verſtand. Was man aber ſonſt wider den Macchiavellum herum traͤget, das ſind lauter Weiber-Maͤhr- gen. Er war auch ein trefflicher Poet. Indeſſen aber kan man doch das Wort Macchiavellismus toleriren, und die flagitia dominationis dar- unter begreiffen, doch nicht, als wenn Macchiavellus dieſelben recom- mendiret, ſondern er hat ſolche vielmehr improbirt. Bayle in ſeinen Di- ction. Hiſt. Crit. hat auch artig von Macchiavello raiſonnirt, und gewie- ſen, was er vor einen ſcopum bey einem jeden Buche gehabt. Es iſt alſo ſpuria ratio ſtatus, welche unter dem Macchiavellismo verſtanden wird. chomachis- mus ſey? §. 21. Gleichwie der Imperans auf flagitia dominationis gefallen, eant
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Cap. III. De Incommodis,
dig ſeyn, ſonſt kan er nicht fortkommen. Man weiß keinen, der gleich
ſo fort kommen als den Wallenſtein, den man gleich zum Oberſten ge-
nommen, aber er hatte einen trefflichen Verſtand. Was man aber ſonſt
wider den Macchiavellum herum traͤget, das ſind lauter Weiber-Maͤhr-
gen. Er war auch ein trefflicher Poet. Indeſſen aber kan man doch
das Wort Macchiavellismus toleriren, und die flagitia dominationis dar-
unter begreiffen, doch nicht, als wenn Macchiavellus dieſelben recom-
mendiret, ſondern er hat ſolche vielmehr improbirt. Bayle in ſeinen Di-
ction. Hiſt. Crit. hat auch artig von Macchiavello raiſonnirt, und gewie-
ſen, was er vor einen ſcopum bey einem jeden Buche gehabt. Es iſt
alſo ſpuria ratio ſtatus, welche unter dem Macchiavellismo verſtanden
wird.
§. 21. Gleichwie der Imperans auf flagitia dominationis gefallen,
davon unten ſpecialiter wird gehandelt werden; alſo hat auch der peuple
ſeine incommoda, ſo ihn drucken geſehen. Daher hat er gerne wollen
in indolentia ſeyn, weil die indolentia wenigſtens initium felicitatis:
denn die dolores maceriren den Menſchen. Sie haben aber nicht ge-
wuſt, die dolores recht wegzuſchaffen, daher ſind ſie auf allerhand ex-
trema gefallen; ſie ſind Monarchomachi worden. Μάχομας heiſt pugno,
pugnant contra Monarchiam. Alles imperium wollen ſie abſchaffen,
und die Imperantes todt machen. Da kommt denn ein Æolus, ein Tri-
bunus plebis dazu, und ſagt: Laßt uns den Tarquinium ſuperbum weg-
jagen, daß wir koͤnnen von doloribus frey ſeyn. In der That aber helf-
fen ſie ſich nicht, denn die Menſchen utpote in civitate viventes, koͤnnen
nicht ſine imperio ſeyn. Weil ſie nun kein imperium wollen haben, da
fallen ſie darauf, ad minimum tollantur Monarchiæ. Ob ich nun gleich
davor halte, daß die Monarchie ſehr gefaͤhrlich, wenn der Imperans ab-
weichet von ſeinem principio, & artes regnandi veras non ſectatur. Da-
her hat auch GOtt zu denen Juden geſaget: Er wolle ihnen keinen Koͤ-
nig geben, ſondern er hat ſie durch Richter regieren laſſen, und wie ſie
einen Koͤnig haben wollten, ſtellete ihnen Samuel alle incommoda vor,
deßwegen haben aber doch auch die uͤbrigen ſpecies, als Ariſtocratia und
Democratia ihre incommoda. Es iſt uͤberall ſo beſchaffen, ſi deflectunt
a ſcopo Ariſti, ſo tauget es nichts, und ſaget Ariſtoteles: alsdenn wuͤrde
eine Oligarchia draus. Pauci exerciren da Tyrannidem. Dieſe haben
ebenfalls nicht die intention, daß ſie die civitatem wollen regieren, wie
ein Vater ſeine Familie. Endlich wollen ſie gar kein imperium mehr
leiden, ſie dencken, ſie waͤren ſelbſt tuͤchtig zu regieren, wollen keine
incommoda pro republica ausſtehen, und ſagen; Pereat Monarcha, per-
eant
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