Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.Von den Gerechtsamen Unterthanen in des andern Landen eben das Rechtens,was unter den europäischen Nazionen deshalb ange- nommen ist a]. Dies findet auch in Ansehung der Würden, Titel etc. unter den Reichsständen selbst Statt b]. Nur was die Standeserhöhungen und Wappenertheilungen anlanget, wird der Kaiser bekant- lich hierinn als die einzige Quelle derselben durch ganz Teutschland angesehn, wenn ein Reichsstand nicht be- sondere Privilegien deshalb besitzt c]. Ob man dem Reichsoberhaupte nun gleich dieses Recht nicht in Zweifel ziehen kann, so werden doch dessen Begnadi- gungen hierunter in den meisten Reichslanden nicht ganz unbedingt, auch gewönlich nicht eher anerkant d], als bis derienige, welcher dergleichen erhalten zu haben vorgiebt, sich durch Vorzeigung des darüber erhaltenen Diploms e] behörig legitimirt, und nach deshalb an- gestelter Untersuchung, die Notification ins Land er- gangen ist. Gemeiniglich geschieht auch vom Kaiser selbst eine Anzeige davon an den Landesherrn, dessen Unterthan der Begnadigte ist. Daß übrigens derglei- chen kaiserliche Standeserhöhungen und Titulaturen den Landesherrn keinen Nachtheil zufügen sollen, wird ausdrücklich in der kaiserlichen Wahlcapitulation ver- sichert f]: und so versteht es sich auch, daß Untertha- nen die von Mitständen erhaltenen Titel, Würden etc. nicht zum Nachtheil ihrer Landesfürsten gebrauchen dürfen g]. Bey der Ehrloserklärung eines Unterthanen komt a] Als Schuldigkeit können die teutschen Landesherrn, wie v. Römer im Völkerrecht der Teutschen S. 212. erinnert, freilich nicht verlangen, daß auswärtige Na- Von den Gerechtſamen Unterthanen in des andern Landen eben das Rechtens,was unter den europaͤiſchen Nazionen deshalb ange- nommen iſt a]. Dies findet auch in Anſehung der Wuͤrden, Titel ꝛc. unter den Reichsſtaͤnden ſelbſt Statt b]. Nur was die Standeserhoͤhungen und Wappenertheilungen anlanget, wird der Kaiſer bekant- lich hierinn als die einzige Quelle derſelben durch ganz Teutſchland angeſehn, wenn ein Reichsſtand nicht be- ſondere Privilegien deshalb beſitzt c]. Ob man dem Reichsoberhaupte nun gleich dieſes Recht nicht in Zweifel ziehen kann, ſo werden doch deſſen Begnadi- gungen hierunter in den meiſten Reichslanden nicht ganz unbedingt, auch gewoͤnlich nicht eher anerkant d], als bis derienige, welcher dergleichen erhalten zu haben vorgiebt, ſich durch Vorzeigung des daruͤber erhaltenen Diploms e] behoͤrig legitimirt, und nach deshalb an- geſtelter Unterſuchung, die Notification ins Land er- gangen iſt. Gemeiniglich geſchieht auch vom Kaiſer ſelbſt eine Anzeige davon an den Landesherrn, deſſen Unterthan der Begnadigte iſt. Daß uͤbrigens derglei- chen kaiſerliche Standeserhoͤhungen und Titulaturen den Landesherrn keinen Nachtheil zufuͤgen ſollen, wird ausdruͤcklich in der kaiſerlichen Wahlcapitulation ver- ſichert f]: und ſo verſteht es ſich auch, daß Untertha- nen die von Mitſtaͤnden erhaltenen Titel, Wuͤrden ꝛc. nicht zum Nachtheil ihrer Landesfuͤrſten gebrauchen duͤrfen g]. Bey der Ehrloserklaͤrung eines Unterthanen komt a] Als Schuldigkeit koͤnnen die teutſchen Landesherrn, wie v. Roͤmer im Voͤlkerrecht der Teutſchen S. 212. erinnert, freilich nicht verlangen, daß auswaͤrtige Na- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0370" n="356"/><fw place="top" type="header">Von den Gerechtſamen</fw><lb/> Unterthanen in des andern Landen eben das Rechtens,<lb/> was unter den europaͤiſchen Nazionen deshalb ange-<lb/> nommen iſt <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">a</hi></hi>]. Dies findet auch in Anſehung der<lb/> Wuͤrden, Titel ꝛc. unter den Reichsſtaͤnden ſelbſt<lb/> Statt <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">b</hi></hi>]. 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Von den Gerechtſamen
Unterthanen in des andern Landen eben das Rechtens,
was unter den europaͤiſchen Nazionen deshalb ange-
nommen iſt a]. Dies findet auch in Anſehung der
Wuͤrden, Titel ꝛc. unter den Reichsſtaͤnden ſelbſt
Statt b]. Nur was die Standeserhoͤhungen und
Wappenertheilungen anlanget, wird der Kaiſer bekant-
lich hierinn als die einzige Quelle derſelben durch ganz
Teutſchland angeſehn, wenn ein Reichsſtand nicht be-
ſondere Privilegien deshalb beſitzt c]. Ob man dem
Reichsoberhaupte nun gleich dieſes Recht nicht in
Zweifel ziehen kann, ſo werden doch deſſen Begnadi-
gungen hierunter in den meiſten Reichslanden nicht
ganz unbedingt, auch gewoͤnlich nicht eher anerkant d],
als bis derienige, welcher dergleichen erhalten zu haben
vorgiebt, ſich durch Vorzeigung des daruͤber erhaltenen
Diploms e] behoͤrig legitimirt, und nach deshalb an-
geſtelter Unterſuchung, die Notification ins Land er-
gangen iſt. Gemeiniglich geſchieht auch vom Kaiſer
ſelbſt eine Anzeige davon an den Landesherrn, deſſen
Unterthan der Begnadigte iſt. Daß uͤbrigens derglei-
chen kaiſerliche Standeserhoͤhungen und Titulaturen
den Landesherrn keinen Nachtheil zufuͤgen ſollen, wird
ausdruͤcklich in der kaiſerlichen Wahlcapitulation ver-
ſichert f]: und ſo verſteht es ſich auch, daß Untertha-
nen die von Mitſtaͤnden erhaltenen Titel, Wuͤrden ꝛc.
nicht zum Nachtheil ihrer Landesfuͤrſten gebrauchen
duͤrfen g].
Bey der Ehrloserklaͤrung eines Unterthanen komt
es auf das Gutbefinden der Mitſtaͤnde an, ob ſie ihm
bey ſich der Ehre wieder theilhaft werden laſſen wollen;
doch kann dieſes allerdings bey dem erſtern Staate keine
Wuͤrkung haben h].
a] Als Schuldigkeit koͤnnen die teutſchen Landesherrn, wie
v. Roͤmer im Voͤlkerrecht der Teutſchen S. 212.
erinnert, freilich nicht verlangen, daß auswaͤrtige Na-
zionen
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