Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.Von den Gerechtsamen und auf gleiche Weise soll im ähnlichen Fall in Frank-reich gegen einen Schweitzer verfahren werden. Auch verpflichten sich Art. 14. S. Maj. und die Eidgenossen- schaft, dieienigen von ihren gegenseitigen Unterthanen nicht in ihren Schutz aufzunehmen, welche um offenba- rer und erwiesener Missethaten willen flüchtig, oder um Hauptverbrechen aus der ein- oder andern Botmässigkeit verwiesen worden sind; sie versprechen vielmehr, wie es zwischen guten und getreuen Verbündeten sich geziemet, alle ihre Sorgen dahin zu verwenden, daß dieselben weggeiagt werden. c] Die Staaten von Holland faßten 1653. eine Resolu- tion, daß keine fremde Standesperson, ohne vorherige Erlaubnis, sich in ihr Gebiet flüchten solle. s. Lettres et Negociat. de Witt Tom. 5. p. 4. 5. So wurden auch bey Anbauung eines Theils von Andalusien von Seiten Spaniens keine Franzosen angenommen, ob sie sich schon häufig meldeten. Die verdächtigen Personen musten einen Taufschein oder sonst ein glaubwürdiges Zeugnis aufweisen. Mosers Beitr. in Fr. Zeit. 5. Th. S. 412. Daß Grotius [L. II. c. 2. §. 16.] hierinn zu weit gehe, und daß den fremden Ankömlingen kein volkomnes Recht auf die noch unbebauten Gegenden eines Landes, obgleich unter dessen Oberherschaft, zustehe, habe ich bereits zuvor [2. B. 5. K. §. 4.] gezeigt. Vertriebene haben allerdings Anspruch an irgend einen Wohnplatz [Wolff I. G. c. 1. §. 147. seqq.] und die- ser ist ihnen ohne triftige Ursachen nicht leicht zu verwei- gern, er bleibt aber, in Rücksicht einzelner Nazionen, immer unvolkommen, weil diesen die Untersuchung über- lassen ist, ob die Aufnahme ihrem Staate zuträglich sey oder nicht, ob die Fruchtbarkeit des Landes sie erlaube, und ob sie ohne Nachtheil der Sitten, Religion etc. ge- schehen könne? Es stehet ihnen auch auf ieden Fall frey, durch Vertheilung der Einwandernden in einzelne Hau- Von den Gerechtſamen und auf gleiche Weiſe ſoll im aͤhnlichen Fall in Frank-reich gegen einen Schweitzer verfahren werden. Auch verpflichten ſich Art. 14. S. Maj. und die Eidgenoſſen- ſchaft, dieienigen von ihren gegenſeitigen Unterthanen nicht in ihren Schutz aufzunehmen, welche um offenba- rer und erwieſener Miſſethaten willen fluͤchtig, oder um Hauptverbrechen aus der ein- oder andern Botmaͤſſigkeit verwieſen worden ſind; ſie verſprechen vielmehr, wie es zwiſchen guten und getreuen Verbuͤndeten ſich geziemet, alle ihre Sorgen dahin zu verwenden, daß dieſelben weggeiagt werden. c] Die Staaten von Holland faßten 1653. eine Reſolu- tion, daß keine fremde Standesperſon, ohne vorherige Erlaubnis, ſich in ihr Gebiet fluͤchten ſolle. ſ. Lettres et Negociat. de Witt Tom. 5. p. 4. 5. So wurden auch bey Anbauung eines Theils von Andaluſien von Seiten Spaniens keine Franzoſen angenommen, ob ſie ſich ſchon haͤufig meldeten. Die verdaͤchtigen Perſonen muſten einen Taufſchein oder ſonſt ein glaubwuͤrdiges Zeugnis aufweiſen. Moſers Beitr. in Fr. Zeit. 5. Th. S. 412. Daß Grotius [L. II. c. 2. §. 16.] hierinn zu weit gehe, und daß den fremden Ankoͤmlingen kein volkomnes Recht auf die noch unbebauten Gegenden eines Landes, obgleich unter deſſen Oberherſchaft, zuſtehe, habe ich bereits zuvor [2. B. 5. K. §. 4.] gezeigt. Vertriebene haben allerdings Anſpruch an irgend einen Wohnplatz [Wolff I. G. c. 1. §. 147. ſeqq.] und die- ſer iſt ihnen ohne triftige Urſachen nicht leicht zu verwei- gern, er bleibt aber, in Ruͤckſicht einzelner Nazionen, immer unvolkommen, weil dieſen die Unterſuchung uͤber- laſſen iſt, ob die Aufnahme ihrem Staate zutraͤglich ſey oder nicht, ob die Fruchtbarkeit des Landes ſie erlaube, und ob ſie ohne Nachtheil der Sitten, Religion ꝛc. ge- ſchehen koͤnne? Es ſtehet ihnen auch auf ieden Fall frey, durch Vertheilung der Einwandernden in einzelne Hau- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <note place="end" n="b]"><pb facs="#f0314" n="300"/><fw place="top" type="header">Von den Gerechtſamen</fw><lb/> und auf gleiche Weiſe ſoll im aͤhnlichen Fall in Frank-<lb/> reich gegen einen Schweitzer verfahren werden. Auch<lb/> verpflichten ſich Art. 14. S. Maj. und die Eidgenoſſen-<lb/> ſchaft, dieienigen von ihren gegenſeitigen Unterthanen<lb/> nicht in ihren Schutz aufzunehmen, welche um offenba-<lb/> rer und erwieſener Miſſethaten willen fluͤchtig, oder um<lb/> Hauptverbrechen aus der ein- oder andern Botmaͤſſigkeit<lb/> verwieſen worden ſind; ſie verſprechen vielmehr, wie es<lb/> zwiſchen guten und getreuen Verbuͤndeten ſich geziemet,<lb/> alle ihre Sorgen dahin zu verwenden, daß dieſelben<lb/> weggeiagt werden.</note><lb/> <note place="end" n="c]">Die Staaten von Holland faßten 1653. eine Reſolu-<lb/> tion, daß keine fremde Standesperſon, ohne vorherige<lb/> Erlaubnis, ſich in ihr Gebiet fluͤchten ſolle. ſ. <hi rendition="#aq">Lettres<lb/> et Negociat. de <hi rendition="#i">Witt</hi> Tom. 5. p.</hi> 4. 5. So wurden<lb/> auch bey Anbauung eines Theils von Andaluſien von<lb/> Seiten Spaniens keine Franzoſen angenommen, ob ſie<lb/> ſich ſchon haͤufig meldeten. Die verdaͤchtigen Perſonen<lb/> muſten einen Taufſchein oder ſonſt ein glaubwuͤrdiges<lb/> Zeugnis aufweiſen. <hi rendition="#fr">Moſers</hi> Beitr. in Fr. Zeit. 5. Th.<lb/> S. 412. Daß Grotius [<hi rendition="#aq">L. II. c.</hi> 2. §. 16.] hierinn<lb/> zu weit gehe, und daß den fremden Ankoͤmlingen kein<lb/> volkomnes Recht auf die noch unbebauten Gegenden eines<lb/> Landes, obgleich unter deſſen Oberherſchaft, zuſtehe,<lb/> habe ich bereits zuvor [2. B. 5. K. §. 4.] gezeigt.<lb/> Vertriebene haben allerdings Anſpruch an irgend einen<lb/> Wohnplatz [<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Wolff</hi> I. G. c. 1. §. 147. ſeqq.</hi>] und die-<lb/> ſer iſt ihnen ohne triftige Urſachen nicht leicht zu verwei-<lb/> gern, er bleibt aber, in Ruͤckſicht einzelner Nazionen,<lb/> immer unvolkommen, weil dieſen die Unterſuchung uͤber-<lb/> laſſen iſt, ob die Aufnahme ihrem Staate zutraͤglich ſey<lb/> oder nicht, ob die Fruchtbarkeit des Landes ſie erlaube,<lb/> und ob ſie ohne Nachtheil der Sitten, Religion ꝛc. ge-<lb/> ſchehen koͤnne? Es ſtehet ihnen auch auf ieden Fall frey,<lb/> durch Vertheilung der Einwandernden in einzelne Hau-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">fen</fw><lb/></note> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [300/0314]
Von den Gerechtſamen
b]
und auf gleiche Weiſe ſoll im aͤhnlichen Fall in Frank-
reich gegen einen Schweitzer verfahren werden. Auch
verpflichten ſich Art. 14. S. Maj. und die Eidgenoſſen-
ſchaft, dieienigen von ihren gegenſeitigen Unterthanen
nicht in ihren Schutz aufzunehmen, welche um offenba-
rer und erwieſener Miſſethaten willen fluͤchtig, oder um
Hauptverbrechen aus der ein- oder andern Botmaͤſſigkeit
verwieſen worden ſind; ſie verſprechen vielmehr, wie es
zwiſchen guten und getreuen Verbuͤndeten ſich geziemet,
alle ihre Sorgen dahin zu verwenden, daß dieſelben
weggeiagt werden.
c] Die Staaten von Holland faßten 1653. eine Reſolu-
tion, daß keine fremde Standesperſon, ohne vorherige
Erlaubnis, ſich in ihr Gebiet fluͤchten ſolle. ſ. Lettres
et Negociat. de Witt Tom. 5. p. 4. 5. So wurden
auch bey Anbauung eines Theils von Andaluſien von
Seiten Spaniens keine Franzoſen angenommen, ob ſie
ſich ſchon haͤufig meldeten. Die verdaͤchtigen Perſonen
muſten einen Taufſchein oder ſonſt ein glaubwuͤrdiges
Zeugnis aufweiſen. Moſers Beitr. in Fr. Zeit. 5. Th.
S. 412. Daß Grotius [L. II. c. 2. §. 16.] hierinn
zu weit gehe, und daß den fremden Ankoͤmlingen kein
volkomnes Recht auf die noch unbebauten Gegenden eines
Landes, obgleich unter deſſen Oberherſchaft, zuſtehe,
habe ich bereits zuvor [2. B. 5. K. §. 4.] gezeigt.
Vertriebene haben allerdings Anſpruch an irgend einen
Wohnplatz [Wolff I. G. c. 1. §. 147. ſeqq.] und die-
ſer iſt ihnen ohne triftige Urſachen nicht leicht zu verwei-
gern, er bleibt aber, in Ruͤckſicht einzelner Nazionen,
immer unvolkommen, weil dieſen die Unterſuchung uͤber-
laſſen iſt, ob die Aufnahme ihrem Staate zutraͤglich ſey
oder nicht, ob die Fruchtbarkeit des Landes ſie erlaube,
und ob ſie ohne Nachtheil der Sitten, Religion ꝛc. ge-
ſchehen koͤnne? Es ſtehet ihnen auch auf ieden Fall frey,
durch Vertheilung der Einwandernden in einzelne Hau-
fen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/314 |
Zitationshilfe: | Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/314>, abgerufen am 19.07.2024. |