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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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Vom gemeinsch. u. geteilten, unvolkommenen
Rechte fehlt, und wenn man weiß, daß das Principium
fehlerhaft ist und noch vielweniger, wenn von Sachen
zwischen Souverains die Rede ist, da die Veriährungen
von den bürgerlichen Gesetzen blos eingeführt sind, um
die Ruhe der Privatleute zu unterhalten -- Uebrigens
wird in diesem Schreiben noch behauptet: daß bey der
Uebergabe des Zelters keine feierliche Ceremonie und äus-
serer Pomp nöthig sey, weil in den päpstlichen Bullen
besonders Jul II. und Leo X. welche letztere nachher be-
ständig zur Norm gedient -- davon nichts enthalten
sey, die Fürsten sie auch niemals versprochen hätten,
wie sie doch in Ansehung eines Artikels von solcher Wich-
tigkeit ausdrücklich und mit Deutlichkeit, auch in bestim-
ten Worten hätten thun sollen. Die Gewonheit sey nach
und nach, man wisse nicht wie, vielleicht aus Ceremo-
nie und eitler Prachtliebe in vorigen Jahrhunderten ein-
geführt und in unsern Zeiten beibehalten worden. Und
wenn auch der König sie selbst in vorigen Jahren aus
Convenienz beobachtet hätte, so glaube er doch nicht,
sich dadurch auf eine Art verbindlich gemacht zu haben,
sie fortsetzen zu müssen, da es eine blosse Befugnis ist,
die niemanden vermöge ihrer eignen Natur zur eignen
Beobachtung verbinden könne. Aus einigen zufälligen
Worten, die nachher in etlichen Bullen gegen Kaiser
Karl VI. etc. vorgekommen, sey keine Abänderung iener
Bullen Leo X. etc. zu folgern.
Von päpstlicher Seite erschienen annoch über diesen
Streit, iedoch blos als Privatschrift, wovon der Car-
dinal Stephan Borgia Verfasser seyn soll:
Breve Istoria del dominio temporale della sede apo-
stolica nelle due Sicilie descritta in tre libri, Roma

1788. 4.
Von Seiten Neapel:
1) Del preteso dominio diretto della S. Sede in ragion
feudale sul reame di Napoli; e de vantati diritti

Vom gemeinſch. u. geteilten, unvolkommenen
Rechte fehlt, und wenn man weiß, daß das Principium
fehlerhaft iſt und noch vielweniger, wenn von Sachen
zwiſchen Souverains die Rede iſt, da die Veriaͤhrungen
von den buͤrgerlichen Geſetzen blos eingefuͤhrt ſind, um
die Ruhe der Privatleute zu unterhalten — Uebrigens
wird in dieſem Schreiben noch behauptet: daß bey der
Uebergabe des Zelters keine feierliche Ceremonie und aͤuſ-
ſerer Pomp noͤthig ſey, weil in den paͤpſtlichen Bullen
beſonders Jul II. und Leo X. welche letztere nachher be-
ſtaͤndig zur Norm gedient — davon nichts enthalten
ſey, die Fuͤrſten ſie auch niemals verſprochen haͤtten,
wie ſie doch in Anſehung eines Artikels von ſolcher Wich-
tigkeit ausdruͤcklich und mit Deutlichkeit, auch in beſtim-
ten Worten haͤtten thun ſollen. Die Gewonheit ſey nach
und nach, man wiſſe nicht wie, vielleicht aus Ceremo-
nie und eitler Prachtliebe in vorigen Jahrhunderten ein-
gefuͤhrt und in unſern Zeiten beibehalten worden. Und
wenn auch der Koͤnig ſie ſelbſt in vorigen Jahren aus
Convenienz beobachtet haͤtte, ſo glaube er doch nicht,
ſich dadurch auf eine Art verbindlich gemacht zu haben,
ſie fortſetzen zu muͤſſen, da es eine bloſſe Befugnis iſt,
die niemanden vermoͤge ihrer eignen Natur zur eignen
Beobachtung verbinden koͤnne. Aus einigen zufaͤlligen
Worten, die nachher in etlichen Bullen gegen Kaiſer
Karl VI. ꝛc. vorgekommen, ſey keine Abaͤnderung iener
Bullen Leo X. ꝛc. zu folgern.
Von paͤpſtlicher Seite erſchienen annoch uͤber dieſen
Streit, iedoch blos als Privatſchrift, wovon der Car-
dinal Stephan Borgia Verfaſſer ſeyn ſoll:
Breve Iſtoria del dominio temporale della ſede apo-
ſtolica nelle due Sicilie deſcritta in tre libri, Roma

1788. 4.
Von Seiten Neapel:
1) Del preteſo dominio diretto della S. Sede in ragion
feudale ſul reame di Napoli; e de vantati diritti

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[166/0180] Vom gemeinſch. u. geteilten, unvolkommenen f] Rechte fehlt, und wenn man weiß, daß das Principium fehlerhaft iſt und noch vielweniger, wenn von Sachen zwiſchen Souverains die Rede iſt, da die Veriaͤhrungen von den buͤrgerlichen Geſetzen blos eingefuͤhrt ſind, um die Ruhe der Privatleute zu unterhalten — Uebrigens wird in dieſem Schreiben noch behauptet: daß bey der Uebergabe des Zelters keine feierliche Ceremonie und aͤuſ- ſerer Pomp noͤthig ſey, weil in den paͤpſtlichen Bullen beſonders Jul II. und Leo X. welche letztere nachher be- ſtaͤndig zur Norm gedient — davon nichts enthalten ſey, die Fuͤrſten ſie auch niemals verſprochen haͤtten, wie ſie doch in Anſehung eines Artikels von ſolcher Wich- tigkeit ausdruͤcklich und mit Deutlichkeit, auch in beſtim- ten Worten haͤtten thun ſollen. Die Gewonheit ſey nach und nach, man wiſſe nicht wie, vielleicht aus Ceremo- nie und eitler Prachtliebe in vorigen Jahrhunderten ein- gefuͤhrt und in unſern Zeiten beibehalten worden. Und wenn auch der Koͤnig ſie ſelbſt in vorigen Jahren aus Convenienz beobachtet haͤtte, ſo glaube er doch nicht, ſich dadurch auf eine Art verbindlich gemacht zu haben, ſie fortſetzen zu muͤſſen, da es eine bloſſe Befugnis iſt, die niemanden vermoͤge ihrer eignen Natur zur eignen Beobachtung verbinden koͤnne. Aus einigen zufaͤlligen Worten, die nachher in etlichen Bullen gegen Kaiſer Karl VI. ꝛc. vorgekommen, ſey keine Abaͤnderung iener Bullen Leo X. ꝛc. zu folgern. Von paͤpſtlicher Seite erſchienen annoch uͤber dieſen Streit, iedoch blos als Privatſchrift, wovon der Car- dinal Stephan Borgia Verfaſſer ſeyn ſoll: Breve Iſtoria del dominio temporale della ſede apo- ſtolica nelle due Sicilie deſcritta in tre libri, Roma 1788. 4. Von Seiten Neapel: 1) Del preteſo dominio diretto della S. Sede in ragion feudale ſul reame di Napoli; e de vantati diritti della

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/180>, abgerufen am 22.11.2024.