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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von der Macht der Nazionen
ward das teutsche Gleichgewicht erhalten und dem Hause
Pfalz der gröste Theil der baierischen Erbschaft, unter
Garantie zwey großer Höfe, gelassen.

Das System des Gleichgewichts in Teutschland er-
regte neue Besorgnisse, als zu Anfang des Jahres 1785
der Vorschlag eines Austausches von Baiern gegen die
Niederlande auf die Bahn gebracht wurde. Der König
von Preussen nebst dem Herzoge von Zweibrücken zog
die Verträge von Teschen und Pavia sowohl, als das
teutsche Gleichgewicht als unerschütterliche Gesetze gegen
alle Veräusserung Baierns an. Der kaiserliche Hof
versicherte in öffentlichen Erklärungen, daß er nie an
einen gewaltsamen Tausch von Baiern denken würde,
und erneuerte dadurch das Zutrauen, das man iederzeit
in seine Gerechtigkeitsliebe und Grosmuth gesetzt hat.
Die vornehmsten Glieder des pfälzischen Hauses erklär-
ten ihrer Seits, daß sie sich nie zu einen freiwilligen
Austausch von Baiern verstehen würden. Durch diesen
Zusammenflus besonderer Umstände und öffentlicher auf
einander sich beziehender Erklärungen ist nun, ohne einen
förmlichen Vertrag, eine neue, feierliche im Angesicht
von Europa volzogene Verbindung der vornehmsten inter-
essirten Theile entstanden, welche die Sicherheit und das
Gleichgewicht von Teutschland auf lange Zeit befestigt.
Indes gaben diese Unruhe und Besorgnisse, welche der
bloße Name eines solchen Vorhabens nothwendig erwek-
ken muste, zu der constitutionsmäsigen Association
Anlas, welche den 23sten Julius [1785] zu Berlin zwi-
schen den drey Kurfürsten von Sachsen, Brandenburg
und Braunschweig geschlossen ward h]. Als eine Erneu-
erung der alten Verbindung der erlauchten contrahirenden
Häuser ist sie blos vertheidigend, und hat lediglich die
Erhaltung des constitutionsmäsigen Systems des teut-
schen Reichs sowohl, als der Besitzungen und Rechte
aller seiner Glieder zum Gegenstand i]. ---- Man

kan

Von der Macht der Nazionen
ward das teutſche Gleichgewicht erhalten und dem Hauſe
Pfalz der groͤſte Theil der baieriſchen Erbſchaft, unter
Garantie zwey großer Hoͤfe, gelaſſen.

Das Syſtem des Gleichgewichts in Teutſchland er-
regte neue Beſorgniſſe, als zu Anfang des Jahres 1785
der Vorſchlag eines Austauſches von Baiern gegen die
Niederlande auf die Bahn gebracht wurde. Der Koͤnig
von Preuſſen nebſt dem Herzoge von Zweibruͤcken zog
die Vertraͤge von Teſchen und Pavia ſowohl, als das
teutſche Gleichgewicht als unerſchuͤtterliche Geſetze gegen
alle Veraͤuſſerung Baierns an. Der kaiſerliche Hof
verſicherte in oͤffentlichen Erklaͤrungen, daß er nie an
einen gewaltſamen Tauſch von Baiern denken wuͤrde,
und erneuerte dadurch das Zutrauen, das man iederzeit
in ſeine Gerechtigkeitsliebe und Grosmuth geſetzt hat.
Die vornehmſten Glieder des pfaͤlziſchen Hauſes erklaͤr-
ten ihrer Seits, daß ſie ſich nie zu einen freiwilligen
Austauſch von Baiern verſtehen wuͤrden. Durch dieſen
Zuſammenflus beſonderer Umſtaͤnde und oͤffentlicher auf
einander ſich beziehender Erklaͤrungen iſt nun, ohne einen
foͤrmlichen Vertrag, eine neue, feierliche im Angeſicht
von Europa volzogene Verbindung der vornehmſten inter-
eſſirten Theile entſtanden, welche die Sicherheit und das
Gleichgewicht von Teutſchland auf lange Zeit befeſtigt.
Indes gaben dieſe Unruhe und Beſorgniſſe, welche der
bloße Name eines ſolchen Vorhabens nothwendig erwek-
ken muſte, zu der conſtitutionsmaͤſigen Aſſociation
Anlas, welche den 23ſten Julius [1785] zu Berlin zwi-
ſchen den drey Kurfuͤrſten von Sachſen, Brandenburg
und Braunſchweig geſchloſſen ward h]. Als eine Erneu-
erung der alten Verbindung der erlauchten contrahirenden
Haͤuſer iſt ſie blos vertheidigend, und hat lediglich die
Erhaltung des conſtitutionsmaͤſigen Syſtems des teut-
ſchen Reichs ſowohl, als der Beſitzungen und Rechte
aller ſeiner Glieder zum Gegenſtand i]. —— Man

kan
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[382/0408] Von der Macht der Nazionen ward das teutſche Gleichgewicht erhalten und dem Hauſe Pfalz der groͤſte Theil der baieriſchen Erbſchaft, unter Garantie zwey großer Hoͤfe, gelaſſen. Das Syſtem des Gleichgewichts in Teutſchland er- regte neue Beſorgniſſe, als zu Anfang des Jahres 1785 der Vorſchlag eines Austauſches von Baiern gegen die Niederlande auf die Bahn gebracht wurde. Der Koͤnig von Preuſſen nebſt dem Herzoge von Zweibruͤcken zog die Vertraͤge von Teſchen und Pavia ſowohl, als das teutſche Gleichgewicht als unerſchuͤtterliche Geſetze gegen alle Veraͤuſſerung Baierns an. Der kaiſerliche Hof verſicherte in oͤffentlichen Erklaͤrungen, daß er nie an einen gewaltſamen Tauſch von Baiern denken wuͤrde, und erneuerte dadurch das Zutrauen, das man iederzeit in ſeine Gerechtigkeitsliebe und Grosmuth geſetzt hat. Die vornehmſten Glieder des pfaͤlziſchen Hauſes erklaͤr- ten ihrer Seits, daß ſie ſich nie zu einen freiwilligen Austauſch von Baiern verſtehen wuͤrden. Durch dieſen Zuſammenflus beſonderer Umſtaͤnde und oͤffentlicher auf einander ſich beziehender Erklaͤrungen iſt nun, ohne einen foͤrmlichen Vertrag, eine neue, feierliche im Angeſicht von Europa volzogene Verbindung der vornehmſten inter- eſſirten Theile entſtanden, welche die Sicherheit und das Gleichgewicht von Teutſchland auf lange Zeit befeſtigt. Indes gaben dieſe Unruhe und Beſorgniſſe, welche der bloße Name eines ſolchen Vorhabens nothwendig erwek- ken muſte, zu der conſtitutionsmaͤſigen Aſſociation Anlas, welche den 23ſten Julius [1785] zu Berlin zwi- ſchen den drey Kurfuͤrſten von Sachſen, Brandenburg und Braunſchweig geſchloſſen ward h]. Als eine Erneu- erung der alten Verbindung der erlauchten contrahirenden Haͤuſer iſt ſie blos vertheidigend, und hat lediglich die Erhaltung des conſtitutionsmaͤſigen Syſtems des teut- ſchen Reichs ſowohl, als der Beſitzungen und Rechte aller ſeiner Glieder zum Gegenſtand i]. —— Man kan

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/408>, abgerufen am 21.05.2024.