Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Günther, Johann: Send-Schreiben an einen S. Theologum. Leipzig, 1711.

Bild:
<< vorherige Seite

gen die Römisch-Catholische Religion den Standes-Personen anpreisen / weil bey ihnen so viele Gelegenheit ist / daß Standes-Personen Standes-mäßig leben können; da hingegen bey den Protestirenden keine Gelegenheit sey. Und also wehlen viele den geistlichen Stand / nicht aus einer sonderbahren Gnaden-Wirckung GOttes / sondern aus Staats-Ursachen / aus Liebe zur Welt etc. Die Nachfolge Christi erfordert die Verläugnung sein selbst / und darzu sind wenig zu bringen. Es sind aber auch zwar viel beruffen / aber wenig auserwehlt / Matth. 16 / 20.

Antwort auf die acht und zwanzigste Betrachtung.

Diese Ursache und Motive von einer Muthmaßung und unbedachtsamen Urtheil zweyer Lutherischen Prediger kan wohl eine schlechte Ursache geben / und wenn es auch gleich nur eine Neben-Ursache seyn solte. Denn erstlich ist ja nicht nur die Keuschheit und Reinigkeit / sondern auch alle andere NB. wahre Christliche Tugenden / sonderbahre Gaben und Gnaden GOttes. Zum andern ist ja das nicht nur Keuschheit ohne Ehestand leben / sondern es ist auch castitas con-

gen die Römisch-Catholische Religion den Standes-Personen anpreisen / weil bey ihnen so viele Gelegenheit ist / daß Standes-Personen Standes-mäßig leben können; da hingegen bey den Protestirenden keine Gelegenheit sey. Und also wehlen viele den geistlichen Stand / nicht aus einer sonderbahren Gnaden-Wirckung GOttes / sondern aus Staats-Ursachen / aus Liebe zur Welt etc. Die Nachfolge Christi erfordert die Verläugnung sein selbst / und darzu sind wenig zu bringen. Es sind aber auch zwar viel beruffen / aber wenig auserwehlt / Matth. 16 / 20.

Antwort auf die acht und zwanzigste Betrachtung.

Diese Ursache und Motive von einer Muthmaßung und unbedachtsamen Urtheil zweyer Lutherischen Prediger kan wohl eine schlechte Ursache geben / und wenn es auch gleich nur eine Neben-Ursache seyn solte. Denn erstlich ist ja nicht nur die Keuschheit und Reinigkeit / sondern auch alle andere NB. wahre Christliche Tugenden / sonderbahre Gaben und Gnaden GOttes. Zum andern ist ja das nicht nur Keuschheit ohne Ehestand leben / sondern es ist auch castitas con-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0060" n="60"/>
gen die Römisch-Catholische                      Religion den Standes-Personen anpreisen / weil bey ihnen so viele Gelegenheit                      ist / daß Standes-Personen Standes-mäßig leben können; da hingegen bey den                      Protestirenden keine Gelegenheit sey. Und also wehlen viele den geistlichen                      Stand / nicht aus einer sonderbahren Gnaden-Wirckung GOttes / sondern aus                      Staats-Ursachen / aus Liebe zur Welt etc. Die Nachfolge Christi erfordert die                      Verläugnung sein selbst / und darzu sind wenig zu bringen. Es sind aber auch                      zwar viel beruffen / aber wenig auserwehlt / Matth. 16 / 20.</p>
      </div>
      <div>
        <head>Antwort auf die acht und zwanzigste Betrachtung.<lb/></head>
        <p>Diese Ursache und Motive von einer Muthmaßung und unbedachtsamen Urtheil zweyer                      Lutherischen Prediger kan wohl eine schlechte Ursache geben / und wenn es auch                      gleich nur eine Neben-Ursache seyn solte. Denn erstlich ist ja nicht nur die                      Keuschheit und Reinigkeit / sondern auch alle andere NB. wahre Christliche                      Tugenden / sonderbahre Gaben und Gnaden GOttes. Zum andern ist ja das nicht nur                      Keuschheit ohne Ehestand leben / sondern es ist auch castitas con-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0060] gen die Römisch-Catholische Religion den Standes-Personen anpreisen / weil bey ihnen so viele Gelegenheit ist / daß Standes-Personen Standes-mäßig leben können; da hingegen bey den Protestirenden keine Gelegenheit sey. Und also wehlen viele den geistlichen Stand / nicht aus einer sonderbahren Gnaden-Wirckung GOttes / sondern aus Staats-Ursachen / aus Liebe zur Welt etc. Die Nachfolge Christi erfordert die Verläugnung sein selbst / und darzu sind wenig zu bringen. Es sind aber auch zwar viel beruffen / aber wenig auserwehlt / Matth. 16 / 20. Antwort auf die acht und zwanzigste Betrachtung. Diese Ursache und Motive von einer Muthmaßung und unbedachtsamen Urtheil zweyer Lutherischen Prediger kan wohl eine schlechte Ursache geben / und wenn es auch gleich nur eine Neben-Ursache seyn solte. Denn erstlich ist ja nicht nur die Keuschheit und Reinigkeit / sondern auch alle andere NB. wahre Christliche Tugenden / sonderbahre Gaben und Gnaden GOttes. Zum andern ist ja das nicht nur Keuschheit ohne Ehestand leben / sondern es ist auch castitas con-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_sendschreiben_1711
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_sendschreiben_1711/60
Zitationshilfe: Günther, Johann: Send-Schreiben an einen S. Theologum. Leipzig, 1711, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_sendschreiben_1711/60>, abgerufen am 23.11.2024.