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Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.

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Sterbender
Und durch deß Brudern Faust deß Brudern Hertz durchrennt/
540.Kind/ Mutter/ Bruder/ Fürst/ und Fürst und Reich zutrennt.
Befleckt das Recht der Welt/ nach derer Qual gerungen
Durch welcher Beystand dir dein Will' und Wuntsch gelungen.
Jtzt schwebst du Segel-loß! jtzt splittert Mast und Schiff/
Das leider was zu früh' auff unser' Angst außliff.
545.Jtzt lodert dir die Glutt zu der du Pech getragen.
Der Donner der uns traff hat auff dich loß geschlagen.
Du sihst dein letztes Zil und kanst gar leicht verstehn;
Wie bluttig dir noch heut der Tag werd' untergehn.
Laetus. Jch seh's! und ich versteh's! und bin bereit zu
tragen
650.Was ein ergrimmtes Weib/ durch Leid getrotzt/ kan wagen.
Komm Löwin Syriens! schlag' hir die Klauen ein!
Jch poche Tod und dich. Der Leib/ die Brust ist dein/
Nicht mein behertzter Geist/ der sich zu leben schämet
Nun ein verlockter Fürst sich deiner Gunst bequemet/
555.Und was Jhm einig treu' auff deine Thränen wagt/
Komm! Laetus den du suchst; gewehrt sich unverzagt.
Iulia. Hört wie das Unthir noch in seinen Banden rase!
Und grimmig Gall' und Gifft als Sinnen-loß außblase!
Erkennt er seine Schuld? Bemüht er sich durch Bitt
560.Zu lindern ein verletzt/ doch tugendreich Gemütt?
Laetus. Jch! solt Jch dir? Die du nicht eins verzeihen kön-
Zu meiner letzten Schmach vil sanffter Worte gönnen? (nen/
Und schmeicheln deinem Haß? Nein! bilde dir nicht ein;
Daß Laetus dir noch werd' anjtzt sußfällig seyn!
565.
Iulia. Fußfällig! nicht nur uns/ auch unsers Fürsten Leichen!
Laetus. Eh wirst du mit der Hand biß an die Sterne reichen.
Iulia. Wir haben vor den Trotz wol Mittel an der Hand/
Laetus. Die hat jtzt Laetus selbst/ gebt uns deß Fürsten
Pfand!
Gebt sein geschencktes Gifft! gebt Strang und Dolchen
wider!
570.Die freye Seel' ergrimmt und bricht der schwachen Glider
Verrathen
Sterbender
Und durch deß Brudern Fauſt deß Brudern Hertz durchrennt/
540.Kind/ Mutter/ Bruder/ Fuͤrſt/ und Fuͤrſt und Reich zutrennt.
Befleckt das Recht der Welt/ nach derer Qual gerungen
Durch welcher Beyſtand dir dein Will’ und Wuntſch gelungen.
Jtzt ſchwebſt du Segel-loß! jtzt ſplittert Maſt und Schiff/
Das leider was zu fruͤh’ auff unſer’ Angſt außliff.
545.Jtzt lodert dir die Glutt zu der du Pech getragen.
Der Donner der uns traff hat auff dich loß geſchlagen.
Du ſihſt dein letztes Zil und kanſt gar leicht verſtehn;
Wie bluttig dir noch heut der Tag werd’ untergehn.
Lætus. Jch ſeh’s! und ich verſteh’s! und bin bereit zu
tragen
650.Was ein ergrim̃tes Weib/ durch Leid getrotzt/ kan wagen.
Kom̃ Loͤwin Syriens! ſchlag’ hir die Klauen ein!
Jch poche Tod und dich. Der Leib/ die Bruſt iſt dein/
Nicht mein behertzter Geiſt/ der ſich zu leben ſchaͤmet
Nun ein verlockter Fuͤrſt ſich deiner Gunſt bequemet/
555.Und was Jhm einig treu’ auff deine Thraͤnen wagt/
Kom̃! Lætus den du ſuchſt; gewehrt ſich unverzagt.
Iulia. Hoͤrt wie das Unthir noch in ſeinen Banden raſe!
Und grimmig Gall’ und Gifft als Sinnen-loß außblaſe!
Erkennt er ſeine Schuld? Bemuͤht er ſich durch Bitt
560.Zu lindern ein verletzt/ doch tugendreich Gemuͤtt?
Lætus. Jch! ſolt Jch dir? Die du nicht eins verzeihen koͤn-
Zu meiner letzten Schmach vil ſanffter Worte goͤnnen? (nen/
Und ſchmeicheln deinem Haß? Nein! bilde dir nicht ein;
Daß Lætus dir noch werd’ anjtzt ſußfaͤllig ſeyn!
565.
Iulia. Fußfaͤllig! nicht nur uns/ auch unſers Fuͤrſten Leichẽ!
Lætus. Eh wirſt du mit der Hand biß an die Sterne reichen.
Iulia. Wir haben vor den Trotz wol Mittel an der Hand/
Lætus. Die hat jtzt Lætus ſelbſt/ gebt uns deß Fuͤrſten
Pfand!
Gebt ſein geſchencktes Gifft! gebt Strang und Dolchen
wider!
570.Die freye Seel’ ergrim̃t und bricht der ſchwachen Glider
Verrathen
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[0082] Sterbender Und durch deß Brudern Fauſt deß Brudern Hertz durchrennt/ Kind/ Mutter/ Bruder/ Fuͤrſt/ und Fuͤrſt und Reich zutrennt. Befleckt das Recht der Welt/ nach derer Qual gerungen Durch welcher Beyſtand dir dein Will’ und Wuntſch gelungen. Jtzt ſchwebſt du Segel-loß! jtzt ſplittert Maſt und Schiff/ Das leider was zu fruͤh’ auff unſer’ Angſt außliff. Jtzt lodert dir die Glutt zu der du Pech getragen. Der Donner der uns traff hat auff dich loß geſchlagen. Du ſihſt dein letztes Zil und kanſt gar leicht verſtehn; Wie bluttig dir noch heut der Tag werd’ untergehn. Lætus. Jch ſeh’s! und ich verſteh’s! und bin bereit zu tragen Was ein ergrim̃tes Weib/ durch Leid getrotzt/ kan wagen. Kom̃ Loͤwin Syriens! ſchlag’ hir die Klauen ein! Jch poche Tod und dich. Der Leib/ die Bruſt iſt dein/ Nicht mein behertzter Geiſt/ der ſich zu leben ſchaͤmet Nun ein verlockter Fuͤrſt ſich deiner Gunſt bequemet/ Und was Jhm einig treu’ auff deine Thraͤnen wagt/ Kom̃! Lætus den du ſuchſt; gewehrt ſich unverzagt. Iulia. Hoͤrt wie das Unthir noch in ſeinen Banden raſe! Und grimmig Gall’ und Gifft als Sinnen-loß außblaſe! Erkennt er ſeine Schuld? Bemuͤht er ſich durch Bitt Zu lindern ein verletzt/ doch tugendreich Gemuͤtt? Lætus. Jch! ſolt Jch dir? Die du nicht eins verzeihen koͤn- Zu meiner letzten Schmach vil ſanffter Worte goͤnnen? (nen/ Und ſchmeicheln deinem Haß? Nein! bilde dir nicht ein; Daß Lætus dir noch werd’ anjtzt ſußfaͤllig ſeyn! Iulia. Fußfaͤllig! nicht nur uns/ auch unſers Fuͤrſten Leichẽ! Lætus. Eh wirſt du mit der Hand biß an die Sterne reichen. Iulia. Wir haben vor den Trotz wol Mittel an der Hand/ Lætus. Die hat jtzt Lætus ſelbſt/ gebt uns deß Fuͤrſten Pfand! Gebt ſein geſchencktes Gifft! gebt Strang und Dolchen wider! Die freye Seel’ ergrim̃t und bricht der ſchwachen Glider Verrathen

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Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/82>, abgerufen am 03.05.2024.