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Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.

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Sterbender
Mit Flamm' und Schwerdt außreut'. Jsts aber wol zu loben
Daß man so grimmig wil auff dise Leute toben/
Und Leich auff Leichen häufft da niemand recht erkennt
90.Was jhr Verbrechen sey? Wer jetzund Christen nennt
Wil stracks daß man zur Qual auch ohn erforschen eile/
Da doch das heilge Recht gesetzte Zeit und Weile
Beym Blut-gericht' erheischt! man strafft/ ich weiß nicht was/
Und schir ich weiß nicht wie/ welch Recht spricht billich das;
95.Daß man ein erbar Weib der Unzucht übergebe
Und in ein offen Haus auß jhrem Zimmer he be/
Umb daß sie Christum liebt. Jst das die Röm'sche Zucht?
Jst diß ein neues Recht: So sey diß Recht verflucht!
Man wirfft mir weiter vor daß ich der Fürsten rasen
100.Und grimme Zwytracht stärck' und Flammen helff' auffblasen/
Die ich mit meinem Blut zu dämpffen willig bin.
Nim grosse Themis nim den Schandfleck von mir hin!
Jch der die gantze Zeit auch mit gefahr deß Lebens
Den Bassian gehemmt/ den Antonin vergebens
105.Zu Freundschafft anermahnt/ werd' umb ein Stück verdacht/
Drob sich mein Geist entsetzt. Wer hiß der Läger macht
Den Brüdern in gemein den theuren Eid ablegen?
Noch gleichwol wolt ich sie zu theilen nechst bewegen!
Jhr Götter dieses Reichs! wofern bey solchem Stand
110.Mein Rath auß Boßheit kam so waffnet eure Hand
Mit Blitzen wider mich/ und last es nicht geschehen
Daß ich mein eigen Haus muß ausser Zweytracht sehen!
Noch ferner sprengt man auß/ als ring' ich nach dem Thron/
Und sucht auß diesem der Antoninen Kron;
115.Fahrt/ rasende fahrt fort/ also mir nachzustellen;
So wird die Lügen selbst in eurem Mund erhällen.
Hat die Aufflag in mir wol jrgends einen Schein?
Kommt mit dem Anschlag auch mein Leben überein?
Wen hab ich umbgekaufft das Werck mit mir zu wagen?
120.Wem die Verrätherey/ den Meyneid vorgetragen?
Hab ich das Läger je zu meinem Dienst ersucht?
Kan diß mein' Einsamkeit? Kan diß der Freunde Flucht?
Sind
Sterbender
Mit Flamm’ und Schwerdt außreut’. Jſts aber wol zu loben
Daß man ſo grimmig wil auff diſe Leute toben/
Und Leich auff Leichen haͤufft da niemand recht erkennt
90.Was jhr Verbrechen ſey? Wer jetzund Chriſten nennt
Wil ſtracks daß man zur Qual auch ohn erforſchen eile/
Da doch das heilge Recht geſetzte Zeit und Weile
Beym Blut-gericht’ erheiſcht! man ſtrafft/ ich weiß nicht was/
Und ſchir ich weiß nicht wie/ welch Recht ſpricht billich das;
95.Daß man ein erbar Weib der Unzucht uͤbergebe
Und in ein offen Haus auß jhrem Zimmer he be/
Umb daß ſie Chriſtum liebt. Jſt das die Roͤm’ſche Zucht?
Jſt diß ein neues Recht: So ſey diß Recht verflucht!
Man wirfft mir weiter vor daß ich der Fuͤrſten raſen
100.Und grimme Zwytracht ſtaͤrck’ und Flammen helff’ auffblaſen/
Die ich mit meinem Blut zu daͤmpffen willig bin.
Nim groſſe Themis nim den Schandfleck von mir hin!
Jch der die gantze Zeit auch mit gefahr deß Lebens
Den Basſian gehemmt/ den Antonin vergebens
105.Zu Freundſchafft anermahnt/ werd’ umb ein Stuͤck verdacht/
Drob ſich mein Geiſt entſetzt. Wer hiß der Laͤger macht
Den Bruͤdern in gemein den theuren Eid ablegen?
Noch gleichwol wolt ich ſie zu theilen nechſt bewegen!
Jhr Goͤtter dieſes Reichs! wofern bey ſolchem Stand
110.Mein Rath auß Boßheit kam ſo waffnet eure Hand
Mit Blitzen wider mich/ und laſt es nicht geſchehen
Daß ich mein eigen Haus muß auſſer Zweytracht ſehen!
Noch ferner ſprengt man auß/ als ring’ ich nach dem Thron/
Und ſucht auß dieſem der Antoninen Kron;
115.Fahrt/ raſende fahrt fort/ alſo mir nachzuſtellen;
So wird die Luͤgen ſelbſt in eurem Mund erhaͤllen.
Hat die Aufflag in mir wol jrgends einen Schein?
Kom̃t mit dem Anſchlag auch mein Leben uͤberein?
Wen hab ich umbgekaufft das Werck mit mir zu wagen?
120.Wem die Verraͤtherey/ den Meyneid vorgetragen?
Hab ich das Laͤger je zu meinem Dienſt erſucht?
Kan diß mein’ Einſamkeit? Kan diß der Freunde Flucht?
Sind
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[0032] Sterbender Mit Flamm’ und Schwerdt außreut’. Jſts aber wol zu loben Daß man ſo grimmig wil auff diſe Leute toben/ Und Leich auff Leichen haͤufft da niemand recht erkennt Was jhr Verbrechen ſey? Wer jetzund Chriſten nennt Wil ſtracks daß man zur Qual auch ohn erforſchen eile/ Da doch das heilge Recht geſetzte Zeit und Weile Beym Blut-gericht’ erheiſcht! man ſtrafft/ ich weiß nicht was/ Und ſchir ich weiß nicht wie/ welch Recht ſpricht billich das; Daß man ein erbar Weib der Unzucht uͤbergebe Und in ein offen Haus auß jhrem Zimmer he be/ Umb daß ſie Chriſtum liebt. Jſt das die Roͤm’ſche Zucht? Jſt diß ein neues Recht: So ſey diß Recht verflucht! Man wirfft mir weiter vor daß ich der Fuͤrſten raſen Und grimme Zwytracht ſtaͤrck’ und Flammen helff’ auffblaſen/ Die ich mit meinem Blut zu daͤmpffen willig bin. Nim groſſe Themis nim den Schandfleck von mir hin! Jch der die gantze Zeit auch mit gefahr deß Lebens Den Basſian gehemmt/ den Antonin vergebens Zu Freundſchafft anermahnt/ werd’ umb ein Stuͤck verdacht/ Drob ſich mein Geiſt entſetzt. Wer hiß der Laͤger macht Den Bruͤdern in gemein den theuren Eid ablegen? Noch gleichwol wolt ich ſie zu theilen nechſt bewegen! Jhr Goͤtter dieſes Reichs! wofern bey ſolchem Stand Mein Rath auß Boßheit kam ſo waffnet eure Hand Mit Blitzen wider mich/ und laſt es nicht geſchehen Daß ich mein eigen Haus muß auſſer Zweytracht ſehen! Noch ferner ſprengt man auß/ als ring’ ich nach dem Thron/ Und ſucht auß dieſem der Antoninen Kron; Fahrt/ raſende fahrt fort/ alſo mir nachzuſtellen; So wird die Luͤgen ſelbſt in eurem Mund erhaͤllen. Hat die Aufflag in mir wol jrgends einen Schein? Kom̃t mit dem Anſchlag auch mein Leben uͤberein? Wen hab ich umbgekaufft das Werck mit mir zu wagen? Wem die Verraͤtherey/ den Meyneid vorgetragen? Hab ich das Laͤger je zu meinem Dienſt erſucht? Kan diß mein’ Einſamkeit? Kan diß der Freunde Flucht? Sind

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Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/32>, abgerufen am 19.04.2024.