Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite
Sterbender
Nein! warlich! Stand und Ambt und Gold ist flüchtig Gut.
Was niemand raubt das ists! ein unbewegter Mut.
355.
Macrin. Der Fürst wil endlich Sich mit seinem Sohn
besprechen.
Plautia. Ja rächen/ sagt/ an Jhm ein Väterlich Verbrechen.
Macrin. Der Fürst sucht anders nichts/ als beyder Glück
und Heil.
Plautia. Mein Kind Jch schaw vor dich nichts als ein bluttig
Beil.
Sohn. Fraw Mutter nur getrost! ich kan es anch er-
tragen!
360.
Macrin. Durchlauchtigste Sie glaub es ist ein eitel zagen.
Papinian. Behertzt mein Sohn! behertzt! und dencke wer
ich sey!
Ja wer du numehr selbst. Der Himmel steh dir bey/
Erschrick ob keinem Blick.
Sohn. Ach Vater soll Jch scheiden!
Soll Jch vor Jhn den Tod ja raue Marter leiden:
365.So glaub Er daß mich nichts so inniglich erfrew/
Als daß mein Leben fällt/ vor seine Vater-Trew.
Ade mit disem Kuß! worzu die heissen Zehren.
Fraw Mutter! diser Tag wird einen Sohn gewehren
Der Jhr nur würdig ist. Die höchst-betrübt' erblast
370.Und sinckt in Ohnmacht hin: der rauen Jammer Last
Beklämmt die grosse Seel.
Macrin. Auff last uns nicht ver-
weilen
Sohn. O Mutter gute Nacht.
Papinian. Wer wird die
Wunden heilen
O stets bestürmter Geist! tragt/ daß Sie sich erquick/
Den Athem-losen Leib ins Zimmer stracks zurück.
Papinianus. Zwey Haubtleute
auß dem Läger.
375.
Durchlauchtigster! das Heer/ die Läger und die Schaaren/
Nach dem Sie voll von Mut in höchster Eil erfahren
Daß Antonin auff Jhn in tollem Zorn ergrimmt/
Und seine Schmach ja Fall/ auch wol den Tod gestimmt;
Entschlissen
Sterbender
Nein! warlich! Stand und Ambt und Gold iſt fluͤchtig Gut.
Was niemand raubt das iſts! ein unbewegter Mut.
355.
Macrin. Der Fuͤrſt wil endlich Sich mit ſeinem Sohn
beſprechen.
Plautia. Ja raͤchen/ ſagt/ an Jhm ein Vaͤterlich Verbrechen.
Macrin. Der Fuͤrſt ſucht anders nichts/ als beyder Gluͤck
und Heil.
Plautia. Mein Kind Jch ſchaw vor dich nichts als ein bluttig
Beil.
Sohn. Fraw Mutter nur getroſt! ich kan es anch er-
tragen!
360.
Macrin. Durchlauchtigſte Sie glaub es iſt ein eitel zagen.
Papinian. Behertzt mein Sohn! behertzt! und dencke wer
ich ſey!
Ja wer du numehr ſelbſt. Der Himmel ſteh dir bey/
Erſchrick ob keinem Blick.
Sohn. Ach Vater ſoll Jch ſcheiden!
Soll Jch vor Jhn den Tod ja raue Marter leiden:
365.So glaub Er daß mich nichts ſo inniglich erfrew/
Als daß mein Leben faͤllt/ vor ſeine Vater-Trew.
Ade mit diſem Kuß! worzu die heiſſen Zehren.
Fraw Mutter! diſer Tag wird einen Sohn gewehren
Der Jhr nur wuͤrdig iſt. Die hoͤchſt-betruͤbt’ erblaſt
370.Und ſinckt in Ohnmacht hin: der rauen Jammer Laſt
Beklaͤm̃t die groſſe Seel.
Macrin. Auff laſt uns nicht ver-
weilen
Sohn. O Mutter gute Nacht.
Papinian. Wer wird die
Wunden heilen
O ſtets beſtuͤrmter Geiſt! tragt/ daß Sie ſich erquick/
Den Athem-loſen Leib ins Zimmer ſtracks zuruͤck.
Papinianus. Zwey Haubtleute
auß dem Laͤger.
375.
Durchlauchtigſter! das Heer/ die Laͤger und die Schaaren/
Nach dem Sie voll von Mut in hoͤchſter Eil erfahren
Daß Antonin auff Jhn in tollem Zorn ergrim̃t/
Und ſeine Schmach ja Fall/ auch wol den Tod geſtim̃t;
Entſchliſſen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#MPP">
            <p><pb facs="#f0100"/><fw place="top" type="header">Sterbender</fw><lb/>
Nein! warlich! Stand und Ambt und Gold i&#x017F;t flu&#x0364;chtig Gut.<lb/>
Was niemand raubt das i&#x017F;ts! ein unbewegter Mut.</p>
          </sp><lb/>
          <note place="left">355.</note>
          <sp who="#MAC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Macrin.</hi> </speaker>
            <p>Der Fu&#x0364;r&#x017F;t wil endlich Sich mit &#x017F;einem Sohn<lb/><hi rendition="#et">be&#x017F;prechen.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#PLA">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Plautia.</hi> </speaker>
            <p>Ja ra&#x0364;chen/ &#x017F;agt/ an Jhm ein Va&#x0364;terlich Verbrechen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Macrin.</hi> </speaker>
            <p>Der Fu&#x0364;r&#x017F;t &#x017F;ucht anders nichts/ als beyder Glu&#x0364;ck<lb/><hi rendition="#et">und Heil.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#PLA">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Plautia.</hi> </speaker>
            <p>Mein Kind Jch &#x017F;chaw vor dich nichts als ein bluttig<lb/><hi rendition="#et">Beil.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#PAS">
            <speaker> <hi rendition="#b">Sohn.</hi> </speaker>
            <p>Fraw Mutter nur getro&#x017F;t! ich kan es anch er-<lb/><hi rendition="#et">tragen!</hi></p>
          </sp><lb/>
          <note place="left">360.</note>
          <sp who="#MAC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Macrin.</hi> </speaker>
            <p>Durchlauchtig&#x017F;te Sie glaub es i&#x017F;t ein eitel zagen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MPP">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Papinian.</hi> </speaker>
            <p>Behertzt mein Sohn! behertzt! und dencke wer<lb/><hi rendition="#et">ich &#x017F;ey!</hi><lb/>
Ja wer du numehr &#x017F;elb&#x017F;t. Der Himmel &#x017F;teh dir bey/<lb/>
Er&#x017F;chrick ob keinem Blick.</p>
          </sp>
          <sp who="#PAS">
            <speaker> <hi rendition="#b">Sohn.</hi> </speaker>
            <p>Ach Vater &#x017F;oll Jch &#x017F;cheiden!<lb/>
Soll Jch vor Jhn den Tod ja raue Marter leiden:<lb/><note place="left">365.</note>So glaub Er daß mich nichts &#x017F;o inniglich erfrew/<lb/>
Als daß mein Leben fa&#x0364;llt/ vor &#x017F;eine Vater-Trew.<lb/>
Ade mit di&#x017F;em Kuß! worzu die hei&#x017F;&#x017F;en Zehren.<lb/>
Fraw Mutter! di&#x017F;er Tag wird einen Sohn gewehren<lb/>
Der Jhr nur wu&#x0364;rdig i&#x017F;t. Die ho&#x0364;ch&#x017F;t-betru&#x0364;bt&#x2019; erbla&#x017F;t<lb/><note place="left">370.</note><hi rendition="#fr">U</hi>nd &#x017F;inckt in Ohnmacht hin: der rauen Jammer La&#x017F;t<lb/>
Bekla&#x0364;m&#x0303;t die gro&#x017F;&#x017F;e Seel.</p>
          </sp>
          <sp who="#MAC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Macrin.</hi> </speaker>
            <p>Auff la&#x017F;t uns nicht ver-<lb/><hi rendition="#et">weilen</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#PAS">
            <speaker> <hi rendition="#b">Sohn.</hi> </speaker>
            <p>O Mutter gute Nacht.</p>
          </sp>
          <sp who="#MPP">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Papinian.</hi> </speaker>
            <p>Wer wird die<lb/><hi rendition="#et">Wunden heilen</hi><lb/>
O &#x017F;tets be&#x017F;tu&#x0364;rmter Gei&#x017F;t! tragt/ daß Sie &#x017F;ich erquick/<lb/>
Den Athem-lo&#x017F;en Leib ins Zimmer &#x017F;tracks zuru&#x0364;ck.</p>
          </sp><lb/>
          <stage> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">Papinianus.</hi> <hi rendition="#fr">Zwey Haubtleute<lb/>
auß dem La&#x0364;ger.</hi> </hi> </stage><lb/>
          <note place="left">375.</note>
          <sp>
            <p>Durchlauchtig&#x017F;ter! das Heer/ die La&#x0364;ger und die Schaaren/<lb/>
Nach dem Sie voll von Mut in ho&#x0364;ch&#x017F;ter Eil erfahren<lb/>
Daß <hi rendition="#aq">Antonin</hi> auff Jhn in tollem Zorn ergrim&#x0303;t/<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd &#x017F;eine Schmach ja Fall/ auch wol den Tod ge&#x017F;tim&#x0303;t;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ent&#x017F;chli&#x017F;&#x017F;en</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0100] Sterbender Nein! warlich! Stand und Ambt und Gold iſt fluͤchtig Gut. Was niemand raubt das iſts! ein unbewegter Mut. Macrin. Der Fuͤrſt wil endlich Sich mit ſeinem Sohn beſprechen. Plautia. Ja raͤchen/ ſagt/ an Jhm ein Vaͤterlich Verbrechen. Macrin. Der Fuͤrſt ſucht anders nichts/ als beyder Gluͤck und Heil. Plautia. Mein Kind Jch ſchaw vor dich nichts als ein bluttig Beil. Sohn. Fraw Mutter nur getroſt! ich kan es anch er- tragen! Macrin. Durchlauchtigſte Sie glaub es iſt ein eitel zagen. Papinian. Behertzt mein Sohn! behertzt! und dencke wer ich ſey! Ja wer du numehr ſelbſt. Der Himmel ſteh dir bey/ Erſchrick ob keinem Blick. Sohn. Ach Vater ſoll Jch ſcheiden! Soll Jch vor Jhn den Tod ja raue Marter leiden: So glaub Er daß mich nichts ſo inniglich erfrew/ Als daß mein Leben faͤllt/ vor ſeine Vater-Trew. Ade mit diſem Kuß! worzu die heiſſen Zehren. Fraw Mutter! diſer Tag wird einen Sohn gewehren Der Jhr nur wuͤrdig iſt. Die hoͤchſt-betruͤbt’ erblaſt Und ſinckt in Ohnmacht hin: der rauen Jammer Laſt Beklaͤm̃t die groſſe Seel. Macrin. Auff laſt uns nicht ver- weilen Sohn. O Mutter gute Nacht. Papinian. Wer wird die Wunden heilen O ſtets beſtuͤrmter Geiſt! tragt/ daß Sie ſich erquick/ Den Athem-loſen Leib ins Zimmer ſtracks zuruͤck. Papinianus. Zwey Haubtleute auß dem Laͤger. Durchlauchtigſter! das Heer/ die Laͤger und die Schaaren/ Nach dem Sie voll von Mut in hoͤchſter Eil erfahren Daß Antonin auff Jhn in tollem Zorn ergrim̃t/ Und ſeine Schmach ja Fall/ auch wol den Tod geſtim̃t; Entſchliſſen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/100
Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/100>, abgerufen am 04.05.2024.