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Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650.

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Leo Armenius
11. Schöne/ die schnee weissen wangen:
Die die Seelen nach sich ziehn:
Deß gesichtes edles prangen:
Heist ein schlechtes feber flihn.
12. Jndem wir die Jahre zehlen/
Vnd nach hundert Erndten sehn
Muß es an der stund' vns fehlen/
Clotho rufft es sey geschen.
13. Zimmert Schlösser/ bawt palläste/
Haw't euch selbst auß hartem stein/
Ach! der zeit ist nichts zu feste!
Was ich baw bricht jener ein.
14. Nichts! Nichts ist das nicht noch heute
Könt in eyl zu drümmern gehn!
Vnd wir! ach! wir blinden leute
Hoffen für vnd für zu stehn.
Die dritte Abhandlung.
Der Erste Eingang.
Leo. Papias. Reyen der Spielleute vnd
Sänger.
Leo. Er ist versichert?
Pap. Ja.
Leo verhüttet?
Pap. starck
Leo wer gibt
Acht auf die wach'
Pap. ich selbst.
Leo. last keinen den er liebt
Eindringen auf die Burg: Jhn auch heiß feste schliessen;
Mit Ketten vmb den Arm/ mit sprengen an den füssen/
Pap. Mein Fürst/ es ist verricht.
Leo. Wo sind die schlüssel
Pap. hier!
Leo. Entweiche, ruffe du die Sänger vor die Thür.
Wir wündschen vuß allein! O kummer reiches leben!
Wer wird mit Hüttern mehr/ wir oder er vmbgeben?
Er beb't vor seiner noth. Wir selbst vor vnserm schwerdt.
Jst dieses Zepter-gold wol solcher sorgen werth.
Wie drückt diß leichte Kleid/ O selig wer die Jahre
Den kurtzen Rest der zeit/ biß auff die grawen hare
Weit
Leo Armenius
11. Schoͤne/ die ſchnee weiſſen wangen:
Die die Seelen nach ſich ziehn:
Deß geſichtes edles prangen:
Heiſt ein ſchlechtes feber flihn.
12. Jndem wir die Jahre zehlen/
Vnd nach hundert Erndten ſehn
Muß es an der ſtund’ vns fehlen/
Clotho rufft es ſey geſchen.
13. Zimmert Schloͤſſer/ bawt pallaͤſte/
Haw’t euch ſelbſt auß hartem ſtein/
Ach! der zeit iſt nichts zu feſte!
Was ich baw bricht jener ein.
14. Nichts! Nichts iſt das nicht noch heute
Koͤnt in eyl zu druͤmmern gehn!
Vnd wir! ach! wir blinden leute
Hoffen fuͤr vnd fuͤr zu ſtehn.
Die dritte Abhandlung.
Der Erſte Eingang.
Leo. Papias. Reyen der Spielleute vnd
Saͤnger.
Leo. Er iſt verſichert?
Pap. Ja.
Leo verhuͤttet?
Pap. ſtarck
Leo wer gibt
Acht auf die wach’
Pap. ich ſelbſt.
Leo. laſt keinen den er liebt
Eindringen auf die Burg: Jhn auch heiß feſte ſchlieſſen;
Mit Ketten vmb den Arm/ mit ſprengen an den fuͤſſen/
Pap. Mein Fuͤrſt/ es iſt verꝛicht.
Leo. Wo ſind die ſchluͤſſel
Pap. hier!
Leo. Entweiche, ruffe du die Saͤnger vor die Thuͤr.
Wir wuͤndſchen vuß allein! O kummer ꝛeiches leben!
Wer wird mit Huͤttern mehr/ wir oder er vmbgeben?
Er beb’t vor ſeiner noth. Wir ſelbſt vor vnſerm ſchwerdt.
Jſt dieſes Zepter-gold wol ſolcher ſorgen werth.
Wie druͤckt diß leichte Kleid/ O ſelig wer die Jahre
Den kurtzen Reſt der zeit/ biß auff die grawen hare
Weit
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[38/0050] Leo Armenius 11. Schoͤne/ die ſchnee weiſſen wangen: Die die Seelen nach ſich ziehn: Deß geſichtes edles prangen: Heiſt ein ſchlechtes feber flihn. 12. Jndem wir die Jahre zehlen/ Vnd nach hundert Erndten ſehn Muß es an der ſtund’ vns fehlen/ Clotho rufft es ſey geſchen. 13. Zimmert Schloͤſſer/ bawt pallaͤſte/ Haw’t euch ſelbſt auß hartem ſtein/ Ach! der zeit iſt nichts zu feſte! Was ich baw bricht jener ein. 14. Nichts! Nichts iſt das nicht noch heute Koͤnt in eyl zu druͤmmern gehn! Vnd wir! ach! wir blinden leute Hoffen fuͤr vnd fuͤr zu ſtehn. Die dritte Abhandlung. Der Erſte Eingang. Leo. Papias. Reyen der Spielleute vnd Saͤnger. Leo. Er iſt verſichert? Pap. Ja. Leo verhuͤttet? Pap. ſtarck Leo wer gibt Acht auf die wach’ Pap. ich ſelbſt. Leo. laſt keinen den er liebt Eindringen auf die Burg: Jhn auch heiß feſte ſchlieſſen; Mit Ketten vmb den Arm/ mit ſprengen an den fuͤſſen/ Pap. Mein Fuͤrſt/ es iſt verꝛicht. Leo. Wo ſind die ſchluͤſſel Pap. hier! Leo. Entweiche, ruffe du die Saͤnger vor die Thuͤr. Wir wuͤndſchen vuß allein! O kummer ꝛeiches leben! Wer wird mit Huͤttern mehr/ wir oder er vmbgeben? Er beb’t vor ſeiner noth. Wir ſelbſt vor vnſerm ſchwerdt. Jſt dieſes Zepter-gold wol ſolcher ſorgen werth. Wie druͤckt diß leichte Kleid/ O ſelig wer die Jahre Den kurtzen Reſt der zeit/ biß auff die grawen hare Weit

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Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_leoarmenius_1650/50>, abgerufen am 20.04.2024.