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Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650.

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das Ander Buch.
8.

Jrr' ich? nein! ich schaw den Himmel
Selbst mit frewden schwanger gehn?
Vnd mit jauchtzendem getümmel
Tausend Engel vmb mich stehn!
Engel/ die zu Ehren singen
Dem der vnß wil Frieden bringen.
9.

Alles frolock't! alles lachet!
Nur mein hochbetrübtes Hertz;
Das im jammer few're krachet:
Das der Marter-volle Schmertz/
Mit stets newen Geisseln plaget/
Schmacht bey dieser Frewd vnd zaget.
10.

Augen/ die jhr alles sehet/
Seht was meine Seele schätzt:
Schawt wie mich der Sathan schmähet
Schawt/ wie mich die Welt verletzt/
Schaw't wie mich die Nacht erschrecket
Vnd mit trawrigkeit verdecket.
11.

Arm/ verlassen/ vnd alleine
Fall ich für dir auff die Knie!
Vnd wen wunderts daß ich weyne?
Jst mein Leben nicht voll müh?
Könt ich wol die Thränen zwingen.
Wenn du selbst sie must vor dringen.
12.

Wer die wollust trawrig schawet:
Wer die Frewde klagen hört.
Wenn für dem/ der Erden grawet
Der sich selbst der Welt verehrt!
Könnte man im Thal der zehren:
Sich den Herber Angst erwehren.

13. Doch
das Ander Buch.
8.

Jrr’ ich? nein! ich ſchaw den Himmel
Selbſt mit frewden ſchwanger gehn?
Vnd mit jauchtzendem getuͤmmel
Tauſend Engel vmb mich ſtehn!
Engel/ die zu Ehren ſingen
Dem der vnß wil Frieden bringen.
9.

Alles frolock’t! alles lachet!
Nur mein hochbetruͤbtes Hertz;
Das im jammer few’re krachet:
Das der Marter-volle Schmertz/
Mit ſtets newen Geiſſeln plaget/
Schmacht bey dieſer Frewd vnd zaget.
10.

Augen/ die jhr alles ſehet/
Seht was meine Seele ſchaͤtzt:
Schawt wie mich der Sathan ſchmaͤhet
Schawt/ wie mich die Welt verletzt/
Schaw’t wie mich die Nacht erſchrecket
Vnd mit trawrigkeit verdecket.
11.

Arm/ verlaſſen/ vnd alleine
Fall ich fuͤr dir auff die Knie!
Vnd wen wunderts daß ich weyne?
Jſt mein Leben nicht voll muͤh?
Koͤnt ich wol die Thraͤnen zwingen.
Wenn du ſelbſt ſie muſt vor dringen.
12.

Wer die wolluſt trawrig ſchawet:
Wer die Frewde klagen hoͤrt.
Wenn fuͤr dem/ der Erden grawet
Der ſich ſelbſt der Welt verehrt!
Koͤnnte man im Thal der zehren:
Sich den Herber Angſt erwehren.

13. Doch
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[133/0145] das Ander Buch. 8. Jrr’ ich? nein! ich ſchaw den Himmel Selbſt mit frewden ſchwanger gehn? Vnd mit jauchtzendem getuͤmmel Tauſend Engel vmb mich ſtehn! Engel/ die zu Ehren ſingen Dem der vnß wil Frieden bringen. 9. Alles frolock’t! alles lachet! Nur mein hochbetruͤbtes Hertz; Das im jammer few’re krachet: Das der Marter-volle Schmertz/ Mit ſtets newen Geiſſeln plaget/ Schmacht bey dieſer Frewd vnd zaget. 10. Augen/ die jhr alles ſehet/ Seht was meine Seele ſchaͤtzt: Schawt wie mich der Sathan ſchmaͤhet Schawt/ wie mich die Welt verletzt/ Schaw’t wie mich die Nacht erſchrecket Vnd mit trawrigkeit verdecket. 11. Arm/ verlaſſen/ vnd alleine Fall ich fuͤr dir auff die Knie! Vnd wen wunderts daß ich weyne? Jſt mein Leben nicht voll muͤh? Koͤnt ich wol die Thraͤnen zwingen. Wenn du ſelbſt ſie muſt vor dringen. 12. Wer die wolluſt trawrig ſchawet: Wer die Frewde klagen hoͤrt. Wenn fuͤr dem/ der Erden grawet Der ſich ſelbſt der Welt verehrt! Koͤnnte man im Thal der zehren: Sich den Herber Angſt erwehren. 13. Doch

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Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_leoarmenius_1650/145>, abgerufen am 02.05.2024.