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Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650.

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Oden
3.

Heiligkeit der höchsten Gütte!
Ach! verläst du deinen Thron!
Wie entsetzt sich mein Gemütte!
Wird GOtt eines Menschen Sohn?
Den nichts was er schuff kan schlissen:
Kan die zarte Jungfer küssen.
4.

Ach! Er komm't/ er wird gebohren
Weil der bleiche Monden wacht
Vor dem Liecht sein Liecht verlohren/
Kommt verhüll't mit schwartzer Nacht.
Den viel tausend Jahr begehret:
Wird eh' als man meynt beschehret.
5.

Doch er wird/ den alle kennen
Nicht von seinem Volck' erkannt.
Der die Welt sein Hauß kan nennen
Wird in einen Stall verbannt/
Der der Erden grund beweget
Wird auff dürres Hew geleget.
6.

Dem der Donner zu gebotte
Dem der Blitz zu dinste steht
Der an Macht dem höchsten GOtte
Alß an wesen gleiche geht
Der was ist vnd ward/ gebawet
Wird hier alß ein Kind geschawet.
7.

Kan der Schöpffer ein Geschöpffe
Kan die Jungfraw Mutter seyn[?]
Tritt diß Kind der Drachen Köpffe[?]
Vnd deß Sathans scheytel eyn?
Wird die Weißheit selbst zum Kinde?
Trägt die Vnschuld meine Sünde:

8. Jrr'
Oden
3.

Heiligkeit der hoͤchſten Guͤtte!
Ach! verlaͤſt du deinen Thron!
Wie entſetzt ſich mein Gemuͤtte!
Wird GOtt eines Menſchen Sohn?
Den nichts was er ſchuff kan ſchliſſen:
Kan die zarte Jungfer kuͤſſen.
4.

Ach! Er komm’t/ er wird gebohren
Weil der bleiche Monden wacht
Vor dem Liecht ſein Liecht verlohren/
Kommt verhuͤll’t mit ſchwartzer Nacht.
Den viel tauſend Jahr begehret:
Wird eh’ als man meynt beſchehret.
5.

Doch er wird/ den alle kennen
Nicht von ſeinem Volck’ erkannt.
Der die Welt ſein Hauß kan nennen
Wird in einen Stall verbannt/
Der der Erden grund beweget
Wird auff duͤrꝛes Hew geleget.
6.

Dem der Donner zu gebotte
Dem der Blitz zu dinſte ſteht
Der an Macht dem hoͤchſten GOtte
Alß an weſen gleiche geht
Der was iſt vnd ward/ gebawet
Wird hier alß ein Kind geſchawet.
7.

Kan der Schoͤpffer ein Geſchoͤpffe
Kan die Jungfraw Mutter ſeyn[?]
Tritt diß Kind der Drachen Koͤpffe[?]
Vnd deß Sathans ſcheytel eyn?
Wird die Weißheit ſelbſt zum Kinde?
Traͤgt die Vnſchuld meine Suͤnde:

8. Jrr’
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[132/0144] Oden 3. Heiligkeit der hoͤchſten Guͤtte! Ach! verlaͤſt du deinen Thron! Wie entſetzt ſich mein Gemuͤtte! Wird GOtt eines Menſchen Sohn? Den nichts was er ſchuff kan ſchliſſen: Kan die zarte Jungfer kuͤſſen. 4. Ach! Er komm’t/ er wird gebohren Weil der bleiche Monden wacht Vor dem Liecht ſein Liecht verlohren/ Kommt verhuͤll’t mit ſchwartzer Nacht. Den viel tauſend Jahr begehret: Wird eh’ als man meynt beſchehret. 5. Doch er wird/ den alle kennen Nicht von ſeinem Volck’ erkannt. Der die Welt ſein Hauß kan nennen Wird in einen Stall verbannt/ Der der Erden grund beweget Wird auff duͤrꝛes Hew geleget. 6. Dem der Donner zu gebotte Dem der Blitz zu dinſte ſteht Der an Macht dem hoͤchſten GOtte Alß an weſen gleiche geht Der was iſt vnd ward/ gebawet Wird hier alß ein Kind geſchawet. 7. Kan der Schoͤpffer ein Geſchoͤpffe Kan die Jungfraw Mutter ſeyn? Tritt diß Kind der Drachen Koͤpffe? Vnd deß Sathans ſcheytel eyn? Wird die Weißheit ſelbſt zum Kinde? Traͤgt die Vnſchuld meine Suͤnde: 8. Jrr’

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Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_leoarmenius_1650/144>, abgerufen am 02.05.2024.