Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gryphius, Andreas: Horribilicribrifax. Breslau, 1665.

Bild:
<< vorherige Seite
Schertz-Spiel.
frölicher Tag/ ich wolte/ daß diß Leben hundert
Jahr wären/ und dieses der erste Tag seyn solte!
Der Herr Mareschall wird Morgen ein trefflich
Pancket halten. Deswegen hat er mich nach hau-
se geschicht/ daß ich es bestellen soll/ wie ich aber
die Thüre heraus gehen wolte/ begegnete mir
Jungfer Rosinichen/ die ließ confect herauf tra-
gen. Jch küssete sie einmal/ und sie füllete mir
allebeyde Hosen Säcke voll Zucker Näscherey.
Selenissa. Was saget er von dem Mareschall? Er wird
ja nicht von dem Palladio abgeschafft worden
seyn?
Florian. Sehet aber/ was trug sich ferner zu; es blieb bey
diesem Glücke nicht/ Jungfrau Camilla ruffte mir
zurück/ und fragte ob ich nicht Durst hätte/ und
reichte mir eine grosse silberne Kaune von rotem
süssen Weine/ die schier so groß war/ als ich selbst.
Jch erbarmete mich darüber/ und tranck aus allen
meinen Kräfften/ biß nicht ein Tropffen mehr da-
rinnen übrig. Hernach lieff ich fort/ und sah'
daß Jungfer Coelestina an statt einer Thür zwey
gebauet hatte! nu das gehet auff Hause zu.
Selenissa. Florentin, steh stille.
Florian. Ho la! wer ruffet mir?
Selenissa. Kennest du mich nicht mehr Florian?
Florian. O Jungfrau Selenissa, habt ihr doch zwey Häup-
ter und vier Angen bekommen! O sehet doch/ wie
viel Sonnen! eine zwey/ drey/ viere/ fünffe.
Selenissa. Höre doch Florian, was ich dir sagen will?
Florian. Guten Morgen! guten Morgen/ Frau Anto-
nia!
Antonia. Es ist ja nicht Morgen/ ist es doch schon über
Mittag.
Florian. Jungfrau Selenissa, wolt ihr ein paar überzogne
Mandelkernen haben/ oder ein Stücke Marzi-
pan/
Schertz-Spiel.
froͤlicher Tag/ ich wolte/ daß diß Leben hundert
Jahr waͤren/ und dieſes der erſte Tag ſeyn ſolte!
Der Herr Mareſchall wird Morgen ein trefflich
Pancket halten. Deswegen hat er mich nach hau-
ſe geſchicht/ daß ich es beſtellen ſoll/ wie ich aber
die Thuͤre heraus gehen wolte/ begegnete mir
Jungfer Roſinichen/ die ließ confect herauf tra-
gen. Jch kuͤſſete ſie einmal/ und ſie fuͤllete mir
allebeyde Hoſen Saͤcke voll Zucker Naͤſcherey.
Seleniſſa. Was ſaget er von dem Mareſchall? Er wird
ja nicht von dem Palladio abgeſchafft worden
ſeyn?
Florian. Sehet aber/ was trug ſich ferner zu; es blieb bey
dieſem Gluͤcke nicht/ Jungfrau Camilla ruffte mir
zuruͤck/ und fragte ob ich nicht Durſt haͤtte/ und
reichte mir eine groſſe ſilberne Kaune von rotem
ſuͤſſen Weine/ die ſchier ſo groß war/ als ich ſelbſt.
Jch erbarmete mich daruͤber/ und tranck aus allen
meinen Kraͤfften/ biß nicht ein Tropffen mehr da-
rinnen uͤbrig. Hernach lieff ich fort/ und ſah’
daß Jungfer Cœleſtina an ſtatt einer Thuͤr zwey
gebauet hatte! nu das gehet auff Hauſe zu.
Seleniſſa. Florentin, ſteh ſtille.
Florian. Ho la! wer ruffet mir?
Seleniſſa. Kenneſt du mich nicht mehr Florian?
Florian. O Jungfrau Seleniſſa, habt ihr doch zwey Haͤup-
ter und vier Angen bekommen! O ſehet doch/ wie
viel Sonnen! eine zwey/ drey/ viere/ fuͤnffe.
Seleniſſa. Hoͤre doch Florian, was ich dir ſagen will?
Florian. Guten Morgen! guten Morgen/ Frau Anto-
nia!
Antonia. Es iſt ja nicht Morgen/ iſt es doch ſchon uͤber
Mittag.
Florian. Jungfrau Seleniſſa, wolt ihr ein paar uͤberzogne
Mandelkernen haben/ oder ein Stuͤcke Marzi-
pan/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#FLO">
            <p><pb facs="#f0079" n="63"/><fw place="top" type="header">Schertz-Spiel.</fw><lb/>
fro&#x0364;licher Tag/ ich wolte/ daß diß Leben hundert<lb/>
Jahr wa&#x0364;ren/ und die&#x017F;es der er&#x017F;te Tag &#x017F;eyn &#x017F;olte!<lb/>
Der Herr Mare&#x017F;chall wird Morgen ein trefflich<lb/>
Pancket halten. Deswegen hat er mich nach hau-<lb/>
&#x017F;e ge&#x017F;chicht/ daß ich es be&#x017F;tellen &#x017F;oll/ wie ich aber<lb/>
die Thu&#x0364;re heraus gehen wolte/ begegnete mir<lb/>
Jungfer Ro&#x017F;inichen/ die ließ <hi rendition="#aq">confect</hi> herauf tra-<lb/>
gen. Jch ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete &#x017F;ie einmal/ und &#x017F;ie fu&#x0364;llete mir<lb/>
allebeyde Ho&#x017F;en Sa&#x0364;cke voll Zucker Na&#x0364;&#x017F;cherey.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SEL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Seleni&#x017F;&#x017F;a.</hi> </speaker>
            <p>Was &#x017F;aget er von dem Mare&#x017F;chall<hi rendition="#i">?</hi> Er wird<lb/>
ja nicht von dem <hi rendition="#aq">Palladio</hi> abge&#x017F;chafft worden<lb/>
&#x017F;eyn<hi rendition="#i">?</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FLO">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Florian.</hi> </speaker>
            <p>Sehet aber/ was trug &#x017F;ich ferner zu; es blieb bey<lb/>
die&#x017F;em Glu&#x0364;cke nicht/ Jungfrau <hi rendition="#aq">Camilla</hi> ruffte mir<lb/>
zuru&#x0364;ck/ und fragte ob ich nicht Dur&#x017F;t ha&#x0364;tte/ und<lb/>
reichte mir eine gro&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ilberne Kaune von rotem<lb/>
&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Weine/ die &#x017F;chier &#x017F;o groß war/ als ich &#x017F;elb&#x017F;t.<lb/>
Jch erbarmete mich daru&#x0364;ber/ und tranck aus allen<lb/>
meinen Kra&#x0364;fften/ biß nicht ein Tropffen mehr da-<lb/>
rinnen u&#x0364;brig. Hernach lieff ich fort/ und &#x017F;ah&#x2019;<lb/>
daß Jungfer <hi rendition="#aq">C&#x0153;le&#x017F;tina</hi> an &#x017F;tatt einer Thu&#x0364;r zwey<lb/>
gebauet hatte! nu das gehet auff Hau&#x017F;e zu.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SEL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Seleni&#x017F;&#x017F;a.</hi> </speaker>
            <p><hi rendition="#aq">Florentin,</hi> &#x017F;teh &#x017F;tille.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FLO">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Florian.</hi> </speaker>
            <p><hi rendition="#aq">Ho la!</hi> wer ruffet mir<hi rendition="#i">?</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SEL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Seleni&#x017F;&#x017F;a.</hi> </speaker>
            <p>Kenne&#x017F;t du mich nicht mehr <hi rendition="#aq">Florian<hi rendition="#i">?</hi></hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FLO">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Florian.</hi> </speaker>
            <p>O Jungfrau <hi rendition="#aq">Seleni&#x017F;&#x017F;a,</hi> habt ihr doch zwey Ha&#x0364;up-<lb/>
ter und vier Angen bekommen! O &#x017F;ehet doch/ wie<lb/>
viel Sonnen! eine zwey/ drey/ viere/ fu&#x0364;nffe.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SEL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Seleni&#x017F;&#x017F;a.</hi> </speaker>
            <p>Ho&#x0364;re doch <hi rendition="#aq">Florian,</hi> was ich dir &#x017F;agen will<hi rendition="#i">?</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FLO">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Florian.</hi> </speaker>
            <p>Guten Morgen! guten Morgen/ Frau <hi rendition="#aq">Anto-<lb/>
nia!</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANT">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Antonia.</hi> </speaker>
            <p>Es i&#x017F;t ja nicht Morgen/ i&#x017F;t es doch &#x017F;chon u&#x0364;ber<lb/>
Mittag.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FLO">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Florian.</hi> </speaker>
            <p>Jungfrau <hi rendition="#aq">Seleni&#x017F;&#x017F;a,</hi> wolt ihr ein paar u&#x0364;berzogne<lb/>
Mandelkernen haben/ oder ein Stu&#x0364;cke Marzi-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">pan/</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0079] Schertz-Spiel. froͤlicher Tag/ ich wolte/ daß diß Leben hundert Jahr waͤren/ und dieſes der erſte Tag ſeyn ſolte! Der Herr Mareſchall wird Morgen ein trefflich Pancket halten. Deswegen hat er mich nach hau- ſe geſchicht/ daß ich es beſtellen ſoll/ wie ich aber die Thuͤre heraus gehen wolte/ begegnete mir Jungfer Roſinichen/ die ließ confect herauf tra- gen. Jch kuͤſſete ſie einmal/ und ſie fuͤllete mir allebeyde Hoſen Saͤcke voll Zucker Naͤſcherey. Seleniſſa. Was ſaget er von dem Mareſchall? Er wird ja nicht von dem Palladio abgeſchafft worden ſeyn? Florian. Sehet aber/ was trug ſich ferner zu; es blieb bey dieſem Gluͤcke nicht/ Jungfrau Camilla ruffte mir zuruͤck/ und fragte ob ich nicht Durſt haͤtte/ und reichte mir eine groſſe ſilberne Kaune von rotem ſuͤſſen Weine/ die ſchier ſo groß war/ als ich ſelbſt. Jch erbarmete mich daruͤber/ und tranck aus allen meinen Kraͤfften/ biß nicht ein Tropffen mehr da- rinnen uͤbrig. Hernach lieff ich fort/ und ſah’ daß Jungfer Cœleſtina an ſtatt einer Thuͤr zwey gebauet hatte! nu das gehet auff Hauſe zu. Seleniſſa. Florentin, ſteh ſtille. Florian. Ho la! wer ruffet mir? Seleniſſa. Kenneſt du mich nicht mehr Florian? Florian. O Jungfrau Seleniſſa, habt ihr doch zwey Haͤup- ter und vier Angen bekommen! O ſehet doch/ wie viel Sonnen! eine zwey/ drey/ viere/ fuͤnffe. Seleniſſa. Hoͤre doch Florian, was ich dir ſagen will? Florian. Guten Morgen! guten Morgen/ Frau Anto- nia! Antonia. Es iſt ja nicht Morgen/ iſt es doch ſchon uͤber Mittag. Florian. Jungfrau Seleniſſa, wolt ihr ein paar uͤberzogne Mandelkernen haben/ oder ein Stuͤcke Marzi- pan/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das Exemplar stellt den ersten datierten Druck da… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_horribilicribrifax_1663
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_horribilicribrifax_1663/79
Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Horribilicribrifax. Breslau, 1665, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_horribilicribrifax_1663/79>, abgerufen am 07.05.2024.