Gryphius, Andreas: Horribilicribrifax. Breslau, 1665.Horribilicribrifax schafft zu der Abend Collation in meinem Lustgar-ten gewärtig. Flaccilla. Ach dort komt der Stadthalter! keiner ist/ dem ich meine Wahre lieber feil bieten wolte als ihm/ wenn mich nicht meine euserste Scham/ und sein grosser Stand ihn anzureden/ verhinderte! Jch weis doch wol/ daß er einem vortrefflichen Fräulin auffwarte/ welcher dieses ein angenehm Geschen- cke seyn würde! gehe ich? stehe ich? was thue ich? Cleander. Allezeit Geschäffte. Jrre ich/ oder bringet diese Frau eine Bittschrifft getragen? Flaccilla. Ach! Er hat mich erblickt! Cleand. Vnd scheuet sich mich anzureden? Woher meine Frau? Flaccilla. Ach gnädiger Herr - - - - Cleand. Redet unerschrocken. Was traget ihr allhier verborgen? Wo kommt ihr mit diesen Haaren her? Flaccilla. Ach genädiger Herr/ sie sind zuverkauffen. Jch bin in dieser Meinung auff den Hoff kom- men/ sie iemand aus dem Frauenzimmer anzubie- ten. Cleander. Trefflicher Handel! ich höre in Ost Jndien nehme man den Weibern Wolle von den Köpffen/ und mache Schnupfftücher draus. Was wird man bey uns nicht zu letzte mit den Haaren an- fangen! last schauen eure Kramerey. Diß ist ein schönes Haar! wo der Baum so anmuthig als die Blätter/ wolten wir uns wol in dessen Schat- ten ergetzen. Flaccilla. Jhr Genaden können ihrer Liebsten mit diesem Geschencke nicht unangenehm seyn. Cleand. Wir wissen von keiner Liebe: und da wir unsere Gewogenheit auf eine Person geleget hätten; wür- de uns ja keine Kahle beliebet haben. Flac-
Horribilicribrifax ſchafft zu der Abend Collation in meinem Luſtgar-ten gewaͤrtig. Flaccilla. Ach dort komt der Stadthalter! keiner iſt/ dem ich meine Wahre lieber feil bieten wolte als ihm/ wenn mich nicht meine euſerſte Scham/ und ſein groſſer Stand ihn anzureden/ verhinderte! Jch weis doch wol/ daß er einem vortrefflichen Fraͤulin auffwarte/ welcher dieſes ein angenehm Geſchen- cke ſeyn wuͤrde! gehe ich? ſtehe ich? was thue ich? Cleander. Allezeit Geſchaͤffte. Jrre ich/ oder bringet dieſe Frau eine Bittſchrifft getragen? Flaccilla. Ach! Er hat mich erblickt! Cleand. Vnd ſcheuet ſich mich anzureden? Woher meine Frau? Flaccilla. Ach gnaͤdiger Herr ‒ ‒ ‒ ‒ Cleand. Redet unerſchrocken. Was traget ihr allhier verborgen? Wo kommt ihr mit dieſen Haaren her? Flaccilla. Ach genaͤdiger Herr/ ſie ſind zuverkauffen. Jch bin in dieſer Meinung auff den Hoff kom- men/ ſie iemand aus dem Frauenzimmer anzubie- ten. Cleander. Trefflicher Handel! ich hoͤre in Oſt Jndien nehme man den Weibern Wolle von den Koͤpffen/ und mache Schnupfftuͤcher draus. Was wird man bey uns nicht zu letzte mit den Haaren an- fangen! laſt ſchauen eure Kramerey. Diß iſt ein ſchoͤnes Haar! wo der Baum ſo anmuthig als die Blaͤtter/ wolten wir uns wol in deſſen Schat- ten ergetzen. Flaccilla. Jhr Genaden koͤnnen ihrer Liebſten mit dieſem Geſchencke nicht unangenehm ſeyn. Cleand. Wir wiſſen von keiner Liebe: und da wir unſere Gewogenheit auf eine Perſon geleget haͤtten; wuͤr- de uns ja keine Kahle beliebet haben. Flac-
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Horribilicribrifax
ſchafft zu der Abend Collation in meinem Luſtgar-
ten gewaͤrtig.
Flaccilla. Ach dort komt der Stadthalter! keiner iſt/ dem
ich meine Wahre lieber feil bieten wolte als ihm/
wenn mich nicht meine euſerſte Scham/ und ſein
groſſer Stand ihn anzureden/ verhinderte! Jch
weis doch wol/ daß er einem vortrefflichen Fraͤulin
auffwarte/ welcher dieſes ein angenehm Geſchen-
cke ſeyn wuͤrde! gehe ich? ſtehe ich? was thue
ich?
Cleander. Allezeit Geſchaͤffte. Jrre ich/ oder bringet
dieſe Frau eine Bittſchrifft getragen?
Flaccilla. Ach! Er hat mich erblickt!
Cleand. Vnd ſcheuet ſich mich anzureden? Woher meine
Frau?
Flaccilla. Ach gnaͤdiger Herr ‒ ‒ ‒ ‒
Cleand. Redet unerſchrocken. Was traget ihr allhier
verborgen? Wo kommt ihr mit dieſen Haaren
her?
Flaccilla. Ach genaͤdiger Herr/ ſie ſind zuverkauffen.
Jch bin in dieſer Meinung auff den Hoff kom-
men/ ſie iemand aus dem Frauenzimmer anzubie-
ten.
Cleander. Trefflicher Handel! ich hoͤre in Oſt Jndien
nehme man den Weibern Wolle von den Koͤpffen/
und mache Schnupfftuͤcher draus. Was wird
man bey uns nicht zu letzte mit den Haaren an-
fangen! laſt ſchauen eure Kramerey. Diß iſt ein
ſchoͤnes Haar! wo der Baum ſo anmuthig als
die Blaͤtter/ wolten wir uns wol in deſſen Schat-
ten ergetzen.
Flaccilla. Jhr Genaden koͤnnen ihrer Liebſten mit dieſem
Geſchencke nicht unangenehm ſeyn.
Cleand. Wir wiſſen von keiner Liebe: und da wir unſere
Gewogenheit auf eine Perſon geleget haͤtten; wuͤr-
de uns ja keine Kahle beliebet haben.
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Zitationshilfe: | Gryphius, Andreas: Horribilicribrifax. Breslau, 1665, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_horribilicribrifax_1663/70>, abgerufen am 16.02.2025. |