Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Vermögen hat man ihm die Eroberungen immer so nahe gelegt, daß sie den Reiz verloren, und sein Mißtrauen verdarb Alles. Na nur zu, Isidörchen, nur zu, ich wollte mich freuen und selbst gerne vergessen, was ich vor Jahren geträumt habe. Das wäre eine Partie für dich, wie keine, aber man darf's um Himmels willen nicht verrathen, daß man die Sache wünscht und begünstigt, sonst ist Alles wieder verschüttet. Nun ich denke, jetzt ist er auf dem besten Wege. Damit trippelte die gutmüthige Frau in das Haus zurück und lächelte stillvergnügt in sich hinein, wie Jemand, der ein gutes Werk gethan hat. Die Nacht sank herab auf Wald und Strom, auf den Fahrweg und die Brücke, auf das schindelgedeckte Landhäuschen und das weitläufige Hofgut, mit seinem schönen, eisernen Geländer, mit seinen hohen Mauern und seiner palastähnlichen Front. Durch die laue Nacht klang von einem nahen Wirthshause her Gesang und Citherspiel -- bisweilen schlug ein Hund in der Ferne an oder klappte ein Fenster in den lustigen Villen und Landhäusern. Ferner aber braus'te wie ein meilenweites Stromesrauschen das Geräusch der großen Stadt, mit ihren rollenden Wagen, ihren wimmelnden Menschenmassen, ihren tausenden von Gasflammen, deren Widerschein wie ein blaßrothes Nordlicht am dunklen Himmel stand. Das Hofgut des Herrn von Schnorrigl und das Landhaus der Frau Conrectorin lagen in einer der weitläufigen Vorstädte, die, von Gärten und Wald umgeben, Vermögen hat man ihm die Eroberungen immer so nahe gelegt, daß sie den Reiz verloren, und sein Mißtrauen verdarb Alles. Na nur zu, Isidörchen, nur zu, ich wollte mich freuen und selbst gerne vergessen, was ich vor Jahren geträumt habe. Das wäre eine Partie für dich, wie keine, aber man darf's um Himmels willen nicht verrathen, daß man die Sache wünscht und begünstigt, sonst ist Alles wieder verschüttet. Nun ich denke, jetzt ist er auf dem besten Wege. Damit trippelte die gutmüthige Frau in das Haus zurück und lächelte stillvergnügt in sich hinein, wie Jemand, der ein gutes Werk gethan hat. Die Nacht sank herab auf Wald und Strom, auf den Fahrweg und die Brücke, auf das schindelgedeckte Landhäuschen und das weitläufige Hofgut, mit seinem schönen, eisernen Geländer, mit seinen hohen Mauern und seiner palastähnlichen Front. Durch die laue Nacht klang von einem nahen Wirthshause her Gesang und Citherspiel — bisweilen schlug ein Hund in der Ferne an oder klappte ein Fenster in den lustigen Villen und Landhäusern. Ferner aber braus'te wie ein meilenweites Stromesrauschen das Geräusch der großen Stadt, mit ihren rollenden Wagen, ihren wimmelnden Menschenmassen, ihren tausenden von Gasflammen, deren Widerschein wie ein blaßrothes Nordlicht am dunklen Himmel stand. Das Hofgut des Herrn von Schnorrigl und das Landhaus der Frau Conrectorin lagen in einer der weitläufigen Vorstädte, die, von Gärten und Wald umgeben, <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0040"/> Vermögen hat man ihm die Eroberungen immer so nahe gelegt, daß sie den Reiz verloren, und sein Mißtrauen verdarb Alles. Na nur zu, Isidörchen, nur zu, ich wollte mich freuen und selbst gerne vergessen, was ich vor Jahren geträumt habe. Das wäre eine Partie für dich, wie keine, aber man darf's um Himmels willen nicht verrathen, daß man die Sache wünscht und begünstigt, sonst ist Alles wieder verschüttet. Nun ich denke, jetzt ist er auf dem besten Wege.</p><lb/> <p>Damit trippelte die gutmüthige Frau in das Haus zurück und lächelte stillvergnügt in sich hinein, wie Jemand, der ein gutes Werk gethan hat.</p><lb/> <p>Die Nacht sank herab auf Wald und Strom, auf den Fahrweg und die Brücke, auf das schindelgedeckte Landhäuschen und das weitläufige Hofgut, mit seinem schönen, eisernen Geländer, mit seinen hohen Mauern und seiner palastähnlichen Front. Durch die laue Nacht klang von einem nahen Wirthshause her Gesang und Citherspiel — bisweilen schlug ein Hund in der Ferne an oder klappte ein Fenster in den lustigen Villen und Landhäusern. Ferner aber braus'te wie ein meilenweites Stromesrauschen das Geräusch der großen Stadt, mit ihren rollenden Wagen, ihren wimmelnden Menschenmassen, ihren tausenden von Gasflammen, deren Widerschein wie ein blaßrothes Nordlicht am dunklen Himmel stand. Das Hofgut des Herrn von Schnorrigl und das Landhaus der Frau Conrectorin lagen in einer der weitläufigen Vorstädte, die, von Gärten und Wald umgeben,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0040]
Vermögen hat man ihm die Eroberungen immer so nahe gelegt, daß sie den Reiz verloren, und sein Mißtrauen verdarb Alles. Na nur zu, Isidörchen, nur zu, ich wollte mich freuen und selbst gerne vergessen, was ich vor Jahren geträumt habe. Das wäre eine Partie für dich, wie keine, aber man darf's um Himmels willen nicht verrathen, daß man die Sache wünscht und begünstigt, sonst ist Alles wieder verschüttet. Nun ich denke, jetzt ist er auf dem besten Wege.
Damit trippelte die gutmüthige Frau in das Haus zurück und lächelte stillvergnügt in sich hinein, wie Jemand, der ein gutes Werk gethan hat.
Die Nacht sank herab auf Wald und Strom, auf den Fahrweg und die Brücke, auf das schindelgedeckte Landhäuschen und das weitläufige Hofgut, mit seinem schönen, eisernen Geländer, mit seinen hohen Mauern und seiner palastähnlichen Front. Durch die laue Nacht klang von einem nahen Wirthshause her Gesang und Citherspiel — bisweilen schlug ein Hund in der Ferne an oder klappte ein Fenster in den lustigen Villen und Landhäusern. Ferner aber braus'te wie ein meilenweites Stromesrauschen das Geräusch der großen Stadt, mit ihren rollenden Wagen, ihren wimmelnden Menschenmassen, ihren tausenden von Gasflammen, deren Widerschein wie ein blaßrothes Nordlicht am dunklen Himmel stand. Das Hofgut des Herrn von Schnorrigl und das Landhaus der Frau Conrectorin lagen in einer der weitläufigen Vorstädte, die, von Gärten und Wald umgeben,
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Zitationshilfe: | Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grosse_isidor_1910/40>, abgerufen am 16.07.2024. |