Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Trutz Simplex. Utopia [i. e. Nürnberg], 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

um selbigen zu befeuchtigen/ da sagte ich/
nun das walt GOtt/ das ist schon zwey
mahl! Er befremdet sich und fragte/ was ich
mit dieser Rede vermeyne? hingegen frag-
te ich ihn/ ob er sich dann unserer gestrigen
Wettung nicht mehr zuerinnern wisse? Er
antwortet ja; und fragte/ ob und womit ich
ihn dann schon betrogen? Jch antwortet/
erstlich machte ich das Messer stumpff/ da-
mit du es wieder schärffer wetzen müsstest;
zweitens/ zog ich den Wetzstein durch ein
Ort/ das du dir leicht einbilden kanst/ und
gab dir solchen mit der Zung zu schläcken/
oho! sagte er/ ists um diese Zeit/ so schweig
nur still/ und höre auf/ ich gib dir gern ge-
wonnen/ und begehre die restirende Mahl
nit zu erfahren.

Also hatte ich nun an meinem Spring-
ins-feld einen Leibäignen; bey Nacht/ wann
ich sonst nichts bessers hatte/ war er mein
Mann; bey Tag mein Knecht/ und wann
es die Leute sahen/ mein Herr und Meister
überall: Er konte sich auch so artlich in den
Handel und in meinen humor zu schicken/
daß ich mir die Tage meines Lebens keinen

bessern
G vij

um ſelbigen zu befeuchtigen/ da ſagte ich/
nun das walt GOtt/ das iſt ſchon zwey
mahl! Er befremdet ſich und fragte/ was ich
mit dieſer Rede vermeyne? hingegen frag-
te ich ihn/ ob er ſich dann unſerer geſtrigen
Wettung nicht mehr zuerinnern wiſſe? Er
antwortet ja; und fragte/ ob und womit ich
ihn dann ſchon betrogen? Jch antwortet/
erſtlich machte ich das Meſſer ſtumpff/ da-
mit du es wieder ſchaͤrffer wetzen muͤſſteſt;
zweitens/ zog ich den Wetzſtein durch ein
Ort/ das du dir leicht einbilden kanſt/ und
gab dir ſolchen mit der Zung zu ſchlaͤcken/
oho! ſagte er/ iſts um dieſe Zeit/ ſo ſchweig
nur ſtill/ und hoͤre auf/ ich gib dir gern ge-
wonnen/ und begehre die reſtirende Mahl
nit zu erfahren.

Alſo hatte ich nun an meinem Spring-
ins-feld einen Leibaͤignen; bey Nacht/ wañ
ich ſonſt nichts beſſers hatte/ war er mein
Mann; bey Tag mein Knecht/ und wann
es die Leute ſahen/ mein Herr und Meiſter
uͤberall: Er konte ſich auch ſo artlich in den
Handel und in meinen humor zu ſchicken/
daß ich mir die Tage meines Lebens keinen

beſſern
G vij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0155" n="153"/>
um &#x017F;elbigen zu befeuchtigen/ da &#x017F;agte ich/<lb/>
nun das walt GOtt/ das i&#x017F;t &#x017F;chon zwey<lb/>
mahl! Er befremdet &#x017F;ich und fragte/ was ich<lb/>
mit die&#x017F;er Rede vermeyne? hingegen frag-<lb/>
te ich ihn/ ob er &#x017F;ich dann un&#x017F;erer ge&#x017F;trigen<lb/>
Wettung nicht mehr zuerinnern wi&#x017F;&#x017F;e? Er<lb/>
antwortet ja; und fragte/ ob und womit ich<lb/>
ihn dann &#x017F;chon betrogen? Jch antwortet/<lb/>
er&#x017F;tlich machte ich das Me&#x017F;&#x017F;er &#x017F;tumpff/ da-<lb/>
mit du es wieder &#x017F;cha&#x0364;rffer wetzen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;te&#x017F;t;<lb/>
zweitens/ zog ich den Wetz&#x017F;tein durch ein<lb/>
Ort/ das du dir leicht einbilden kan&#x017F;t/ und<lb/>
gab dir &#x017F;olchen mit der Zung zu &#x017F;chla&#x0364;cken/<lb/>
oho! &#x017F;agte er/ i&#x017F;ts um die&#x017F;e Zeit/ &#x017F;o &#x017F;chweig<lb/>
nur &#x017F;till/ und ho&#x0364;re auf/ ich gib dir gern ge-<lb/>
wonnen/ und begehre die re&#x017F;tirende Mahl<lb/>
nit zu erfahren.</p><lb/>
        <p>Al&#x017F;o hatte ich nun an meinem Spring-<lb/>
ins-feld einen Leiba&#x0364;ignen; bey Nacht/ wan&#x0303;<lb/>
ich &#x017F;on&#x017F;t nichts be&#x017F;&#x017F;ers hatte/ war er mein<lb/>
Mann; bey Tag mein Knecht/ und wann<lb/>
es die Leute &#x017F;ahen/ mein Herr und Mei&#x017F;ter<lb/>
u&#x0364;berall: Er konte &#x017F;ich auch &#x017F;o artlich in den<lb/>
Handel und in meinen <hi rendition="#aq">humor</hi> zu &#x017F;chicken/<lb/>
daß ich mir die Tage meines Lebens keinen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G vij</fw><fw place="bottom" type="catch">be&#x017F;&#x017F;ern</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0155] um ſelbigen zu befeuchtigen/ da ſagte ich/ nun das walt GOtt/ das iſt ſchon zwey mahl! Er befremdet ſich und fragte/ was ich mit dieſer Rede vermeyne? hingegen frag- te ich ihn/ ob er ſich dann unſerer geſtrigen Wettung nicht mehr zuerinnern wiſſe? Er antwortet ja; und fragte/ ob und womit ich ihn dann ſchon betrogen? Jch antwortet/ erſtlich machte ich das Meſſer ſtumpff/ da- mit du es wieder ſchaͤrffer wetzen muͤſſteſt; zweitens/ zog ich den Wetzſtein durch ein Ort/ das du dir leicht einbilden kanſt/ und gab dir ſolchen mit der Zung zu ſchlaͤcken/ oho! ſagte er/ iſts um dieſe Zeit/ ſo ſchweig nur ſtill/ und hoͤre auf/ ich gib dir gern ge- wonnen/ und begehre die reſtirende Mahl nit zu erfahren. Alſo hatte ich nun an meinem Spring- ins-feld einen Leibaͤignen; bey Nacht/ wañ ich ſonſt nichts beſſers hatte/ war er mein Mann; bey Tag mein Knecht/ und wann es die Leute ſahen/ mein Herr und Meiſter uͤberall: Er konte ſich auch ſo artlich in den Handel und in meinen humor zu ſchicken/ daß ich mir die Tage meines Lebens keinen beſſern G vij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_trutzsimplex_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_trutzsimplex_1670/155
Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Trutz Simplex. Utopia [i. e. Nürnberg], 1670, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_trutzsimplex_1670/155>, abgerufen am 07.05.2024.