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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Erstes Buch.
als der jenig/ mit dem sie abgeredt worden. Mich
aber fragte er/ wie ich hiesse? und als ich antwortet
Simplicius, sagte er: Ja ja/ du bist eben deß rechten
Krauts! fort/ fort/ daß man ihn alsobald an Hand
und Fuß in Eisen schliesse: Also wanderten beyde ob-
gemeldte Soldaten mit mir nach meiner bestimmten
neuen Herberg/ nemlich dem Stock-Hauß zu/ und
überantworteten mich dem Gewaltiger/ welcher
mich seinem Befelch gemeß/ mit eisernen Banden
und Ketten an Händen und Füssen/ noch ein mehrers
zierte/ gleichsam als hätte ich nicht genug an deren
zu tragen gehabt/ die ich bereits umb den Leib herumb
gebunden hatte.

Dieser Anfang mich zu bewillkommen/ war der
Welt noch nicht genug/ sondern es kamen Hencker
und Steckenknecht/ mit grausamen Folterungs-In-
strument
en/ welche mir/ ohnangesehen ich mich mei-
ner Unschuld zu getrösten hatte/ meinen elenden Zu-
stand allererst grausam machten: Ach GOtt! sagte
ich zu mir selber/ wie geschicht mir so recht/ Simpli-
cius
ist darumb auß dem Dienst GOttes in die Welt
geloffen/ damit ein solche Mißgeburt deß Christen-
thumbs den billichen Lohn empfahe/ den ich mit mei-
ner Leichtfertigkeit verdienet habe: O du unglückse-
liger Simplici! wohin bringt dich deine Undanckbar-
keit? Sihe/ Gott hatte dich kaum zu seiner Erkant-
nus und in seine Dienst gebracht/ so lauffst du hinge-
gen auß seinen Diensten/ und kehrest ihm den Rucken!
Hättestu nicht mehr Eicheln und Bohnen essen kön-
nen wie zuvor/ deinem Schöpffer ohnverhindert zu
dienen? Hastu nicht gewust/ daß dein getreuer Ein-
sidel und Lehrmeister die Welt geflohen/ und ihme

die
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Erſtes Buch.
als der jenig/ mit dem ſie abgeredt worden. Mich
aber fragte er/ wie ich hieſſe? und als ich antwortet
Simplicius, ſagte er: Ja ja/ du biſt eben deß rechten
Krauts! fort/ fort/ daß man ihn alſobald an Hand
und Fuß in Eiſen ſchlieſſe: Alſo wanderten beyde ob-
gemeldte Soldaten mit mir nach meiner beſtim̃ten
neuen Herberg/ nemlich dem Stock-Hauß zu/ und
uͤberantworteten mich dem Gewaltiger/ welcher
mich ſeinem Befelch gemeß/ mit eiſernen Banden
und Ketten an Haͤnden und Fuͤſſen/ noch ein mehrers
zierte/ gleichſam als haͤtte ich nicht genug an deren
zu tragen gehabt/ die ich bereits umb den Leib herumb
gebunden hatte.

Dieſer Anfang mich zu bewillkommen/ war der
Welt noch nicht genug/ ſondern es kamen Hencker
und Steckenknecht/ mit grauſamen Folterungs-In-
ſtrument
en/ welche mir/ ohnangeſehen ich mich mei-
ner Unſchuld zu getroͤſten hatte/ meinen elenden Zu-
ſtand allererſt grauſam machten: Ach GOtt! ſagte
ich zu mir ſelber/ wie geſchicht mir ſo recht/ Simpli-
cius
iſt darumb auß dem Dienſt GOttes in die Welt
geloffen/ damit ein ſolche Mißgeburt deß Chriſten-
thumbs den billichen Lohn empfahe/ den ich mit mei-
ner Leichtfertigkeit verdienet habe: O du ungluͤckſe-
liger Simplici! wohin bringt dich deine Undanckbar-
keit? Sihe/ Gott hatte dich kaum zu ſeiner Erkant-
nus und in ſeine Dienſt gebracht/ ſo lauffſt du hinge-
gen auß ſeinen Dienſten/ und kehreſt ihm den Rucken!
Haͤtteſtu nicht mehr Eicheln und Bohnen eſſen koͤn-
nen wie zuvor/ deinem Schoͤpffer ohnverhindert zu
dienen? Haſtu nicht gewuſt/ daß dein getreuer Ein-
ſidel und Lehrmeiſter die Welt geflohen/ und ihme

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[71/0077] Erſtes Buch. als der jenig/ mit dem ſie abgeredt worden. Mich aber fragte er/ wie ich hieſſe? und als ich antwortet Simplicius, ſagte er: Ja ja/ du biſt eben deß rechten Krauts! fort/ fort/ daß man ihn alſobald an Hand und Fuß in Eiſen ſchlieſſe: Alſo wanderten beyde ob- gemeldte Soldaten mit mir nach meiner beſtim̃ten neuen Herberg/ nemlich dem Stock-Hauß zu/ und uͤberantworteten mich dem Gewaltiger/ welcher mich ſeinem Befelch gemeß/ mit eiſernen Banden und Ketten an Haͤnden und Fuͤſſen/ noch ein mehrers zierte/ gleichſam als haͤtte ich nicht genug an deren zu tragen gehabt/ die ich bereits umb den Leib herumb gebunden hatte. Dieſer Anfang mich zu bewillkommen/ war der Welt noch nicht genug/ ſondern es kamen Hencker und Steckenknecht/ mit grauſamen Folterungs-In- ſtrumenten/ welche mir/ ohnangeſehen ich mich mei- ner Unſchuld zu getroͤſten hatte/ meinen elenden Zu- ſtand allererſt grauſam machten: Ach GOtt! ſagte ich zu mir ſelber/ wie geſchicht mir ſo recht/ Simpli- cius iſt darumb auß dem Dienſt GOttes in die Welt geloffen/ damit ein ſolche Mißgeburt deß Chriſten- thumbs den billichen Lohn empfahe/ den ich mit mei- ner Leichtfertigkeit verdienet habe: O du ungluͤckſe- liger Simplici! wohin bringt dich deine Undanckbar- keit? Sihe/ Gott hatte dich kaum zu ſeiner Erkant- nus und in ſeine Dienſt gebracht/ ſo lauffſt du hinge- gen auß ſeinen Dienſten/ und kehreſt ihm den Rucken! Haͤtteſtu nicht mehr Eicheln und Bohnen eſſen koͤn- nen wie zuvor/ deinem Schoͤpffer ohnverhindert zu dienen? Haſtu nicht gewuſt/ daß dein getreuer Ein- ſidel und Lehrmeiſter die Welt geflohen/ und ihme die D

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/77>, abgerufen am 28.04.2024.